Kapitel 73

60 6 1
                                    

Am Morgen bin ich wieder der Letzte im Bus. An den Morgen beeile ich mich, damit ich zum Frühstück gehen kann. Sachen eben schnell anziehe, den Mac von unten noch mitnehmen und danach gehe ich in die Arena und dort zum Frühstück.

Wenige andere sind noch da, da sie bereits arbeiten sind. Ich nehme mir etwas und setze mich auf einen der Plätze, schaue dabei nochmal die Pläne auf meinem Mac durch. Während ich da sitze, bekomme ich wieder einen Anruf von Julia. Es wundert mich, da sie mich zu dieser Zeit nie anruft.
C: Ist etwas passiert Julia?"
Ich trinke einen Schluck und höre ihr zu. Sie lacht nicht, also muss irgendwas passiert sein. Ich warte auf ihre Antwort und arbeite kurz weiter.
J: Ja, mir ist etwas dazwischengekommen Chris."
Gutes „mir ist etwas dazwischengekommen" oder schlechtes „mir ist etwas dazwischengekommen"? Sie klingt ruhig, also eine Katastrophe wird es nicht sein, aber es muss etwas sein, was sie mir wohl nicht gerne sagen will.
C: Sag es mit bitte Maus. Was ist los? Was ist passiert? Ist etwas mit deinen Eltern?"
J: Nein, meinen Eltern geht es beiden gut Chris. Das Krankenhaus hatte sich heute morgen gemeldet und ich sitze jetzt schon in meinem Zimmer. Wir müssen heute dringend eine OP einschieben, aber die wird ein paar Stunden andauern. Ich kann daher heute Abend nicht mit dir sprechen."
Deswegen wollte sie das nicht sagen, da das eine unserer Routinen war. Wenn wir uns nicht sehen konnten, dann telefonierten wir beide.

Einen Moment höre ich mit dem Tippen auf und das bekommt sie natürlich auch noch mit.
J: Chris..."
C: Mach dir wegen mir keine Sorgen Maus. Das ist wichtig, du musst dort einen Menschen helfen und das verstehe ich doch. Wir reden morgen dann wieder, nachdem du dich erstmal ausgeschlafen hast."
J: Ich hasse es aber manchmal, dass ich dadurch alles immer wieder umschmeißen muss Chris...nicht falsch verstehen, ich liebe meinen Job...aber..."
C: Du hast einen so wichtigen Job Julia. Wegen dir werden Menschen wieder gesund. Ich würde dich wegen so etwas wichtigen beneiden. Du machst, dass es Menschen wieder gut geht, dass sie gesund werden."
J: Du machst etwas viel wichtigeres Chris. Du machst, dass die Menschen erst gar nicht krank werden."
Nachdem sie das gesagt hatte, stocke ich einen Moment, da ich das, was ich hier mache, nie als sowas ansehen würde. Mein Job war in meinen Augen nie so wichtig wie ihrer.
C: Ach man Maus..."
Sie lacht daraufhin und ich schaue verlegen auf mein Essen.
J: Ich muss auch bald los, habe noch das Gespräch mit dem Patienten. Was machst du gerade?"
C: So, wie es mir ärztlich vorgeschrieben wurde, sitze ich beim Frühstück."
Deswegen müssen wir beide wieder einen Moment lachen, bevor wir uns voneinander verabschieden.

Ist mein Tag wegen diesem kleinen Fakt jetzt leicht ruiniert, da ich mich auf das Telefonat am Abend gefreut hatte? Eventuell. Als erstes an den Tag stand die Probe mit meinem Bruder an, dazu mussten wir ein paar Dinge mit den Technikern besprechen. Andreas merkte dort auch recht schnell, dass ich etwas genervt war, ließ mich daher größtenteils in Ruhe, da ich dann nicht immer sehr angenehm bin. Erst als die Crew zum Mittag geht, spricht er mich an, außerhalb der Arbeit.
A: Alles gut bei dir Bruder? Du bist sehr gereizt heute."
C: Ich habe nicht viel Schlaf abbekommen Bruder. Das ist alles."
A: Liegt es irgendwie an Julia? Wegen den Montag, den ich dir streichen wollte?"
C: Es liegt nicht daran Andreas und lass das Thema bitte sein. Wir hatten es besprochen und dabei belassen wir es einfach, okay?"
Er weiß dadurch genau, dass es wegen ihr ist. Dass mein Benehmen etwas mit Julia zu tun hat. Ich wende mich von ihm aber, aber er geht einfach um mich rum.
A: Wie lange noch Bruder?"
C: Da. Ist. Nichts."
A: Ja...weil du es dir einredest...sie hat heute keine Zeit für dich und du bist deswegen genervt. Klar Bruder...da ist nichts..."

Ich antworte nicht, schaue ihn auch nicht mehr an und er lässt mich dann endlich in Ruhe und geht. Er verlässt die Bühne, verlässt mich und lässt mich in Ruhe. Zumindest für den Moment. Die Crew ist weg, mein Bruder ist weg, ich bin für mich allein, seufze und lasse meinen Kopf einen Moment in den Nacken fallen.
C: Hoffnungslos Christian..."
Ich atme tief durch, schlage mir meine Gedanken wieder aus den Kopf und schaue eine Moment auf den Plan, danach auf die Zeit.
C: Ablenkung hat immer schon geholfen...auch die letzten 20 Jahre Christian..."
Ablenkung mit anderen Frauen war dabei wohl aber das, was ich nicht hätte tun sollen. Dumm...einfach nur dumm von dem 25-jährigen Ich von einst.

Ich höre Schritte und schaue daher zum Rand der Bühne. Alina kommt wie besprochen zu mir, lächelt, sieht aber auch gleich, dass ich nicht sonderlich gut drauf bin.
Al: Ich bin wegen der Probe hier Chris."
C: Hast du die Pläne gestern noch bekommen?"
Al: Ich habe sie mir heute morgen beim Frühstück nochmal durchgelesen. Danke nochmal, den Ablauf kriege ich bald auch noch hin."
C: Das glaube ich auch. Komm, bald muss ich mich noch fertig machen und du hast wohl auch noch etwas zu tun."
Ich gehe zur Illusion, die die Crew vorhin noch stehenlassen hat. Dabei schaue ich nochmal zu Alina zurück, kümmere mich aber um die letzten Vorbereitungen.
Al: Habe ich dir etwas getan Chris?"
Ich stoppe in meiner Bewegung und schaue zu ihr zurück. Kleinlaut steht sie hinter mir und schaut mich an.
C: Nein, alles gut Alina. Du hast gar nichts getan."
Al: Du bist aber genervt und gereizt Chris."
C: Das hat aber nichts mit dir zu tun. Lass es bitte einfach sein, lass uns proben."
Al: Wie du meinst..."
Sie merkt, dass ich kalt ihr gegenüber bin. Wie eine einzige Person, ein paar Worte, ein nicht stattfindendes Telefonat, meinen ganzen Tag beeinflussen kann...

Meine beste FreundinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt