Kapitel 90

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Als Chefärztin am Morgen vier Patienten zur Nachuntersuchung zu haben und währenddessen Kopfschmerzen und einen Kater zu haben, ist das unprofessionellste, was mir jemals passiert ist. Ich versuchte es mir nicht anmerken zu lassen, aber ich kämpfe wirklich mit meiner Konzentration. Immerhin verlief alles gut, den Patienten geht es gut und das ist das wichtigste.

Der letzte Patient packt um 14.15 Uhr seine Sachen zusammen und auch ich stecke mein iPad und das, was ich hier hatte, in meine Tasche.
Patientin: Geht es Ihnen gut Frau Doktor?"
Ich schrecke leicht auf, als die Frau mich auf mein Ergehen anspricht. Normal bin ich vielleicht etwas übermüdet, aber wer ist das am Morgen denn nicht? Heute sieht man mir aber an, dass es mir alles andere als gut geht.
J: Mir geht es körperlich gut, machen Sie sich da keine Sorgen Frau Riedel. Privat habe ich ein paar Probleme gerade und die rauben mir den Schlaf."
Als ich in der Nacht zu Hause war, war an Schlaf nicht zu denken. Ich drehte mich nur hin und her und dachte die ganze Nacht und die ganze Zeit an Chris, an uns und an das, was nicht ist oder nie sein würde. Dann aber auch wieder daran, was ich nicht verstehen kann. Dass ich ihn nicht verstehen kann.
Patientin: Ich hoffe, dass sich das alles bald klären wird."
J: Danke Ihnen und das hoffe ich auch. Aber Logik hilft dabei leider nicht immer."
Patientin: Manchmal ist die richtige Entscheidung auch die, die das Herz von einen verlangt."
Ich kann ihr nur ein aufgesetztes Lächeln geben, da ich das gerade nicht hören musste. Sie verabschiedet sich noch von mir und verlässt danach endlich das Zimmer.
J: Mein Kopf schmerzt..."
Und das nicht nur vom Alkohol...sondern von all den Gedanken, die gerade in meinem Kopf umherirren und die mir keine Ruhe mehr geben.

Bevor Kathy oder Doktor Gadeken noch zu mir kommen und nochmal mit mir sprechen wollen, schnappe ich meine Sachen und verlasse mein Zimmer, gehe die Flure runter und verlasse dann endlich die Klinik. Bevor ich einsteige, schreibe ich Chris schnell, dass ich gleich bei ihm sein sollte. Danach steige ich ein und fahre los nach Enger. Eine kurze Fahrt, ich stehe wieder vor seinem Wohnblock, parke auf dem gleichen Platz, gehe auch wieder die gleiche Treppe hoch und klingle dort an der Tür.
C: Hey Maus."
Als ich in seiner Wohnung stehe, nimmt er mich zuerst in Arm. Zwar fällt meine Anspannung ab, aber ich merke, dass mir die Müdigkeit zu schaffen macht und dass meine Gefühle dafür aus der letzten Ecke sich bemerkbar machen. Als Chris mir die Jacke auszieht und diese aufhängt, bemerkt auch er das, schaut mich daher leicht besorgt an.
C: Alles gut bei dir Maus? Du siehst...nicht sehr gut aus. Soll ich dir lieber einen Tee machen?"
J: Ja, das...klingt ganz gut...danke Chrissy."
Auch wenn er einen Moment lächelt, er merkt, dass es mir nicht gut geht. Dass bei mir etwas los ist und ich weiß nicht, wie lange ich mich noch kontrollieren oder zurückhalten kann. Das heute wird eine Katastrophe...

Chris bringt mir kurze Zeit drauf den Tee ins Wohnzimmer, wo ich bereits auf dem Sofa sitze. Er reicht mit diesen mit einen zögernden Lächeln.
C: Vielleicht hätten wir gestern auch nicht weggehen sollen, wenn du heute Schicht hast. Es tut mir leid..."
J: Nein das...also ja, es hat damit etwas zu tun, aber...mach dir deswegen bitte keine Sorgen Chris."
C: Liegt es an deiner Kollegin?"
Chris geht zum Balkon und schließt diese Tür. Vermutlich wollten wir eigentlich draußen sitzen, aber er will das jetzt nicht wegen mir. Ich sehe vermutlich wirklich schrecklich aus, nach der kurzen Nacht und mit meiner allgemeinen Verfassung.
J: Nein...es wird mit ihr auch langsam besser. Wir können jetzt schon ruhig miteinander reden. Es war eben nur der Anfang, den wir beide verbockt haben. Ich hätte damals ja auch nicht so gereizt antworten müssen."
C: Was ist denn dann mit dir los Maus? Willst du über irgendwas reden oder soll ich einfach nur für dich da sein?"
Warum musste er das sagen? Warum musste er mich jetzt wieder daran erinnern? Während Chris das Rollo etwas runterzieht, senke ich meinen Kopf, da ich wieder angefangen habe zu weinen.
C: Habe ich was falsches gesagt..."
Chris sieht mich besorgt an, bleibt am Fenster stehen, ist ruhiger geworden. Ich schaue zu ihm auf, kaue leicht auf meiner Lippe, bevor ich ein Wort rausbekomme.
J: Warum behandelts du mich so..."

Ich merke sofort, dass er nervöser wird, meine Blicke meidet und seinen Kopf immer wieder von mir abwendet.
C: Ich...weiß nicht...was du damit meinst..."
J: Alles. Jegliche Kleinigkeit, die du mit mir und für mich machst. Alles, was du in den Jahren getan hast..."
C: Ich wollte nur das Beste für dich..."
J: Warum?"
C: Was „warum"? Ich behandele dich so, weil ich es will. Wie sollte ich dich sonst behandeln?"
J: So wie die ganzen anderen Frauen Chris."
Jetzt wird er schlagartig still und schweigt mich an. Ich weiß, dass er darüber nicht reden will, dass das ein Punkt ist, wo er zu sensible drauf reagiert, aber ich muss es jetzt. Auch wenn ich ihn so nicht sehen mag.
J: Ich habe lange genug mit dir zusammengelebt, um zu sehen, was sie dir bedeuten. Scheinbar nicht so viel. Ich kann mich an viele Morgen erinnern, wo ich in der Küche saß und mir wieder eine fremde Frau entgegengekommen ist. Und wie du danach sie vergessen hast, als wäre nichts gewesen."
C: Das ist was anderes gewesen...sie waren anders..."
J: Warum Chris?"

Er dreht sich nur von mir weg. In der Spiegelung des Fenster sehe ich, dass er seine Augen zukneift und auf seine Lippe beißt.
J: Was ist der Unterschied? Wo ist der Unterschied? Bin ich es einfach nur nicht wert für das, was sie dir bieten konnten?"
Seine Hände verkrampfen sich, er lässt seinen Kopf hängen und ich sitze weinend hinter ihm, was er auch an meiner Stimme erkennen kann.
J: Ja, sie waren anders, weil das eben zu dir passte. Sie waren das, was du immer wolltest."
C: Das stimmt überhaupt nicht..."
Ich höre, dass er seine Zähne aufeinanderpresst, da er undeutlich nuschelt. Er ist wütend auf mich, aber es geht nicht mehr anders.
J: Warum war das was anderes Chris? Wo ist der Unterschied? Warum behandelt du mich so, als wäre es dir etwas wert, zeigst mir aber jahrelang, dass dir sowas niemals etwas wert ist. Warum ist das was anderes, wenn es nichts anderes ist?"
C: Weil ich dich liebe...

Meine beste FreundinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt