Kapitel 142

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Wir betreten beide den Laden in Bielefeld. Ich weiß, dass Steffi vor Jahren hier war, da sie sich hier das Kleid für ihre Hochzeit besorgt hatte. Julia hatte darauf bestanden, dass wir hergehen und mir war und ist das im Grunde egal gewesen. Ich finde überall einen Anzug.

Zu Beginn hielt Julia noch meine Hand, aber sie lässt die irgendwann los, als sie sich umschaut. Ich gehe etwas im Raum umher, verliere sie dabei nicht aus den Augen und bleibe auch immer in ihrer Nähe, werfe immer wieder einen Blick zu ihr zurück.
Anton: Kann ich den beiden helfen?"
Ein etwas älterer Mann, ich denke, dass er etwa 50 Jahre alt sein müsste, kommt zu uns. Er muss uns vorher schon gesehen, aber erstmal allein gelassen haben. Er lächelt, sodass Julia sich auch wieder zu ihm wendet.
J: Ich glaube, das wäre keine schlechte Idee."
Anton: Ich bin Anton und werde mein bestes versuchen. Was braucht ihr denn und gibt es einen speziellen Anlass?"
Ich habe einen Moment das Gefühl, dass er auf Julias Hand schaut. Okay, so weit sind wir beide dann auch noch nicht Anton.
J: Meine Cousine heiratet in zwei Wochen, die Einladung kam erst heute, und da bräuchten wir beide noch etwas für. Thema: Wie verzaubert – Waldfeen- und Elfenhochzeit."
Anton: Endlich mal ein kreatives Thema für eine Hochzeit. Dann sucht die Dame vermutlich ein Kleid und der Herr einen passenden Anzug."
Wir beide nicken nur, da er bereits alles gesagt hat. Anton zeigt uns, dass wir mitgehen sollen, was wir beide auch still machen.
Anton: Also fangen wir mit der Dame an. Ich stelle mir leichte Farben vor. Etwa ein helles pink, oder leichtes blau und eventuell ein dezentes grün."
C: Oder ein ganz leichtes Lila..."
Anton: Flieder klingt wirklich sehr gut."

Julia wirft mir wieder ihr süßes Lächeln zu, während ich meinen Blick von ihr abwende. Vielleicht setze ich sehr oft auf diese Farbe bei ihr, aber das hat eben Gründe. Ich kann mich noch genau an den Tag erinnern, wo wir beide Abitur gemacht hatten, wo sie dieses Kleid getragen hatte und ich weiß auch noch, was ich ihr damals gerne alles gesagt hätte, was ich aber nicht tat. Sie weiß das nicht und daher ist es für sie vermutlich immer seltsam, dass ich derartig auf diese Farbe bestehe.

Zu Beginn war alles andere außer dieser Farbe dabei. Ich sitze auf einen der Plätze und schaue mir immer wieder an, wie Julia in einen der Kleider ausschaut. Aber sie selbst ist jedes Mal nicht damit zufrieden und ich weiß nicht, ob es auch an ihr liegt.
Anton: Gut, da das jetzt alles meine oder ihre Vorschläge waren, denke ich, dass wir ihren Freund mal den Vortritt lassen und ich suche nach etwas in lila."
C: Ich fand das Modell nicht schlecht, was vorne im Eingangsbereich steht."
Julia wirft mir einen Blick zu, Anton lächelt und lässt uns beide danach allein. Ich stehe nun auch von meinen Platz wieder auf und gehe zu Julia hin.
C: Ist bei dir alles okay Maus? Du bist so seltsam."
J: Es ist für mich nur so seltsam, da ich immer nur praktische Sachen trage oder nur meine Kittel in der Klinik. Das...ist fremd..."
C: Ich finde, dass du wunderschön bist, egal was du trägst."
Sie lächelt verlegen, während ich nach ihrer Hand greife und ihr da noch einen Kuss drauf gebe. Danach kommt Anton wieder und hängt etwas in Julias Kabine. Dann schaut er mich aber an, sodass ich jetzt still bin.
Anton: Beige? Ist hell, aber nicht nahe an weiß dran. Hose und Weste mit Jackett in Beige und weißes Hemd. Krawatte und Einstecktuch in der Farbe des Kleides der Freundin."
J: Finde ich perfekt."
Bevor ich etwas sagen kann, ist er schon wieder verschwunden und ich schaue zu ihr hin.
C: Darf ich auch etwas dazu sagen?"
J: Ich hatte am Ende auch nichts mehr zu sagen Chrissy."

Ich will etwas sagen, unterlasse es danach aber. Das bringt Julia nur wieder zum Lachen und mich zum Schmunzeln. Kurz darauf kommt Anton wieder zu uns und hängt in der Kabine neben Julia meine Sachen hin. Schreit mein ganzes Auftreten schon gleich, was ich trage, oder arbeitet dieser Mann schon so lange hier, dass er gleich wusste, was ich wie brauche, ohne, dass ich ihm das sagen musste? Ich bin überraschenderweise vor Julia fertig und schaue draußen in den Spiegel. Anton reicht mir Einstecktuch und Krawatte. Diese halte ich lange in den Händen und schaue schweigend darauf runter. Auch, als Julia wieder rauskommt, starre ich noch immer darauf.
Anton: Weißt du, wie die gebunden wird?"

Ich schüttle den Kopf. Nein, ich weiß das nicht. Wenn ich zu einer Hochzeit gegangen bin, was schon Jahre her ist, hat mein Vater mir immer dabei geholfen. Und wenn ich jetzt wieder darauf starre, kommt diese Erinnerung nur wieder hoch. Ich muss mich selbst daraus reißen und bekomme dann auch mit, dass Julia und Anton sich anschauen, wobei Julia ganze leicht und fast nicht sichtbar den Kopf schüttelt. Sie weiß es.
Anton: Wozu gibt es denn YouTube?"

Er lacht, ich auch, aber nur aufgesetzt. Dann kommt Julia zu mir und nimmt mir die Sachen aus der Hand, sodass sie meine Aufmerksamkeit auch wieder zu sich zieht. Sie sieht ihren damaligen Ich so unfassbar ähnlich, dass es beinahe erschreckend ist. Ich bemerke, dass sie sich nicht viel verändert hat. Klar, sie ist nicht mehr die 19-jährige von damals, sie ist erwachsener geworden, aber manche Sachen ändern sich nie. Beispielsweise ihr verlegenes und unsicheres Lächeln, was sie mir wieder zeigt.
Anton: Ich finde es perfekt."
Wir beide schauen uns nur stumm an und fangen auch zur gleichen Zeit an zu nicken.

Glück gehabt, bei mir musste nichts geändert werden, bei Julia muss das Kleid gekürzt werden. Immerhin ist sie auch wirklich ein kleiner Zwerg und dieser Kommentar bringt mir auch gleich ein beleidigten Blick und einen leichten Schlag vor die Schulter. Während das bei ihr abgesteckt wurde, habe ich mich darum gekümmert, dass alles gleich bezahlt wird. Das brachte mir im Anschluss einen zweiten Schlag, aber dieses Mal vor die andere Schulter. Julia hasst es, wenn ich das mache. Es ist jetzt auch nicht so, als würde sie wenig verdienen als Chefärztin, aber mich stört diese Kleinigkeit nicht. Sie wird schon mit ihrem Auto runter nach München fahren müssen. Mein altes Auto wird uns dort nicht mehr hinbringen und in ein Flugzeug bekommt sie mich auf keinen Fall. Ich muss in den kommenden Tagen auch meinen Bruder bescheid geben, dass ich Anfang Mai weg sein werde. Die erste Hochzeit, wo ich als ihr Freund sein werde. Ich hoffe, dass alles gut laufen wird, denn ich habe ein seltsames Gefühl bei der Sache...

Meine beste FreundinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt