Geh nicht

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„Unbekannte Nummer", nuschelte Vincent als er auf das Display seines Handys sah. „Stein",meldet er sich, als er ran ging.
„Mia hier". Mia klang eher kühl und distanziert. „Ich ruf wegen Dag an"
„Mia. Was ist mit ihm?". Vincent stand auf und lief aufgeregt durch Thomas sein Wohnzimmer.
„Er ist soweit stabil, eine Knie Op hat er auch schon hinter sich und gut überstanden"
„Wie Knie OP?"
„Sein Knie war beschädigt. Die Kniescheibe ist verrutscht und musste operativ gerade gerückt werden"

„Oh Gott. Und das nur wegen mir! Wie geht es ihm sonst? Ist er wach? Kann ich zu ihm? Ich muss unbedingt mit ihm reden"
„Also erstmal ist er nach der Knie OP ins Koma gefallen. Er ist aber stabil und wir müssen warten bis er entscheidet wieder zu sich zu kommen" .

Vincent blieb mitten im Gespräch stehen und sah schockiert zu Thomas „Koma? Nein, bitte nicht. Wird er wieder aufwachen? Kann ich zu ihm? Ich muss ihn sehen. Ich...". Vincents Atmung wurde wieder schneller und er spürte erneut Tränen über sein Gesicht laufen.
„Er wird wieder wach. Aber wir wissen nicht wann. Das kann morgen sein. Oder in 1 Woche. Vielleicht in 4" . Vincent ließ sich zu Boden fallen. „Mia. Kann ich zu ihm?"
„Lass ihn erstmal zur Ruhe kommen. Er schläft doch eh und wird eng überwacht. Die Charité ist sehr gut. Hier wird alles getan damit er schnell auf die Beine kommt".
„Okay. Aber ich werde morgen vorbei kommen" Vincent schniefte laut auf.
„Ja. Morgen darfst du kommen". Mia legte einfach auf. Vincent ließ sein Handy sinken. Thomas stand auf und drückte Vincent. „Denk doch nicht so negativ. Koma ist nur wie schlafen. Dann hat sein Körper in Ruhe Zeit zu heilen"
„Du hast recht. Aber was wenn er nie wieder aufwacht? Ich ihm nie sagen kann das ich ihn auch liebe" Vincent zitterte.

„Genau das meine ich. Du gehst ja fast schon davon aus, dass er stirbt. Und genau da strahlst du auch aus, wenn du morgen hingehst. Als sei er schon tot. Da hätte ich dann auch keine Lust mehr zu kämpfen wenn jemand dasteht wie ein Trauerkloß, Schwarz trägt und nur noch drauf wartet bis ich aufhöre zu atmen!". Vincent wischte sich wieder die Tränen weg. „Du hast recht. Er schafft das. Er wird kämpfen. Für mich und sich. Danke dir Thomas, ich weiß noch was ich ohne dich machen würde"
„Alles gut. Du gehst jetzt Heim, ruhst dich aus, Entspannst dich, Wixxen hilft zum Beispiel und dann gehst du morgen dahin und tust nicht so, als sei er schon mit einem Bein unter der Erde. Okay?"
„Du bist unmöglich, Thomas. Hab doch Spielzeug da ALSO geht das auch ohne anfassen. Ich meld mich die Tage bei dir. Und danke nochmal.". Vincent umarmte Clüsen noch einmal ehe er seine Schuhe und Jacke anzog und die Wohnung verließ.

Vincent lief noch eine Weile durch Berlin um seinen Kopf etwas frei zu bekommen. Als er das nächste mal seine Umgebung wahrnahm stand er vor seinem Studio. „Naja wenn ich einmal hier bin", nuschelte er und betrat sein Studio. Bis in den Abend arbeitete er, ehe er völlig übermüdet das Studio verließ, um zu Hause nur noch schnell Duschen zu gehen und Todmüde ins Bett zu fallen.

Als Vincent am Morgen ins Krankenhaus kam, lag Dag seelenruhig im Bett. Die Schläuche, die Dag beatmeten, verdeckten den Großteil seines Gesichtes. Seine Nase zierte ein großes Pflaster, ein Auge war blau und neben dem Bett standen schon die Krücken, die Dag später nutzen soll. Vincent setzte sich auf den Stuhl, der neben dem Bett stand und nahm Dag seine Hand. Sie war kalt. Vincent verschränkte ihre Finger miteinander. „Dag, du schaffst das. Du bist stark. Kämpfe für uns", eine Träne lief ihm über die Wange. Er konnte die halbe Nacht nicht schlafen vor Sorge. Aber heute wollte er stark sein. Stark für Dag. Vincent begann vorsichtig über seinen Handrücken zu streicheln. Dags Puls am Monitor erhöhte sich leicht. Scheinbar bekam er doch noch minimal etwas um sich herum mit. Vincent erhöhte den Druck um ihre Finger. „Ich bin da Dag. Ich werde dich auch nicht mehr verlassen. Ich...brauch dich". Dags Herz schlug weiterhin etwas schneller. „Du musst wieder aufwachen. Ich muss dir noch etwas erzählen."

Außer dem schnelleren Herzschlag tat sich bei Dag nichts. Seine erst kühle Hand wurde durch Vincents wärme auch wärmer. Vincent liefen immer wieder einzelne Tränen über sein Gesicht auf sein T-Shirt. „Wir schaffen das" . Dag Finger zuckten kurz. Nur sehr wenig und sehr kurz, aber Vincent konnte die minimale Bewegung spüren. „Du machst das super Dag. Weiter so. Es lohnt sich zu kämpfen". Einige Zeit war es ganz still. Nur das Piepen von Dags Herzschlag war zu hören, dann wurde die Stille durch Stimmen und Schritten unterbrochen.
„Guten Flug Fr. White"
„Danke. Ciao" Vincent sah erschrocken nach oben. 'Mia' schoss es ihm durch den Kopf. Er ließ Dag seine Hand los und verlies das Zimmer. Da lief sie gerade tatsächlich den Flur Richtung Ausgang. „Mia". Vincent rannte ihr hinterher.

Mia blieb stehen. „Was willst du?"
„Was ich will? Die Frage ist eher: Wo willst du hin? Dein bester Freund liegt im Koma und du haust einfach ab oder was?". Vincent sah sie aufgebracht an. "
„Ich hab gekündigt und fliegt jetzt nach Australien zurück. Dag wird mich eh hsssen sobald er wach ist. Wie soll ich ihm erklären das ich mit der scheiße Angefangen habe und nicht mal weiß warum?"
„Mia. Du hast jetzt nicht ernsthaft deswegen gekündigt und willst dein Leben hier aufgeben? Wir haben scheiße gebaut, keine Frage. Aber du bist nicht alleine Schuld an der Situation. Ich war auch daran beteiligt, falls du dich erinnerst. Ich habe auch Angst vor seiner Reaktion. Ich glaub er wird mich aus seinem Leben verabschieden. Aber dann nehme ich die ganze Schuld eben auf mich. Er braucht dich jetzt. Du kannst ihn doch nicht einfach so im Stich lassen". Vincent sah sie eindringlich an.

„Eigentlich war das alleine meine Schuld. Ich hab angefangen"
„Wäre ich nicht auf die Idee mit dem Schnaps gekommen. Mia, hast du Gefühle für mich?"
„Nein. Ich muss jetzt auch los. Mein Flieger geht in zwei Stunden"
„Hast du dich schon von ihm verabschiedet?"
„Nein. Er will das auch nicht, nachdem er das erfahren hat. Also gehe ich jetzt"
„Mia. Woher willst du das den wissen? Noch weiß er es nicht. Jetzt reiß dich gefälligst zusammen und gehe zu ihm.". Vincent trat ein Stück näher an sie heran. Sein Blick wurde ganz weich. „Er ist dein bester Freund"
„Er war mein bester Freund bis ich es total versaut habe. Dag war mein einziger Freund hier in Deutschland. Wenn er mich hasst dann hab ich auch kein Grund mehr hier zu bleiben"x Vincent zog Mia in seine Arme. „Gerade deswegen braucht er dich. Er könnte es sich, denke ich, nie verzeihen, wenn du jetzt einfach gehst. Vielleicht wird er auch ganz anders darauf reagieren. Wir müssen es herausfinden. Zusammen."

"Nein Vincent. Ich fühl mich in Deutschland verdammt einsam. Ich will hier einfach nur weg. Und seit Dag dich kennen gelernt hat, hat selbst er sich kaum mehr bei mir gemeldet" Mia traten Tränen in die Augen. "Leb wohl" Sie drehte sich um und verließ schnellen Schrittes das Krankenhaus.

Gegensätze ziehen sich anWo Geschichten leben. Entdecke jetzt