Kapitel 92

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Bucky

Es ist mir ein absolutes Rätsel wie sie das schafft. Vor nicht einmal einer Stunde habe ich sie bewusstlos in dieser gottverdammten Zelle gefunden. Ihr zierlich Körper nackt und überseht mit Verletzungen. Zum Zustand ihrer Seele will ich mir nicht mal Gedanke machen. Sie war nur knapp einer Vergewaltigung entgangen. Viel zu knapp. Und das auch noch von einer Person der sie mal vertraut hatte. Eine Person, die sie geliebt hatte. So weh es tat, sich das einzugestehen, aber es war die Wahrheit. Ich hatte es ihr angesehen, als sie mit von ihrer Vergangenheit mit Darwin erzählt hatte.
Sie hatte ihn geliebt.

Und jetzt war dieselbe Person, die einmal ihre Liebe genossen hatte, die Person, die ihr das schlimmste Leid zugefügt hatte. Die Schmerzen, die dieser Verrat in ihr verursacht, muss sie verzehren. Ganz abgesehen von den körperlichen Schmerzen die sie hatte, müsste alleine das sie in die Knie zwingen. Sie müsste am Boden liegen, die Knie umklammert und weinen. Und ich wünschte ich könnte ihr diese Schwäche gönnen, sie verdiente es, sich zurückzuziehen und das Geschehen zu verarbeiten. Am liebsten würde ich sie sofort in unsere Hütte bringen, ihre Wunden versorgen und sie dann nie wieder los lassen. Ich möchte sie halten, bis die Tränen versiegen und dann will ich sie lieben, bis sie alles um sich herum vergisst. Ich möchte sie küssen, überall, bis das Gefühl meiner Lippen auf ihrer Haut das einzige ist, was sie noch spürt. Ich will das sie alles vergisst, dass sie diesen Alptraum hier vergisst. Ich will sie vor der grausamen Welt beschützen, in die sie hineingeboren wurde.
Ich will das alles für sie tun. Jetzt. Sofort.
Aber leider war die Realität eine andere.

Deshalb stand sie trotz allem was sie durchgemacht hatte jetzt neben mir, die Waffe durchgeladen, mein Messer im Bund ihrer Jeans. Trotz des blutverschmiertem Gesichts, denn dreckigen Klamotten und den strähnigen Haaren sah sie absolut heiß aus. Aber vorallem sah sie absolut tödlich aus. Ihre immer noch grünen Augen waren eiskalt, das Zittern ihres Körpers hatte sich gelegt. Sie hielt den Arm mit der Waffe absolut ruhig.
Sie war die perfekte Killerin.
Woher nahm sie diese Kraft?
Es war völlig egal ob ihre übermenschlichen Fähigkeiten zurückkehren würden, diese Frau war so oder so nicht von dieser Welt.

„Ich versuche so viele von dir fern zuhalten wie es geht, Kleines." raunte ich ihr zu, als die ersten Mutanten sich in Bewegung setzten. „Ein Paar kannst du mir ruhig übrig lassen, James" sagte sie mit dem hinreißendsten Lächeln auf den Lippen, das ich je gesehen hatte. Ich wollte noch etwas erwidern, doch in diesem Moment erreichte mich der erste Mutant. Beim Anblick der schneeweißen Flügel, auf seinem Rücken zuckte ich kurz zusammen. Er wirkte fast wie ein Engel. Aber nur bis zu dem Moment, als seine Faust mein Kinn traf. Ich spukte Blut aus und funkelte ihn wütend an. Das würde er bereuen. Als er erneut ausholte war ich schneller. Ich schnellte vor, bückte mich unter einem seiner Flügel hindurch und kam schlitternd hinter ihm zum stehen. Ich hob das Bein, drückte meinen schweren militärischen Stiefel in seinen Rücken und griff mit meinen Metallarm nach deinem Flügel. Das Geräusch, als die vogelartige hohle Knochen im Inneren des Flügels brachen erfüllte die Empore und wurde augenblicklich vom Geschrei des gefallenen Engels begleitet. Er ging zu Boden und ich trat einfach über ihn. Hinter mir fielen Schüsse und ich sah wie eine Mutantin mit einer schuppigen grünen Haut neben mir zu Boden fiel. Ich hatte sie nicht kommen sehen, aber Kendall offensichtlich schon. Als mein Blick ihren traf lächelte sie „Du kannst mit später danken" rief sie und richtete die Waffe bereits auf den nächsten Mutanten. Am liebsten hätte ich sie weiter beobachtet wie sie mit erschreckender Genauigkeit einen Mutanten nach dem nächstens ausschaltete, doch dafür war keine Zeit, denn in diesem Moment rannte schon der nächste Mutant auf mich zu, dessen Anblick mich nicht weniger irritiert als der des Engels zuvor. Der gesamte Körper des Mutanten war von einem dichtem blauem Fell überzogen. Doch mit blieb keine Zeit mit darüber Gedanken zu machen, was er wohl genau war, denn er griff mich sofort an. Er schien über eine übermenschlicher Stärke zu verfügen, die meiner nicht unähnlich war. Doch er war größerer und massiger als ich. Und das wurde zu ihm zum Nachteil. Es machte ihn im Nahkampf unbeweglicher und langsamer als ich es war. Nach einigem hin und her schaffte ich es, ihn aus zuschalten. Der riesige blaue Mutant viel um wie ein Baum. Ich hätte gerne dafür gesorgt, dass er nicht wieder aufstehen konnte, doch mir bleib wieder keine Zeit. Diesmal rannten gleich 3 Mutanten auf mich zu und ich hatte alle Hände voll zu tun um sie zu bezwingen. Als auch der Letzte von ihnen, ein schmächtig aussehender Junge, der allerdings über die Fähigkeit verfügte, Feuer zu erzeugen, zu Boden ging, atmete ich kurz durch. Ich wischte mir das Blut von der aufgeplatzten Lippe und sah mich nach Kendall um, die ich immer noch hinter mir vermutet. Bisher hatte es kein Mutant an mir vorbei geschafft oder etwa doch? Sie müsste hinter mir sein. Doch der Platz, an dem sie eben noch stand war leer. Eiskalte Angst kroch in mir hoch. Eilig drehte ich den Kopf und blickte in die Richtung in der Darwin den ganzen Kampf über gestanden hatte und die Szenerie beobachtet hatte, als ginge ihn das alles nichts an. Doch auch er stand nicht mehr dort. Bloß sein unheimlicher Gehilfe mit den Krallen und den Fangzähne, war noch dort. Er hielt noch immer die Waffe an den am Boden knienden Tony Stark.
Aber wo war Darwin?
Und noch wichtiger wo war Kendall?

„Kendall??" ich brüllte und drehte mich gleichzeitig um die eigene Achse „Kendall?!" ein weiterer Mutant sprang auf mich zu, ich zögerte nicht, hob die Waffe und erschoss ihn noch im Flug. Er starb bevor er mich überhaupt erreicht hatte. „Kendall?!" meine Stimme klang mit jedem Ruf verzweifelter.
Wo war sie? Bitte lass sie nicht wieder in seinen Händen sein. Bitte nicht. Bitte.
„James!"
Mein Kopf schnellte in die Richtung aus der ihre panische Stimme drang und dann sah ich sie. Sie stand neben der Treppe, die hinab in die Eingangshalle führte.
Doch sie war nicht allein. Eine groß gewachsene Frau mit feuerrotem Haar hatte ihre Arme gepackt und hielt sie schmerzhaft verdreht auf ihrem Rücken.
„Waffe runter Soldat" Darwins Stimme klang viel zu nah. Wie war es so nah gekommen, ohne das ich ihn bemerkt hatte? Ich wollte mich zu ihm rum drehen, doch ich konnte die Augen nicht von Kendall nehmen.
„Waffe runter Soldat oder sie stirb vor deinen Augen, Phoenix wartet nur auf mein Zeichen um ihr den Gar aus zu machen"
Meine Hand öffnete sich und die Waffe fiel klappernd zu Boden. Es war mir egal, dass das ganz offensichtlich eine Falle war. Ich würde ihr Leben nicht riskieren. Niemals.
„Brav. Und jetzt nimm die Hände auf den Rücken" Alles in mir schrie danach es nicht zu tun, alles bis auf mein Herz. Mein Herz sah nur die Panik in den Augen von Kendall. In den immer noch grünen Augen. Sie würde sich nicht selbst retten können. Ich musste gehorchen, um ihr Leben zu retten. Auch wenn mir klar war, dass ich damit mein eigenes in die Hände des Teufels begab.
In dem Moment als meine Hände auf meinen Rücken waren hörte ich das klicken der Handschellen. Innerlich lachte ich auf. Als würde Handschellen mich aufhalten können. Ich war ein verfluchter Supersoldat und hatte einen Arm aus Vibranium. Gewöhnliche Handschellen waren ein Kinderspiel für mich.
„Denk gar nicht erst dran, Soldat." flüstere Darwin bedrohlich hinter mir. „Du unterschätzt mich schon wieder. Wann erkennst du endlich, dass ich dir weit überlegen bin? Glaubst du wirklich ich bin so dumm und fessele jemanden wie dich mit normalen Handschellen?" Noch ehe ich darauf etwas erwidern konnte, trat er mir von hinten in die Kniekehlen und ich fiel zu Boden. Darwin trat erneut zu und traf mich diesmal schmerzhaft an den Rippen.
„Vielleicht töte ich dich doch nicht nicht gleich, Barnes. Vielleicht lasse ich dich erst noch zusehen, wie ich das mit ihr zu Ende bringe, was ich heute früh begonnen habe" Ich rappelte mich auf und kam auf die Knie. „Ich bringe dich um, wenn du sie auch nur ansiehst" Darwin lächelte bloß und blickte über mich hinweg. Ich folgte seinen Block und wie auf ein unsichtbares Zeichen hin kam die rothaarige Frau mit Kendall zu uns hinüber. Kendalls Blick fiel auf mich und ich sah den Schmerz in ihren Augen.
Ich wünschte sie müsste das hier alles nicht durchstehen. Sie verdiente etwas besseres als dieses Leben.

„Jason? Bring ihn auch her" rief Darwin über seine Schulter und sekundenspäter wurde Stark neben mir auf den Boden geschubste. Ich sah wie in Kendall ein weiteres Stück zerbrach, als sie ihren Vater ebenfalls gefesselt vor ihrem Peiniger knien sah. Wir hatten beide versagt. Wir hatten sie beide nicht vor dem hier beschützen können.

Darwin schien äußert zufrieden, als er von uns entlang schritt. Er genoss seinen Triumph in vollen Zügen. Im Moment hatte er alle Zügel in der Hand. Doch so würde es nicht mehr lange bleiben.
Bald würde sich das Blatt zu unseren Gunsten wenden. Hoffentlich.
Wo blieb nur Wanda mit den Avengers?
Sie würden doch kommen oder etwa nicht?
Sie mussten einfach kommen.
Sie waren unsere letzte Chance.

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