Kapitel 18

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Zu Hause saß ich still am Küchentisch, hatte meinen Kopf auf meine Arme gestützt und schaute meiner Mutter zu. Meine Geschwister würden erst in etwa einer Stunde von der Schule kommen, dann würden wir zu viert essen. Mama hatte mich gefragt, ob ich nicht oben im Zimmer etwas spielen wollte, aber ich lehnte damals ab. Mir war nicht danach, ich wollte einfach nur, dass der nächste Tag kommt und dass ich endlich wissen würde, ob ich Julia weiterhin sehen kann. Ich machte mir zu viele Sorgen und Gedanken.

Mama merkte damals, dass mit mir etwas los ist. Sie wusste immer, wenn etwas mit ihrem kleinen Christian los ist. Einen Moment konnte sie das Essen aus den Augen lassen, nahm sich einen Stuhl und setze sich neben mich hin.
H: Was ist los mit dir Christian?"
Ich zuckte damals mit den Schultern. Irgendwie hatte ich mitbekommen, dass Andreas und Sylvia gerade schon Probleme in der Schulte hatten und ich wollte ihr da nicht auch noch zur Last fallen. Meine „Probleme" waren nicht wirklich Probleme, sondern eben nur die Sorgen eines Zehnjährigen. Sie ließ mich aber natürlich nicht in Ruhe und ließ mich nicht weiter vor mich hin schweigen. Mama legt damals eine Hand auf meinen Rücken, lehnte sich etwas weiter zu mir und lächelte mich an. Sie brachte mich damit zum Lachen.
C: Frau Schlegel sagt uns morgen in welche Klasse wir kommen...ich will mit Julia in einer Klasse bleiben."
H: Darüber machst du dir Sorgen?"
Ich nickte und schaute wieder zu ihr. Einen kurzen Moment schaute sie weg, lächelte danach und schaute wieder zu mir.
H: Julia ist dir eine sehr gute Freundin Christian. Egal, was da morgen ist, ihr werdet euch nicht aus den Augen verlieren. Gute Freunde bleiben immer zusammen."
Ich lächelte, schaute sie an und umarmte meine Mutter einen Moment.

Vielleicht lenkten sie diese kleinen und nicht so bedeutenden Probleme von dem ab, was meine Geschwister zu den Zeitpunkt erlebt hatten. Sie machte sich vermutlich auch darüber Sorgen, was ich in der Schule erleben würde, wie es mir ergehen würde und ob ich das Gleiche erleben werde, oder ob es mir anders ergehen würde. Drei Kinder und sie hatte sich wohl erhofft, dass es uns besser gehen würde. Dass es uns nicht allen gleich ergeht.

Mama musste sich wieder um das Essen kümmern. Ich saß weiterhin am Tisch, wir sprachen etwas, ich trank ein bisschen was und wartete auf meine Geschwister. Die kamen auch etwas später nach Hause. Sylvia ging zuerst einen Moment nach oben, aber Andreas kam direkt in die Küche und setzte sich still neben mich. Mama bemerkte das, schaute zu ihm hin und stellte ihm zuerst ein Glas Wasser auf den Tisch.
H: Wie war die Schule Andreas?"
Er blieb zuerst still. Ich merkte, dass er mich anschaute, deswegen vermutlich zögerte.
A: War nichts Besonderes heute."
Mama wusste, was los war und heute weiß ich auch, dass damals etwas passiert war. Der Zehnjährige Christian dachte aber, dass eben nichts Besonderes passiert ist, war ja immerhin auch kurz vor den Ferien. Andreas trank etwas und versuchte mir gegenüber halbwegs glücklich und gut gelaunt zu sein. Mama deckte den Tisch und auch Sylvia kam kurz darauf zu uns nach unten.

Wir saßen still am Tisch, Sylvia und Andreas sprachen zwischendurch mit Mama. Andreas hatte jetzt schon mehr in der Schule zu tun, der Stoff wurde langsam schwerer und auch Sylvia musste sich etwas mehr um den Unterricht kümmern. Ich als Grundschüler hatte es noch entspannt und konnte in den Moment noch nicht daran denken, was noch kommen würde. Meine Geschwister hielten mich davon fern...und dazu hatte es mich auch nicht interessiert.

Am Abend kam Papa wieder nach Hause. Andreas und Sylvia waren beide oben im Zimmer, machten ihre Aufgaben, Andreas probte ein paar neue Zaubertricks. Er hatte vor in den nächsten Jahren auch mal bei Wettbewerben anzutreten und nutze dafür seine ganze freie Zeit. Sylvia arbeitete Aufgaben auf und schaute sich einiges an, was sie noch nicht verstanden hatte. Vielleicht machte sie auch etwas anderes, ich weiß es nicht. Ich hingegen war draußen im Garten, saß im Gras und schaute mich nur still um.

Ich hörte zwar, dass die Tür zur Terrasse zufällt, aber ich schenkte dem keine Beachtung. Ich war damals in meinen Gedanken.
W: Christian..."
Papa legte damals eine Hand auf meine Schulter und erwartete wohl, dass ich zu ihm raufschaue, aber das tat ich nicht. Daraufhin setze er sich neben mich, sodass ich mich an ihn anlehnen konnte.
W: Was ist los mit dir? Machst du dir noch immer Sorgen um die Klassen? Dass du mit Julia nicht in eine Klasse kommst?"
Ich nickte wieder. Er legte einen Arm um mich und zog mich dadurch näher an sich ran. Ich war schon immer unfassbar emotional, konnte meine Gefühle nie verstecken und wurde damals schon oft von ihnen übernommen. Heute bin ich erwachsen, kann damit auch anders umgehen, aber man sieht mir meine Gefühle trotzdem an.
C: Ich will sie nicht verlieren Papa...ich habe nur sie..."
W: Ach Christian..."
Ich schaute erst dann zu ihm rauf. Er lächelte ganz leicht, strich mir mein Haar aus dem Gesicht, ich versuchte ruhig zu bleiben.
W: Beste Freude werden immer füreinander da sein, egal, was auch ist. Mach dir heute keine Sorgen darum. Ich glaube, dass Frau Schlegel sich dafür eingesetzt hat, dass ihr beide in eine Klasse kommen werdet. Morgen wirst du es wissen."
Ich nickte nur leicht und versuchte zumindest zu lächeln.
C: Danke Papa..."

Danach nahm er mich fest in Arm, strich mir über den Rücken und beruhigte mich etwas.
W: Es ist schon spät Christian, du musst bald schlafen gehen. Soll ich dich mit hochnehmen? Morgen wird alles gut, vergiss das nicht."
C: Ja und...danke Papa..."
Wir beide standen damals auf und gingen wieder ins Haus. Ich sagte meiner Mutter noch gute Nacht und ging mit Papa hoch ins Zimmer, wo er mir noch etwas vorlas.

Ich vermisse diese Momente. Die kleinen und unscheinbaren Momente, wo er für mich da war. Ich konnte immer mit ihm sprechen, immer auf ihn zählen und mit jeder Kleinigkeit zu ihn kommen. Ich vermissen meinen Papa...

Meine beste FreundinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt