Ich saß still am Tisch, trank etwas von meinem Kaffee und konnte meine Bücher, Lernzettel und die etlichen Begriffe, nicht mehr sehen. Die letzten Wochen waren schon so viel und es wurde einfach nicht weniger. Bald müsste ich mit der Dissertation anfangen, damit ich den Titel bekommen würde. Das kostete mich auch nochmal 12 bis 18 Monate. Aber daran wollte ich zu den Moment noch nicht denken. Gerade wollte ich die Prüfungen bestehen und in das praktische Jahr kommen, dann würde das auch erst mein Problem werden. Gerade saß ich aber noch vor meinen Büchern und konnte nicht mehr.
Ich ließ mich wieder in den Stuhl fallen, meinen Kopf in den Nacken und starrte an die Decke. Zu viel, das war gerade in meinem Kopf los. Ich brauchte Ruhe und zugleich auch mal Ablenkung. Ich wusste auch nicht, was ich brauchte und was ich wollte. Irgendjemanden, der mich mal rausholte, damit ich auf andere Gedanken kommen würde. Da drehten sie sich immer nur um Klinik, praktisches Jahr, Bücher, lateinische Begriffe, Prüfungen und Chris. Der schwirrte auch immer wieder in meinem Kopf umher und brachte immer wieder alles durcheinander, sodass ich mich leicht ablenken ließ...aber diese Ablenkung brauchte ich manchmal auch. Es war zum Verzweifeln.
Ich starrte den letzten Moment noch an die Decke, bevor ich meinen Blick zur Küchentür wendete. Chris stand am Türrahmen gelehnt und beobachtete mich. Ich hasste es, wenn er das tat. Ich wurde dann immer rot, da mir das mehr als unangenehm war.
J: Wie lange stehst du da bitte schon?"
C: Ein bisschen. Ich habe deine Verzweiflung schon sehr gut mitbekommen."
Ich seufzte genervt und ließ meinen Kopf auf den Tisch fallen. Chris lachte und ging von seiner Position wieder weg.
C: Ach Mäuschen...alles wird gut du machst dir gerade sehr viel Stress."
J: Du warst nie bei der Uni und kannst nicht wissen, wie viel das ist."
Seit wir zusammen wohnen, hatte er mir den Spitznamen „Maus" oder „Mäuschen" gegeben. Vermutlich lag es daran, dass ihm gerade mal bis zu seinem Hals reiche. Zudem wusste er, dass er mich dadurch immer etwas runterbringen konnte. Das gesamte Studium war für mich so viel Stress, sehr viel lernen und etliche schlaflose Nächte.Chris nahm damals meine Tasse vom Tisch und nahm sie mit zur Küchenzeile, damit er mir einen neuen Kaffee geben konnte. Meine Tasse hatte ich schon ausgetrunken. Als er mir diese wieder gegenüberstellte, setze ich mich ordentlich hin und auch er nahm mir gegenüber Platz und nahm sich eine meiner Bücher. Kurze Pause.
J: Clara lässt grüßen, solltest dich melden."
Er schaute in mein Buch und nickte nur nebenbei. Sein Zeichen von „Schön, aber für mich nicht von Bedeutung". Ich könnte nicht mal sagen, ob er sich an den Namen erinnerte. Ich hätte ihn gerne darauf angesprochen, aber was hätte er sagen sollen? Er war und ist ein erwachsener Mann und außerdem...er hätte mir doch das gleiche vorhalten können. In der Vorklinik hatte ich auch etwas mehr Zeit und hatte dann in der Nacht auch mal einen Mann bei mir. Zu dieser Zeit war ich nicht mehr so...vielleicht, weil mir die Zeit fehlte, aber daher sprach ich es nie an. Ich war genauso wie er...Ich trank einen Schluck aus meinem Kaffee und dann schaute Chris wieder zu mir.
C: Du siehst müde aus Maus..."
J: Ich habe noch so lange daran gesessen diese Zettel zu schreiben und dann war es fast drei am Morgen. Ich bin um acht wieder aufgestanden und hatte mit dem Lernen angefangen."
Er schaute mich damals beunruhigt an. Chris war der einzige, der mich hier davon abhielt, dass ich mich überarbeitete. Als ich gerade wieder nach meinen Büchern greifen wollte, er hatte sie sich ja genommen, nahm er mir diese weg.
J: Chris..."
C: Du brauchst Mal einen freien Tag Maus und das weißt auch du. Du hast noch Wochen bis zu der Prüfung und wenn du so weiter machst, liegst du vorher im Krankenhaus, als das du da ins praktische Jahr kommst."
Ich wollte protestieren, stand auf und wollte zu ihm gehen. Er machte dort aber das, was er immer machte. Chris stand auf und hielt meine Bücher hoch und da kam ich nicht ran.
J: Chris..."
C: Einen Tag Mäuschen...wir gehen heute in Ruhe frühstücken, ich lade dich auch ein. Den Nachmittag verbringen wir draußen und heute Abend gehen wir in Herford etwas trinken. Ein ruhiger Tag...bitte. Tu das für mich..."Er legte damals eine Hand an meinen Kopf und schaute mich so ruhig an. Ich konnte nicht verstehen, wie er so unterschiedlich sein konnte. So fremd, wenn morgens eine Frau aus seinem Zimmer kam, aber so liebenswürdig, wenn er bei mir ist. Mich hatte er immer so behandelt, als dass ich ihm das wichtigste auf dieser Welt wäre. So, wie andere Frauen wohl auch gerne behandelt werden würde. Ich war eben seine beste Freundin und für die hätte er immer schon alles getan. Aber mich verwirrte es und brachte mich in ein Chaos, was ich da noch nicht erahnen konnte.
Ich schaute ihm damals in seine dunklen Augen und konnte dann nicht mehr „nein" sagen. Er wusste immer, was ich brauchte und was er tun musste, damit es mir gut geht.
J: Na gut Chrissy...wir können das gerne machen...danke dir..."
Er lächelte zufrieden, legte meine Bücher weg und nahm mich einen Moment in Arm. Ich lachte leicht und um ehrlich zu sein, diesen Tag hatte ich vermutlich auch gebraucht.
C: Perfekt!"
Chris ließ mich los und lächelte. Ich schaute verlegen weg und er nahm danach unsere Tassen, brachte diese zur Spüle.
C: Dann mach dich fertig, damit wir bald loskönnen."
J: Ist ja gut Chrissy. Aber vergiss nicht, du bist immer zu spät und trödelst in der Zeit."
C: Gar nicht immer Mäuschen!"Ich ging lachend aus der Küche und verschwand in meinem Zimmer. Als die Tür hinter mir zufällt, muss ich etwas lachen und lächeln. Er wusste immer, was ich brauchte und was mit gut tat und diesen Tag hatte ich damals mehr als gebraucht. Wir wohnten in Herford und konnten an den Tag auch alles zu Fuß erledigen. Chris bezahlte am Morgen das Frühstück, am Nachmittag saßen wir eine lange Zeit am Kiesteich, wie wir es immer schon gerne machten. Auch wenn ich diesen Mann manchmal nicht verstehen konnte, irgendwie waren diese Tage doch perfekt. Ich habe es geliebt mit ihm in einer Wohnung zu leben, ihn morgens zu sehen und solche Tage mit ihm zu haben. Tage, die mich immer wieder von allem und jeden ablenken konnten. Auch von den Chris, den ich nicht verstand...
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Meine beste Freundin
Fanfiction"Hätte ich gewusst, was ich dir bedeute, was meine Worte angerichtet haben und was meine Taten in dir auslösten, hätte ich mich für dich verändert..." Chris kennt seine beste Freundin bereits seit der Grundschule. Schule, Studium, eigene Wohnung, er...