Kapitel 17

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Wir beiden schauten über den Hof, vergaßen das, was unsere Lehrerin eben meinte. Einen Tag später sollte sie uns zeigen, in welche Klasse wir kommen. Dass das für uns beide damals so unfassbar wichtig war, kann ich heute zwar noch immer nachvollziehen, aber so nervös und unsicher hätten wir nicht sein müssen.

Während ich verträumt nach vorne schaute, die anderen Kinder beobachtete, fasste mir Julia einen Moment ins Haar, wonach ich zu ihr raufschaute.
C: Was soll das?"
Sie lachte etwas und natürlich war das damals für mich kein Problem. Heute dürfte man das nicht einfach so bei mir machen...sie ist die Ausnahme. Sie dürfte das immer machen.
J: Deine Haare sind so dunkel geworden Christian."
Als Julia und ich vor vier Jahren in die Schule kamen, waren meine Haare noch fast blond. Für meine Eltern und meine Familie sehr wunderlich, da eigentlich jeder braunhaarig war, aber mittlerweile waren auch meine Haare fast komplett braun.
C: Kann sein. Mich stört das nicht."
Julia war auch nicht mehr so Wasserstoff blond wir damals. Das verändert sich mit den Jahren alles immer wieder, heute sehen wir beide so anders aus.
J: Mich doch auch nicht."
Ich musste daraufhin etwas lachen. Julia hatte immer schon ihre seltsamen Eigenarten, die ich immer schon irgendwie liebte. In den ganzen Jahren hatte sie sich natürlich verändert, aber diese naive, unschuldige und süße Art, hatte sie nie verloren.

Während es zwischen uns etwas still geworden ist, schaute ich zu ihr nach oben. Als sie das merkte, lachte sie nur.
J: Morgen wissen wir, in welche Klassen wir kommen."
Ich nickte und schaute einen Moment nach vorne. Mama und Papa wussten, dass ich wohl mit meinen Geschwistern auf eine Schule gehen werde, auch wenn es ihnen egal gewesen wäre, was für eine Schulform ich besuche. Hauptsache ihren Kindern geht es gut, wir sind glücklich. Dafür bräuchte man nicht den besten Abschluss. Man muss nur etwas finden, was man wirklich machen will...ich vermisse manchmal die Ratschläge meines Vaters...
J: Was willst du eigentlich mal werden Christian?"

Sie hing sich wieder kopfüber an den Beinen vom Ast und schaute dann zu mir runter, da wir jetzt fast auf Augenhöhe waren. Sie grinste mich an, ich musste lachen und schaute danach hoch in den Himmel.
C: Ich würde so gerne Pilot werden."
Julia lachte damals schon darüber, als ich das ausgesprochen hatte. Heute kann auch ich darüber lachen und natürlich fand ich das damals auch nicht verletzend von ihr.
J: Hast du nicht Höhenangst Christian?"
Und auch Flugangst, was ich später aber erst merken konnte, da ich bis dahin noch nie geflogen bin. Ich kann heute festhalten, dass das damals nicht meine beste Idee gewesen ist, aber am Ende wurde es sowieso etwas komplett anderes.

Damals ließ ich mich von dieser Idee erstmal nicht abbringen und zuckte daher nur mit den Schultern. Wenn ich etwas wollte, dann habe ich das auch durchgezogen, daher machte ich mir nichts aus ihren Worten.
C: Und du Julia?"
Julias Eltern war es damals nicht wichtig, auf was für eine Schulform sie ging. Aber eigentlich wäre es ihnen lieb gewesen, wenn sie nicht das Gymnasium besucht hätte. Sie hatten schon immer eine anstrengende und seltsame Sicht auf das, was ihre Tochter machte und was sie im Leben erreichen wollte. Daher sprach sie auch nicht mit ihnen darüber, was sie mal werden wollte.
J: Ich will später Ärztin werden Christian...ich will anderen Menschen helfen..."
Damals sagte sie das schon so unfassbar entschlossen. Julia wusste immer schon, was sie will und wie sie das bekommt, was sie will. Sie konnte immer alles erreichen, wenn sie es nur wollte.
C: Ich glaube, dass du eine gute Ärztin sein wirst. Vielleicht habe auch ich dann keine Angst mehr davor."
Wir beide mussten danach lachen. Diesen Plan wollten ihre Eltern nicht wirklich hören und auch nicht unterstützen. Aber damals war das noch kein Problem, da keiner es wusste. Ich war der erste und auch einzige, der es wusste. Ich wusste, dass Julia irgendwann mal Ärztin sein will und damals wusste ich, dass sie das auch schaffen wird.

Julia kletterte irgendwann zu mir nach unten und setze sich neben mich. Wir beide schauten zu den Feldern, wo die aus unserer Klasse gerade noch spielten. Die letzten Momente, bevor es diese Konstellation nicht mehr geben wird.
J: Glaubst du, wir werden mit einigen von ihnen in eine Klasse kommen?"
C: Ich denke."
Julia freute das damals überhaupt nicht, sie schaute sofort etwas patzig. Ich musste lachen, aber versuchte zumindest, dass sie das nicht mitbekommt. Das habe ich damals aber nicht wirklich gut geschafft, sodass sie mir leicht gegen die Schulter schlug.
J: Ich kann die nicht leiden."
C: Ich auch nicht, aber die können uns doch egal sein Julia."
Sie lachte und nickte danach. Ich wusste damals nicht, wer in welche Klasse kommt oder wer an welche Schule gehen würde. Die einzelnen Stufen waren damals getrennt, eine Gesamtschule hatten wir noch nicht. Einige von denen würden wir also niemals wieder sehen und andere würden wir erst recht nicht los werden.

Es klingelte pünktlich zur nächsten Stunde, Julia war die erste, die wieder runterkletterte. Ich machte es ihr nach und dann gingen wir beide auch wieder zu den Klassen. Die Räume für die vierten Klassen waren etwas weiter vom Hof weg, daher gingen wir immer ein Stück.
J: Machen wir morgen dann etwas zusammen in der dritten und vierten Stunde? Wenn Frau Schlegel uns die Klassen und Lehrer sagt?"
Ich schaute zu ihr hin und sah ihren erwartenden Blick. Was hätte ich anderes tun sollen. Sie war meine einzige und beste Freundin. Neue Freude wollte ich jetzt nicht unbedingt mehr finden.
C: Was sollte ich denn sonst machen Julia?"
Sie lachte, wir kamen wieder beim Raum an und setzen uns auf unsere Plätze. Herr Wemden kam wie immer unpünktlich, das interessierte uns damals nicht und mit ihm zusammen gingen wir in die Aula. Noch eine letzte Stunde Musik mit dem zusammen, bevor auch das vorbei war...

Meine beste FreundinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt