Kapitel 50

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Juni, etwa genau vier Monate nach diesen Tag, wo Werner seine Diagnose bekam. Im Großen und Ganzen ging es ihm gut. Man merkte ihm die Krankheit an, man sah, dass es ihm nicht gut geht, aber trotzdem ging er jeden Tag mit seinen beiden Söhnen in die Halle und versuchte ihnen dort noch zu helfen. Auch ich war in dieser Zeit mehr bei Chris und auch mehr bei Familie Reinelt. Ich wollte für sie da sein und gerade Chris brauchte manchmal jemanden, der einfach bei ihm war. Seine Freundin war auch ab und an bei ihm, aber zumeist fragte er mich, ob ich zu ihm fahren würde. Wir kannten uns länger, er vertraute mir mehr und vielleicht spielte es auch hinzu, dass ich Ärztin bin.

Es war ein eigentlich normaler Freitag und ich saß im Garten meiner Eltern. Sie hatten mich heute auf einen Kaffee eingeladen, da ich mittlerweile seltener hier war. Alex war noch arbeiten und ist danach auch immer gleich nach Hause gefahren. Wenn er mit zu meinen Eltern fuhr, dann immer nur am Wochenende oder in den Ferien. Er und meine Eltern verstanden sich auch mehr als gut. Ich hatte nie wirklich ein großes Problem mit meinen Eltern...aber wir hatten schon immer unterschiedliche Ansichten. Meine Mutter konnte es nie leiden, dass ich studiert hatte. Sie hielt mir immer vor, dass ich dadurch ja nie einen Freund bekommen könnte. Sie hatte eine konservative Sicht, aber sie ist eine andere Generation. Ich ließ sie immer reden und bei meinem Vater fand ich schon immer Zuflucht und er stand immer hinter mir.

Es wurde später und ich wollte bald nach Hause. Meine Eltern hatten noch was zu erledigen und auch ich wollte mich ausruhen, da ich heute morgen eine Schicht hatte. Meinen Kaffee trank ich noch aus, schaute aber zu meiner Mutter, die wieder zu uns kam.
B: Kommt das nächste Mal Alex wieder mit."
T: Bianka...er kommt mit, wenn er Zeit dafür hat. In der Woche ist er doch immer arbeiten."
B: Ich weiß ja, ich hätte nur gerne auch mal mit ihm gesprochen."
Ich schaute meine Mutter an und konnte ihren Blick nicht standhalten, trank daher etwas und sie fing den Satz an, der diesen Tag unvergesslich machen sollte. Der am Abend alles für mich änderte.
B: Hattet ihr beide mal über eine Hochzeit nachgedacht?"
Ich hatte Glück, dass ich mich nicht verschluckte. In den letzten Wochen hatte Alex das auch immer wieder angesprochen und er wollte immer wieder darüber reden. Ich wendete das Thema immer wieder ab, da ich das nicht wollte. Alex Plan war, dass wir ja mal heiraten könnten, vielleicht in ein Haus ziehen, Kinder...ich wollte das alles nicht. Das war nicht mein Leben. Ich hatte noch ein Ziel, was ich erreichen wollte und das war es nicht!
T: Lass unsere Tochter doch diesbezüglich mal in Ruhe Bianka. Sie hatte einen langen Tag hinter sich und will langsam mal nach Hause. Komm, ich bringe dich mal zur Tür Engel."

Ich war meinem Vater so dankbar, dass er mich aus diese Situation brachte. Ich verabschiedete mich noch von Mama, aber sie war sichtlich beleidigt. Ich lief weg, weg von meinen Problemen und dem, was ich selbst nicht wusste oder wissen konnte. Bei der Tür, kurz bevor ich ging, hielt mich mein Vater auf.
T: Julia...ich habe ein ungutes Gefühl bei die und Alex..."
Ich nickte nur etwas und schaute ihn an.
T: Du musst wissen, dass du keinen Mann brauchst, damit du glücklich bist. Und wenn das, was er sieht und will, nicht das ist, was du erreichen willst, dann solltest du eine Entscheidung treffen. Hör bitte auf dein Herz und nicht auf das, was dein Kopf dir immer sagt."
J: Danke Papa...danke für die Worte."

Ich nahm ihn ein letztes Mal in Arm und ging danach zu meinem Auto. Ich wollte heute noch was mit Chris machen, aber er hatte mir geschrieben, dass er nochmal zu Franziska fahren wollte. Sie ging nicht an ihr Handy und er machte sich Sorgen, da sie zu Hause sein sollte, aber in den letzten Wochen schon immer seltsam war. Sie mussten reden.

Ich fuhr danach sofort nach Detmold, aber ob es ein zu Hause war, wusste ich dort nicht mehr. Ich wusste nicht mehr, was ich wollte und was nicht, aber ich wusste, dass ich dem mal gegenübertreten sollte. Ich musste auch Alex jetzt wiedersehen. Hatte er mit meinen Eltern gesprochen? Hatte Mama mich deswegen darauf angesprochen?
Alex: Da bist du ja wieder."
Als ich durch die Tür ging, kam Alex sofort zu mir und legte seine Arme um mich, damit er mir kurz darauf einen Kuss auf den Hals geben konnte. Ich wusste, worauf das hinausgehen sollte.
J: Hattest du mit meiner Mutter gesprochen? Hattest du mit denen telefoniert?"
Alex nahm mir meine Jacke ab und nahm danach meine beiden Hände, damit ich mit ihm ins Wohnzimmer gehen würde. Er führte mich mit zum Sofa und brachte mich dazu, dass ich mich unter ihn hinlege.
Alex: Warum fragst du Schatz?"
Er küsste mich, danach meinen Hals und meine Schulter. Ich schloss nur einen Moment meine Augen und drehte meinen Kopf zur Seite, aber meine Gedanken waren wo anders. Er nahm mein Handy und legte das auf den Tisch, da es fast rausgefallen ist...außerdem sollte es uns beide nicht ablenken.
J: Mama hatte mich auf eine Hochzeit angesprochen."
Er lachte etwas, als Alex nach den Bund meiner Hose griff. Ich wusste nicht, warum ich nichts sagte, warum ich ihn ließ...warum ich so dumm war!
Alex: Ich wollte deinen Vater fragen, ob ich dich denn fragen dürfte. Deine Mutter gab mir sofort die Erlaubnis...dein Vater meinte, ich sollte mit dir reden."

