Kapitel 135

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Am Morgen reißt mich wie immer mein Wecker aus dem Schlaf. Ich hasse das frühe Aufstehen wirklich komplett, aber immerhin ist morgen der letzte Tag, danach ist Pause und mit meinen Bruder kann ich verhandeln, wann ich in der Halle erscheine. Da kommt dann meist noch meine typische Unpünktlichkeit hinzu, die nicht gerade besser geworden ist, seitdem ich eine Freundin habe, die zu oft morgens bei mir ist, aber relativ pünktlich komme auch ich irgendwann nach Bünde.

Wenn ich morgens allerdings hier im Bus aufwache, habe ich auch keinen wirklichen Grund, dass ich länge liegenbleiben will. Allein, kalt und ruhig, nur ein paar aus der Crew suchen ab und an ein paar ihrer Sachen zusammen. Aber wenn ich zu Hause, egal ob in Enger oder Herford, neben ihr aufwache, dann bleibe ich gerne noch länger am Morgen liegen. Jetzt greife ich nur nach meinem Handy und muss gleich auch anfangen zu lächeln, da ich auf dem Sperrbildschirm schon ihren Namen lese. Eine WhatsApp von Julia.
Julia: Guten Morgen Chrissy. Mein Zug fährt heute um 11 Uhr aus Herford los. Ich würde dir ja sagen, wann ich bei dir bin, aber wir beide kennen die Deutsche Bahn doch. Ich freue mich auf später, hab dich lieb."
Ich muss lächeln und rechne mir aus, wann sie etwa ankommen müsste. Heute Abend ist die einzige Show des Tages, die wird sie sich anschauen können. Die Proben über sollte sie noch nicht hier ankommen, also passt das alles mehr als gut.
Chris: Morgen Maus. Ich freue mich, dass du bald hier sein wirst. Du solltest mich später entweder bei der Bühne oder in meiner Kabine finden. Frag einen der Arbeiter, der wird dir das schon zeigen, da die Arena in Berlin schon speziell ist. Komm gut her, pass auf dich auf. Ich liebe dich."
Bevor ich später noch in die Halle gezerrt werde von meinem Bruder, stehe ich liebe freiwillig auf und ziehe mich an. Einige von der Crew sind im Bus, sodass ich den nicht schließen muss, sondern zügig zum Frühstück gehen kann, damit ich bald auch bei meinem Bruder und der Probe erscheine.

Die Illusionen durchgehen, die für die Arena angepasst werden müssen. Danach diejenigen durchgehen, die immer noch eine Probe benötigen. Dazwischen mit den Tonmenschen den Soundcheck machen und die Bühne muss richtig ausgeleuchtet werden. Dafür auf alle möglichen Positionen einmal stehen. Auch mal stillhalten Chris. Danach die Instrumente, die wir spielen wieder anpassen. Stimmen und eben das, was dafür nötig ist. Am Ende die letzten Gespräche mit den Gewerken und dann haben wir es gegen 14.30 Uhr auch geschafft.

Die ganze Zeit über hatte ich gehofft, dass sie es bis vor dem Ende schaffen würde. Allerdings fährt sie auch durch den Hauptbahnhof Hannover und muss in Berlin erstmal umsteigen. Sie wird nicht pünktlich angekommen sein, danke Deutsche Bahn, und musste dann erstmal schauen, mit was für einem Zug sie herkommen kann. Julia ist zwar oft in Städten unterwegs, aber ein Stadtmensch ist sie überhaupt nicht. Auch ich kenne mich nicht aus und komme mit den ganzen Trubel nicht aus, man gewöhnt sich mit der Zeit nur etwas daran. Andreas hatte bereits früh gemerkt, dass ich immer wieder kurz, nur für wenige Sekunden, abgelenkt bin und hatte darüber dann gelacht. Das riss mich auch wieder aus meinen Gedanken und wieder zum Plan. Jetzt ist das allerdings vorbei und ich bin wieder für mich. Hinter der Bühne werde ich nur kurz von Manu abgehalten, da der einen Plan nochmal von mir abchecken lassen wollte, aber als ich mein Okay gegeben hatte, war das auch wieder erledigt und ich konnte weitergehen.

Auf den Weg zu meiner Kabine gehe ich ans Handy und schaue, ob Julia mir etwas geschrieben hatte. Ausfall, Verspätung, Umweg oder was weiß ich, aber nichts. Es gab keine Nachricht von ihr. Gerade, als ich ihr etwas schreiben will, da sie doch schon sehr spät dran ist, bleibe ich stehen und schaue vom Handy auf. Julia fängt an zu lachen, da ich wirklich starr vor ihr stehe, kurz davor eine Nachricht zu schreiben und keine Reaktion auf ihre Anwesenheit gebe. Um das, ihr Dasein zu begreifen, brauche ich einen Moment.
C: Gott Julia."
Ich stecke mein Handy weg, als ich zu ihr gehe, damit ich danach meine Arme um sie lege und sie an mich drücken kann, sodass ich sie wieder küssen kann, was ich in den letzten Tagen mehr als vermisst hatte. Wir schauen uns wieder an und ich lege meine Hände an ihren Kopf.
J: Es waren nur wenige Tage Chrissy. Nur ein paar Tage und jetzt bin ich wieder hier."
Ich muss lachen. Julia ist wegen mir selten solche Strecken gefahren. Bei Aufzeichnungen oder besonderen Shows mal, aber nicht einzig wegen mir, damit wir uns sehen können.
C: Ich freue mich einfach, dass du jetzt hier bist und..."
Ich will was sagen, bilde aber keinen logischen Satz und das bringt sie wieder zum Lachen. Meine seltsame Eigenart bringt sie immer zum Lachen und hatte damals auch immerhin dazu geführt, dass sie mich angesprochen hatte, als ich am Rand des Sandkastens saß. Als ich mit keinem sprach und am Ende des Tages einzig mit ihr. Und jetzt stehen wir beide hier.

Ich greife nach ihrer Hand und gehe vor, sodass mir Julia zwangsmäßig nachgehen muss. Als wir in meiner Kabine sind, sehe ich auch, dass sie ihre Sachen hier schon hingestellt hatte. Ich schließe hinter uns beiden die Tür, damit ich sie danach nur wieder zu mir ziehen und sie wieder küssen kann. Allein, privat und unbeobachtet. Wir beide lösen und nur zögerlich voneinander und bleiben danach auch weiterhin nahe beieinander. Meine Hände liege an den Taille von Julia und ihre beide an meines Brust.
C: Ich habe dich vermisst Maus."
Julia lacht, aber dieses Mal nicht über meine Art. Das zeigt sie mir immer, wenn ich etwas gesagt habe, was sie ebenfalls sagen wollte. Bevor sie das auch machen kann, schmiegt sie sich an mich ran und ich lege meine Arme enger um sie.
J: Ich dich auch Chrissy...unsere Jobs und all das machen es nicht gerade leichter..."
C: Aber heute und morgen sind wir zusammen...haben uns füreinander..."
Ich kann ihr leichtes Lächeln schon sehen, bevor sie zu mir raufschaut. Als sie das dann aber auch macht, lege ich meine Lippen nochmal auf ihre.

Diese Abendshow schaut sich Julia aus dem Publikum aus an. Jedes Mal, wenn ich an ihr vorbeilaufe oder sie sehen kann, muss ich unwillkürlich anfangen zu Lächeln oder zu Grinsen. Vielleicht fällt es jemanden auf, aber vermutlich auch nicht. Ich versuche es immer wieder in die Show einzubinden und am Ende, als die Show gelaufen ist, sagt Andreas nichts, als ich sie wieder in Arm schließen kann. Von ihr bekommt mich nichts mehr weg. Ja, unsere Berufe ergänzen sich nicht wirklich gut, dann der kleine Weg zwischen Enger und Herford, aber heute und morgen habe ich sie vollkommen für mich...

Meine beste FreundinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt