Kapitel 72

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Ich rannte bis meine Lungen brannten.
Immer schneller lief ich, doch ich konnte der Dunkelheit nicht entkommen. Ich rannte durch die dunklen Korridore die nie zu Ende schien. Ich hatte keine Ahnung wo ich hier war oder wo ich überhaupt hin rannte, alles was ich wusste war, dass ich hier raus musste. Also rannte ich weiter, immer weiter bis sich der Flur plötzlich teilte. Unschlüssig welche Abzweigung ich nehmen soll, blieb ich stehen. Meine Brust hob und senkte sich hektisch während ich versuchte Luft zu holen. Mein Blick flog hin und her.
Rechts oder links?
Welchen Weg sollte ich nehmen?
Und dann hörte ich es.
Ich habe dich einmal gehen lassen. Das werde ich nicht nochmal tun.
Ich hörte seine Stimme.
Ich bleiben bei dir, ganz egal wie grausam du bist. Ganz egal was du mir antust.
James...
Ich habe dich nie aufgeben. Niemals.
Ich schlug den Weg ein aus dem seine Stimme kam und rannte los.
Ich weiß du das noch da drin bist, Kleines.
Ich rannte so schnell ich konnte.
Ich werde dich finden und zurückholen.
Doch es schien so, als war es egal wie schnell ich lief, ich erreichte ihn nicht.
Ich liebe dich
Ich schrie seinen Namen. Ich schrie und schrie bis mein Stimme versagte.
Doch seine Stimme war weg.
Er war weg.
Ich war allein.
Allein in der Dunkelheit.

Ich fuhr hoch und sah mich um. Nichts in meiner Umgebung kam mir auch nur ansatzweise bekannt vor. Nichts außer dem Mann der in dem Sessel neben meinem Bett saß und mich anblickte.
„James" meine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern und klang wund. Seine Augen glänzten feucht als er ebenfalls flüsterte „Hey Kleines"
Ich ließ den Blick durch den Raum schweifen. Wir schienen uns in einer Hütte mitten im Wald zu befinden. Sie bestand nur aus einem einzigen großen Raum, indem sich neben dem Bett, indem ich lag, noch ein Kamin, einen brauen Ledercouch und eine Küche samt Essbereich befanden. Vor meinem Bett war eine Glasfront die vom Boden bis zum Dach reichte und den Blick freigab auf den dichten Wald. Es war dunkel draußen, doch ich meinte im Licht des Mondes einen See funkeln zu sehen. Dieser Ort hier verströmte ein seltsames Gefühl von Frieden. Und von Zuhause.

„Wo bin ich?"
Bucky beugte sich vor und legte die Unterarme auf seine Oberschenkel ab. „Du bist in Sicherheit. Das ist erstmal alles was zählt." Erst jetzt bemerkte ich die dunklen Ringe unter seinen Augen. Es sah aus als hätte er seit Tagen nicht geschlafen. „Wo bin ich?" wiederholte ich diesmal deutlich gereizter. Ich hatte keine Geduld für seine Spielchen.
„Du bist bei mir zuhause. In meinen echten Zuhause, nicht in dem Zimmer im Hauptquartier, aber das hast du sicher schon selbst gemerkt. Ich habe diese Hütte gekauft, kurz nachdem ich aus Wakanda zurückgekommen bin. Ich wollte mir etwas von dem Frieden bewahren, den ich in Wakanda empfunden hatte. Hier habe ich das Gefühl, dass die Dämonen meiner Vergangenheit mich nicht erreichen. Wir sind hier völlig ungestört. Niemand weiß von dieser Hütte. Sie liegt mitten in den Wäldern und ist nur über einen schmalen Trampelpfad erreichbar. Es ist sicher hier. Für mich. Und für dich."
Bucky strich sich über das markante Kinn. Das kratzende Geräusch das sein Dreitagebart unter seinen Fingern verursacht ließ mich erschaudern.

Ich wusste noch genau wie es sich anfühlt, wenn dieser Dreitagebart über die weiche Haut der Innenseiten meiner Schenkel schrammt, während er sich seinen Weg hinauf küsst zu meiner Mitte, die bereits pulsierend auf seine äußerst geschickte Zunge wartete...

Erschrocken zuckte ich zusammen.
Woher kam das denn?
Schnell schüttelte ich das merkwürdig Gefühl ab und fokussierte mich wieder auf die Wut in mir. Sie gab mir Sicherheit und stärkte meine mentale Barriere. „Du kannst es noch so blumig verpacken, das ändert nichts an den Fakten. Du hast mich betäubt und hier her verschleppt. Egal wie schön das Gefängnis ist, es bleibt ein Gefängnis."
Ich spürte seine Verzweiflung und seine Scham. Ich hatte keine Verbindung zu ihm aufgebaut, zumindest nicht bewusst. Offensichtlich bestand dieses eigenartig Band, das uns früher mal verbunden hatte, noch immer.
„Sag das nicht. Es ist nicht wahr. Das hier ist kein Gefängnis" er sah so unfassbar müde aus.
Wie lange hatte er an meinem Bett gesessen und über mich gewacht?
„Dann kann ich gehen?" fragte ich aufmüpfig und Bucky verzog das Gesicht. Mehr brauchte ich nicht als Antwort. „Das dachte ich mir. Also ist es ein Gefängnis" mein Blick glitt erneut über die große Glasfront und weiter zur Eingangstür.
Keine Gitterstäbe. Keine Schlösser.
Nicht das die mich aufgehalten hätten.
„Du weißt das ich viel stärker bin als du. Wenn ich gehen will, wirst du es nicht verhindern können. Ich könnte dich ausschalten ohne das du es überhaupt merkst. Wenn ich will, bist du in 3 Sekunden tot. Oder in 3 Tagen wenn ich es genießen will. Du kannst mich nicht aufhalten, es sei denn du hast noch was von Peters tollen Zauberfäden."
Bucky schüttelte den Kopf und starrte mich einfach nur an. Ich spürte keine Angst in ihm.  Alles was ich spürte war Kummer. „Ich habe nichts der gleichen hier. Es mag verrückt sein, aber ich vertraue dir. Du wirst mir nichts tun. Ich weiß es." Meine linke Augenbraue flog hoch und ich deute mit dem Kinn auf seinen rechten Arm, der immer noch in einem Verband steckte. Er war zwar ein Supersoldat, seine Wunden heilten schneller als bei normalen Menschen, dennoch musste der Arm nach wie vor höllisch wehtun. „Du trägst den Beweis dafür, dass ich es sehr wohl tue, um deinen rechten Arm. Und das war nicht alles was ich getan habe. Ich erinnerte mich noch an das Gefühl als ich das Messer in deinem Kopf immer und immer wieder in dich gerammt habe. Das hat verdammt weh getan oder? Wie gehts deinen Bauch? Alles verheilt? Oder habe ich Narben auf dir hinterlassen, Soldat?"
Er verzog den Mund zu einem angedeuteten Grinsen „Willst du nach sehen? Du musst nur fragen, Kleines. Es gehört nach wie vor alles dir. Du kannst gerne herkommen und mir das Shirt ausziehen, um dich davon zu überzeugen, ob mein Sixpack jetzt bin ein paar Narben mehr durchzogen ist oder nicht..." Ich schluckte, als mir die Bilder seines nackten Körpers ins Gedächtnis gerufen wurden. Wie gerne würde ich jeden Muskeln nachfahren, erst mit den Fingern und dann mit meiner Zunge...

„Du willst es, hab ich recht?" seine eisblauen Augen funkelte und ich spürte sein Verlangen. Oder war es mein eigenes? „Vergiss nicht, ich weiß wie du aussiehst, wenn du erregt bist, Kleines"
Sein Blick fuhr heiß über meinen Körper und erst jetzt wurde mir klar, das ich nicht mehr meine eigenen Sachen trug. Ich trug lediglich mein Slip und ein schwarzes Shirt.
Sein Shirt.
„Hast du mich ausgezogen?" fragte ich nervös und drückte die Schenkel zusammen. Allein bei dem Gedanken daran, dass er mich berührte hatte, wurde ich unruhig.
Verdammt er hatte recht. Ich wollte ihn.
Bucky nickte lediglich. Dann stand er auf, ging die paar Schritte rüber zu mir und setzte sich neben mir aufs Bett. Er hob seinen Metallarm und wollte seine Hand an mein Gesicht legen, als ich ihn glauben ließ, dass sein Arm brennt. Er fluchte und zog die Hand sofort zurück. „Autsch. Das hat wehgetan. Du kannst ein ganz schönes Biest sein, Kleines. Aber das hält mich nicht auf. Du kannst mich wegstoßen so oft du willst. Lass mich leiden. Gott wir wissen beide, das ich es verdient habe. Aber es ändert nichts. Ich bleibe hier. Bei dir. Für immer.
Irgendwann schaffen wir es, diese mentale Barriere in dir einzureißen. Dann bist du wieder du. Ich weiß das du noch da drin bist. Irgendwo hinter dem grausamen gefühllosen Monster das du der Welt zeigst ist immer noch die Frau die ich mehr liebe als mein Leben. Ich werde nicht aufgeben bis sie zu mir zurück kommt. Und wenn es Jahre dauert. Oder mein ganzes Leben. Ich gebe nicht auf. Ich finde dich, Kleines"
Er sah aus als wollte er mich küssen, doch dann stand er plötzlich auf und fragte als wäre nichts gewesen: „Hast du Hunger? Ich mache fantastische Pancakes"

The RebellWo Geschichten leben. Entdecke jetzt