Kapitel 45

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Er war immer noch er.
Und doch war er es nicht mehr.
Er sah aus wie immer und doch wieder ganz anders. Seine Haltung, seine Ausstrahlung und nicht zu letzt der Ausdruck in seinen Augen verrieten, dass er jetzt ein Anderer war. Es war faszinierend und erschreckend zu gleich ihn so zu sehen.
Als eiskalten willenlosen Killer.
Als Winter Soldier.

Er war noch immer wunderschön. Attraktiver als gut für ihn war. Ein Bild von einem Mann.
Doch jetzt umgab ihn einen Dunkelheit, die mich abstieß und gleichzeitig wahnsinnig anzog.

„Готов служить" - Bereit zu dienen

sagte er vollkommen emotionslos auf Russisch zu mir. Da ich ihn aus seinem Schlaf geholt hatte, unterstand er nun meinen Kommando, ob er wollte oder nicht. Als Winter Soldier musste er tun was ich verlangte.
Endlich zahlte sich die teuere akademische Laufbahn, die ich als Tochter von Tony Stark genossen hatte, einmal aus. Dank ihr beherrscht ich neben Französisch, Spanisch und Mandarin auch Russisch, die Sprache in der die Hydra den Winter Soldier befehligt hatte. Jetzt stand er unter meinem Befehl.

„Защити меня Солдат." - beschütze mich Soldat

Und er tat es. Ohne Zögern. Ohne Reue.
Das war die Reaktion die ich vorhin schon von ihm erwartet hatte. Als ich ihn bat mich zu befreien.
Ihn. James Bucky Barnes.
Doch er hatte es nicht getan.
Er hatte Skrupel gehabt sich gegen seine Freunde zu spielen. Ganz im Gegensatz zum Winter Soldier.

Innerhalb eines Wimpernschlages hatte er sich an Steve vorbei gedrängt und trat vor Natascha. Wie eine Wand baute er sich vor ihr auf. Seine Präsenz war einschüchternd. Es erfüllt mich mit einer ungeahnte Genugtuung zu sehen, wie sich das Metall seiner linken Hand um ihren zierlichen Hals legte. Dann hob er sie hoch, als würde sie nichts wiegen. Natascha versuchte panisch ihre Finger unter seinen Metallhand zu bekommen, um den Druck zu verringern, doch es war zwecklos. Der Winter Soldier ließ sich von ihren kümmerlichen menschlichen Bemühungen nicht irritieren. Er hob sie weiter hoch und warf die strampelnden Natascha dann einfach gegen die Wand als wäre sie nichts weiter als eine Puppe. Ihr Aufprall hallte unnatürlich laut durch den leeren Trainingsraum. Vollkommen regungslos blieb sie liegen. Es wundert mich nicht, dass sie nicht mal den Versuch machte, sich aufzurappeln. Sie war bloß ein Mensch.
Vielleicht war sie ernsthaft verletzt - oder tot. Es spielte keine Rolle.
Nicht für mich. Und nicht für ihn.
Er würdigte sie nicht mal eines Blickes.
Ihn so zu sehen, so roh und skrupellos, befriedigte die Dunkelheit in mir.
Er war perfekt.
Die perfekte Waffe.

Als nächstes stürzte er sich auf Peter. Ihr Kampf glich mehr einen Tanz. Was der Winter Soldier Peter an Brutalität und Grausamkeit voraus war, machte dieser mit seinen enormen Geschwindigkeit weg. Die beiden waren so unterschiedlich, dass ich mich in ihrem besonderen Tanz einen Moment verlor.
Zu spät merkte ich, das Steve neben mich getreten war. Seine Hände packten grobmeine Oberarme von hinten und hielten mich fest. Er brachte seinen Mund nah an mein Ohr, sein Atem streifte meine empfindliche Haut am Hals. Ich roch sein Aftershave, eine Mischung Zitrone und etwas erdigem. Sein muskulöser Körper drückte sich fest gegen meinen. Unter anderen Umständen wäre das hier mehr als heiß gewesen. Doch als er den Mund öffnete, war seine Stimme voller Abscheu „Was hast du nur getan? Ist dir überhaupt klar was du angerichtet hast? Du sagst du liebst ihn, doch wenn du ihn zwingst zu ihm zu werden, dann kannst du ihn nicht lieben. Du hast ja keine Ahnung welchen Preis er bezahlt, wenn er der Winter Soldier ist. Und wie schwer es für ihn sein wird zu sich selbst zurück zu kehren. Sie ihn dir noch Mal an, Kendall. Es wird das letzte Mal sein. Mit deiner selbstsüchtigen Aktion hast du ihn verloren. Das wird er dir nie verzeihen. Niemals."
Meine Blick verschwamm, die Tränen brannten in meinen Augen als ich zu dem Mann sah, den ich liebte. Denn Steve irrte sich. Meine Gefühle für ihn waren echt. Ich wollte ihn nicht verletzen, doch er hatte mir keine Wahl gelassen. Ich konnte nicht zulassen, dass sie mich bekommen. Es gab keinen anderen Ausweg.
Ich liebte ihn.
Wirklich.
Aber ich liebte mich selbst mehr.

Ich sah gerade dabei zu, wie der Winter Soldier auch Peter gegen die Wand warf und dieser ebenso regungslos liegen blieb wie Natascha. Zwei waren ausgeschaltet, blieben noch zwei weitere.
Seine eisblauen Augen waren kalt und hart als er meine Blick auffing. Ganz kurz blitze der wahre James durch, er erkannte mich, ich spürte es. Doch so schnell wie die Regungen in sein Gesicht getreten war, so schnell verschwand sie wieder. Was blieb war der Killer, den ich geweckt hatte. Und er wartet auf meinen nächsten Befehl.

„Освободи меня, солдат." - Befrei mich, Soldat.

Meine Stimme war absolut kalt. Ich war so weit gegangen. Ich würde jetzt nicht zurück ziehen. Heute Nacht hieß es alles oder nichts. Leben oder Tod.

„Не проявляй милосердия. Убейте их, если это необходимо" - Zeig keine Gnade. Töte sie, wenn nötig.

Energisch bahnte er sich seinen Weg auf mich zu. Steve hielt mich noch immer fest an den Oberarm und ich fragte mich in diesem Moment erst, warum er das eigentlich tat. Ich war gefesselt. Ich konnte nicht fliehen. Warum fixierte er mich zusätzlich? Warum war es wichtig, dass ich mich nicht bewegen konnte? Noch ehe ich auch nur den Ansatz einer Antwort fand spürte ich einen Einstich in meinem Nacken. Sofort drehte ich mein Kopf, um zu sehen, wer mir die Spritze in die Hals gejagt hatte, denn Steve konnte es nicht gewesen sein. Er stand rechts von mir, der Einstich erfolgte jedoch links.
Mein Blick traf den meines Vaters. Er hatte seine Iron Man Maske geöffnet und blickte mich emotionslos an. Die Spritze hielt er noch immer in der Hand als er mir zuraunte „Game over, Kenny"
Und dann wurde alles schwarz.

The RebellWo Geschichten leben. Entdecke jetzt