Als er mit seinen Händen unter mein Shirt gehen wollte, klingelte zum Glück mein Handy. Er hatte es nicht auf stumm gestellt. Alex schaute mich genervt an, da ich ihn von mir runterschieben konnte, aber er griff zuerst nach dem Handy.
Alex: Das ist nur wieder Chris."
Ich riss es ihm aus der Hand, was ihn nur weiter nervte. In den letzten Wochen hatte ich viel mit Chris getan, immerhin hatte er gerade eine schwerere Zeit vor sich als wir hier.
J: Ja und er ist mein bester Freund."
Alex saß genervt auf dem Sofa, während ich kurz aufstand und den Anruf annahm.
J: Hey Chrissy, was ist denn los, bist du nicht bei Franziska?"
C: Sie hat mich betrogen."

Ich blieb stehen und schaute still in den Raum. Ich weiß, dass Chris nicht so unschuldig war mit dem, was er damals tat. Aber niemals würde er sowas mit einer Frau antun. Was er damals tat, das wollten beide. Niemand hat es verdient, betrogen zu werden.
J: Wo bist du?"
C: Ich bin gerade wieder zu Hause angekommen."
J: Bleib da, ich komme gleich vorbei, ich brauche einen Moment, bin noch in Detmold."
C: Danke Maus..."

Danach legte ich auf und ging in den Flur, damit ich mir dort Jacke und Schuhe wieder anziehen konnte.
Alex: Wo fährst du bitte hin? Was wollte der?"
J: Chris wurde von seiner Freundin betrogen und ich kann ihn nicht allein lassen, wenn er sie jetzt verlassen hatte."
Ich nahm meinen Schlüssel vom Regal und schaute nochmal zu Alex hin.
J: Ich habe morgen Abend noch eine Schicht und komme in der Nacht erst wieder her."
Ich griff nach der Tür und sah nochmal kurz in den Spiegel, damit man mir nicht ansehen konnte, was Alex eben gemacht hatte.
Alex: Wenn du jetzt durch diese Tür gehst, dann beendest du diese Beziehung offiziell."

Ich stockte, ließ die Klinke zwar nicht los, aber schaute wieder zu Alex hin.
J: Das kannst du nicht machen. Das ist mein bester Freund und ich kann ihn da nicht alleinlassen Alex!"
Alex: Julia, ich bin dein Freund, aber scheinbar stellst du diesen Typen immer an erste Stelle! Ich hatte schon ewig das Gefühl, dass du mich niemals heiraten wollen würdest! Dass du niemals wegziehen würdest in ein Haus! Dass du niemals eine Familie gründen würdest! Ich habe das Gefühl, dass du mich nicht liebst, sondern ihn..."
Ich blieb einfach nur still und schaute zu ihm hin. Ich konnte dazu nichts sagen, da vieles, was er sagte, wirklich stimmte.

Ich wollte nie herziehen. Ich wollte damals nicht aus der Wohnung von Chris und mir ziehen und hätte ich gewusst, dass Anja die letzte Frau war, mit der er etwas für eine Nacht hatte, wäre ich auch nie ausgezogen. Ich war hier nie zu Hause und ich glaube das, was ich hier in Alex und in dieser Beziehung sah, war etwas, was ich dachte, was Liebe sein müsste. Vielleicht war es aber auch einfach nur eine Flucht von dem, was ich eigentlich wollte. Weil ich raus musste. Weg vor dem, was ich nicht kontrollieren konnte. Hatte ich aber wirklich fast sechs Jahre meines Lebens mit einem Mann verbracht, den ich nie geliebt habe? Ich war jung, dumm und blind und kam nicht mit dem klar, was ich wollte und fühlte.

Meinen Blick hatte ich noch immer zu Alex gerichtet, der mit verschränkten Armen vor mir in der Tür stand und mich erwartend anschaute. Er wartete wieder auf meine Antwort. Eine Antwort, die ich ihm hier jetzt geben musste.
Alex: Du liebst nicht mich Julia, wenn du diese Tür jetzt öffnest. Wenn du mich nicht liebst und dich nicht für mich entscheidest, dann verschwende nicht länger meine Zeit. Dann hol irgendwann deine Sachen ab und...verschwinde einfach. Wenn du bleibst...dann vergesse ich es, dann würde ich dich heiraten und dir ein gute Ehemann sein."

Ich schaute starr zu ihm hin, keiner sagte mehr etwas, er wartete auf meine Reaktion. Alex schaute mich an, bewegte sich nicht, bis ich die Klinke der Tür zum Hausflur öffnete. Er nickte nur noch stumm und ging danach von mir weg. Ich verließ sofort die Wohnung lief die Treppe runter. Ich hörte, bevor ich das Haus verließ, dass die Tür zugeworfen wurde. Ich wischte mir kurz mit einen Ärmel über meinen Augen und ging zu meinem Auto, wo ich mich setzte und danach tief durchatmete. Sechs Jahre war ich mit einem Mann zusammen, den ich nicht geliebt habe und ich habe es jetzt erst beendet...

Meine beste FreundinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt