Kapitel 59

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James.
Niemand nannte mich James.
Niemand außer IHR.
Was zur Hölle tat ich hier?!

Meine Hände schlossen sich um Sharons Handgelenk „Hör auf. Sofort. Ich will das nicht. Ich habe eine Freundin und das weißt du. Sie ist alles was ich will. Ich werde sie nicht hintergehen. Schon gar nicht mit dir." Sharon entriss mir beleidigt ihre Hände und verschränkte die Arme vor der Brust. „Sieht sie das genauso? Ist sie ebenfalls so loyal wie du? Steve hat mir erzählt wer sie befreit hat. Sie ist nicht einfach abgehauen, deine tolle kleine Freundin ist mit ihrem fucking Ex durchgebrannt! Mach dir doch nichts vor Buck. Sie fickt ihn wahrscheinlich in diesem Augenblick!"
Schlagartig drehte ich mich um und noch ehe ich mir bewusst war was ich da tat, packte ich sie am Hals und drückte sie grob gegen die Wand „Rede nie wieder so von ihr. Sie liebt mich. Und ich sie. Sie ist nicht mit ihm durchgebrannt, er hat sie entführt. Du hast keine Ahnung wovon du redest, Sharon. Halt dich in Zukunft fern von mir oder ich vergesse mich" knurrte ich und ließ dann von ihr ab. Sie schnappte hektisch nach Luft und funkelte mich wütend an „Was ist nur los mir dir? Ich erkenne dich nicht wieder, Buck. Hat sie dir so dermaßen den Kopf verdreht das du nicht mehr klar denken kannst?! Du bist blind vor Liebe. Die Kleine wird dir das Herz brechen. Denk an meinen Worte. Sie wird es dir rausreißen und es zerquetschen. Und wenn es soweit ist, dann wag es ja nichtzu mir kommen, damit ich es wieder flicke."

Kaum zwei Stunden später wachte ich alleine in meinem Bett wieder auf. Mein Kopf dröhnte und ich wäre nicht aufgestanden, wenn es nicht unablässig an meiner Tür gehämmert hätte. Verkartet und nur mit meiner Boxershorts bekleidet schleppt ich mich zur Tür. Als ich sie öffnete stand Steve davor. Er grinste als er sah das ich quasi nackt war und wackelte anzüglich mit den Augenbrauen „Anstrengende Nacht gehabt Buck? Hätte ich gewusst das du Gesellschaft hast..." Ich hob die Hand und brachte ihn so zum Schweigen „Hier ist niemand außer mir. Ich hab gestern einfach nur ein paar Bier Zuviel getrunken. Das ist alles. Und wie kommst du überhaupt darauf das jemand bei mir wäre. Kendall ist immer noch verschwunden, wer sollte also..." die Erkenntnis traf mich gemeinsam mit den Erinnerungen an den gestrigen Abend. Bilder davon wie Sharons Hände meinen Bauch hinab fuhren und sich an meinem Gürtel zu schaffen machten liefen vor meinem inneren Augen ab. Es hatte nicht viel gefehlt und ich hätte einen fürchterlichen Fehler gemacht. Ich schüttelte die Erinnerung an Sharon ab wie eine lästige Fliege und richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf Steve.
„Du hast sie hergeholt oder?" müde fuhr ich mir mit der Hand übers Gesicht als mein Kumpel nickte „Du hast gelitten wie ein Hund, Buck. Das konnte ich mir nicht mehr mit ansehen. Also hab ich Sharon angerufen. Ich dachte sie könnte dir helfen über Kendall hinweg zu kommen."
Langsam riss mir der Geduldsfaden „Warum sollte ich über sie hinweg kommen wollen? Wir haben nicht Schluss gemacht" Steve sah mich mitleidig an „Sie hat dich verlassen, Buck. Sie ist geflohen, ohne dich. Sie wird nicht zurück kommen." Mein Kiefer knackte, als ich versuchte, meine Wut zu zügeln und mich zu beherrschen Steve nicht hier und jetzt die Fresse zu polieren.
Er war mein bester Freund.
Wir waren wie Brüder.
Er meinte es nur gut.
„Sie wurde entführt. Und ich werde sie mir zurück holen. Es ist ok, wenn du mir dabei nicht helfen willst oder mich für verrückt erklärst, es ändert aber nichts an meinem Entschluss. Du kannst es akzeptieren oder auch nicht. Das Thema ist hiermit beendet, verstanden? " knurrte ich zwischen zusammengepressten Lippen und Steve nickte nur. Ich setzte ein absolut falsches Lächeln auf und blickte ihn direkt an „Wolltest du nur sehen ob dein Plan aufgangen ist und ich Sharon gevögelt habe oder gibt es sonst einen Grund für deinen Besuch zu dieser unchristlichen Zeit?" fragte ich mit hörbarem Sarkasmus in der Stimme.
„Wir waren zum joggen verabredet, schon vergessen?" fragte er und erst jetzt bemerkte ich, dass er Sportbekleidung trug. Fuck, er hatte recht. Wir waren verabredet. Gestern dachte ich, es wäre eine gute Idee mit ihm laufen zu gehen um den Kopf frei zu bekommen. Da wusste ich aber auch nicht das ich die ganze Nacht mit Sharon Bier trinken würde und dafür mit dem Kater meines Lebens bestraft worden war. Kurz spielte ich mit dem Gedanken Steve abzusagen, doch ich wusste das er nicht locker lassen würde, bis ich mitkam. Also ergab ich mich meinem Schicksal und sagte „Gib mir 5 Minuten"

„Du bist echt nicht in mehr Form" Steve lachte als ich ihm anstelle einer Antwort lediglich den Mittelfinger zeigte. „Was ist jetzt? Laufen wir weiter oder gibts du schon auf alter Mann?" Schwer atmend raffte ich mich hoch. Bedauerlicherweise hatte er recht, ich war wirklich nicht in Form und der Kater von letzter Nacht war auch nicht gerade hilfreich.
Wir waren direkt vom Hauptquartier aus losgelaufen und mittlerweile gute 7 Meilen durch die Wälder in der Umgebung gejoggt. Hier waren nur vereinzelte ein paar Gebäude zu sehen, die alle hinter dicken Mauern oder hohen Zäune lagen.
Früher war ich gerne durch die belebte Stadt gejoggt, als ich noch in Brooklyn lebte. Als ich mich einfach nur Bucky war. Damals als ich es genoss wie mir die Frauen hinter her sahen während ich Oberkörperfrei durch Brooklyns Straßen joggte. Aber das war lange her. Es war bevor ich zur Armee ging. Bevor ich aus dem Zug fiel und fast gestorben wäre. Bevor Hydra mich fand und meinen abgerissenen Arm durch einen Metallarm ersetzten. Bevor sie mich zum Winter Soldier machten. Bevor ich hunderte Menschen für sie getötet habe. Bevor die ganze Menschheit wusste was ich getan hatte. Bevor jeder mich erkannte und mit dem Finger auf mich zeigte. Oder schlimmeres.
Sie erkannten natürlich auch Steve. Doch bei ihm war es anders. Er war Captain Amerika. Die Leute liebten ihn. Sie himmelten ihn an.
Vor mir hatten sie nur Angst.

Daher ich war froh das hier nur ein paar Fabriken und Lagerhallen waren und wir niemanden begegneten. Ich genoss die Ruhe. Und ich genoss die Zeit mit meinen Kumpel fernab von dem ganzen Wahnsinn im Hauptquartier der Avengers. Hier allein mit ihm im Wald fühlte es sich fast an wie früher. Wie damals als wir einfach nur zwei Jungs aus Brooklyn waren.
Gerade als ich ihn eine Antwort auf seine unverschämte Frage geben wollte erschütterte eine gewaltige Explosion die Stille des Morgens.
„Shit was war das? Woher kam das?" brüllte ich über den Lärm zu Steve. Er stand wenige Meter entfernt und zeigte auf einen Punkt hinter mir. „Da vorne, das Gebäude an dem wir eben vorbeigelaufen sind, es steht in Flammen verdammt"
Jegliche Erschöpfung, die ich eben noch empfunden hatte, war wie weggefegt. Steve und ich rannten los und waren innerhalb weniger Minuten an dem Gebäude angekommen. In einer der massiven Mauern klaffte ein großes Loch. Aus dem Gebäude quoll dichter schwarzer Rauch. Überall liefen bewaffnete Wachmänner rum. Es schienen mindesten 50 zu sein.
Was war das hier für ein Gebäude?
Was befand sich im Inneren, dass es so stark bewachte wurde?
Mir blieb keine weitere Zeit um über diese Dinge nachzudenken, denn in diesem Moment fiel mein Blick auf die Personen, die für diesen Angriff verantwortlich waren. Ich erkannte sie sofort. Sie standen dort in einer Reihe wie ein todbringendes Trio direkt aus der Hölle.
Links stand Raven, allerdings in ihrer wahren Gestalt als Mystique. Der Anblick ihrer schuppigen blauen Haut schockierte und faszinierte mich immer noch genauso wie damals als ich sie das erste Mal so gesehen habe.
Rechts stand in einem perfekten schwarzen Anzug Darwin. Es passte zu diesem Bastard, dass er allen Ernstes in einem maßgeschneiderter Anzug in den Kampf zog. Der Typ war so eitel, das es mich nicht verwunderte.
Was mir jedoch den Atem raubte war das was sich zwischen den beiden befand. Oder besser gesagt wer.
Kendall.
Sie bildete die Mitte des Todestrios und ich erkannte sie kaum wieder. Etwas war anders an ihr.
Sie trug einen sündhaft enganliegenden schwarzen Kampfanzug der nichts der Fantasie überließ. Nicht das ich die gebraucht hätte, ich wusste nur zu gut wie sie nackt aussah. Ihre langen dunklen Haare wehten wild um ihren Kopf. Sie war so atemberaubend schön das es wehtat, sie auch nur anzusehen. Doch etwas stimmte nicht mit ihr. Sie wirkte so...kalt. Und dann sah ich es. Ihre Augen. Sie waren komplett schwarz. Dort drüben, keine 20 Meter von mir entfernt stand nicht meine Freundin Kendall. Dort stand nur Sie.

The RebellWo Geschichten leben. Entdecke jetzt