Kapitel 47

92 6 0
                                        

Nachdem Besuch meines Vaters am Morgen meines ersten Tages in dieser Gefängniszelle sah ich niemanden mehr, bis zum Abend des zweiten Tages. Bis auf den Kaffee und den Muffin hatte ich jetzt seit über 24 nichts zu mir genommen und fühlte mich geschwächt. Der Hunger in mir brannte und ließ mich fast durchdrehen. Doch es war nicht nur der Hunger nach Nahrung, der mich bald um den Verstand brachte. Es war jetzt fast eine Woche her, seit ich mich an Buckys Emotionen genährt hatte. Seit dieser Nacht hatte ich es mir selbst verboten, die Gefühle andere in mich aufzusaugen. In Anbetracht meiner jetzigen Lage war das ein großer Fehler gewesen. Ich brauchte dringend Kraft, wenn ich diesem Gefängnis entkommen wollen würde.
Doch an wem sollte ich mich nähren, wenn sie mich hier isolierten?

Ich hatte auch noch keine Gelegenheit zu testen, ob meine Kräfte hier drin überhaupt so funktioniert, wie ich es gewohnt war. Es war fast mit Sicherheit davon auszugehen, dass mein Vater gewisse Vorkehrungen getroffen hatte, bevor er mich hier eingesperrt hat. So wie die vergifteten Spinnenfäden, mit denen Peter mich gefesselt hatte. Offensichtlich hatten sie etwas gefunden, dass meine Kraft zügelten. Ich musste dringend herausfinden, was es war. Doch wie sollte ich an die nötigen Informationen kommen?
Genau in diesem Moment öffnete sich die Tür am Ende des Ganges erneut und die Antwort auf meine Gebete trat durch sie hindurch. Ich konnte mir den Anflug eines Lächelns nicht verkneifen als ich sagte „Hallo Onkel Bruce" Er erwiderte meine freundliche Begrüßung, wenn er auch etwas erstaunt darüber schien, wie gut ich gelaunt war „Hallo Kenny. Du bist sicher am verhungern. Tut mir leid das du so lange warten musstet. Es war eine Menge los..."
Er stellte eine Tüte von McDonalds vor die Gitterstäbe und sprach dann weiter „Und es tut mir leid, dass du hier bist. Wirklich. Ich hatte nicht geahnt, dass es dazu kommen würde"
Meinte er das ernst? Tat es ihm wirklich leid?Möglichst unauffällig versuchte ich, mit Hilfe meiner Fähigkeiten seine Gefühle nachzuspüren, doch ich spürte rein gar nichts. Ich zog die Augenbrauen kraus und versuchte es erneut. Wieder nichts.

„Du kannst damit aufhören, Kenny. Diese Gitterstäbe sind mit der selben Substanz durchzogen wie die Fäden von Peters Netzen. Sie halten deine Fähigkeiten gefangen, im wahrsten Sinne des Wortes." interessiert ging ich näher an die Gitterstäbe heran und betrachtet sie argwöhnisch „Was ist das für ein Zeug Onkel Bruce?" Wie immer antwortet er mir sofort. Seit ich denken konnte, war es ein Klacks für mich den guten Onkel Bruce um den Finger zu wickeln „Es ist eine Substanz an der ich schon länger arbeite. Um ehrlich zu sein seit dem verhängnisvollen Tag im Labor damals, als das, was mich heilen sollte dich krank machte."

Krank machte
So sah er das?
Als eine Krankheit von der man geheilt werden musste?
Wie konnte einer der unsern so wenig von uns halten?

„Warum bin ich hier eingesperrt? Was habt ihr mit mir vor?" fragte ich ihn skeptisch. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass mein Vater mich einfach nur hier einsperren wollte. Etwas in mir sagte mir, dass er mehr vor hatte, als mich bloß vor der Welt zu verstecken. Onkel Bruce wand sich unter meinem strengen Blick und schwieg. „Bitte. Ich muss wissen warum mein Vater mir das antut. Und warum ihr alle einfach mitmacht. Bitte Onkel Bruce" Ich konnte sehen wie sein Widerstand in sich zusammenbrach, als ich ihn mit meiner kleinen Mädchen Stimme anflehte. Er war so leicht zu manipulieren wenn er seine menschliche Gestalt hatte. Ich verstand nicht warum er sich so währte der Hulk zu sein. Als Hulk war eine unbezwingbare Gewalt, als Mensch war so...durchschnittlich.
„Wir wollen dir nur helfen, Kenny. Wir alle. Es ist nur zu deinem besten. Es wird dir besser gehen, wenn es vorbei ist. Glaub mir. Wir...ich bekomme das wieder hin"
Meine linke Augenbraue schoss in die Höhe „Wovon sprichst du?" eine Gänsehaut kroch meinen Rücken hinauf, ich ahnte bereits worauf er hinaus wollte, doch ich musste es hören um es wirklich zu begreifen.
„Die Substanz, die deine Fähigkeiten einsperrt...es sollte theoretisch möglich sein, deine Mutation damit für immer einzusperren. In dir. Ich brauche noch ein paar Tage und einige Abschluss-Tests, aber es sieht gut aus, Kenny. In spätestens einer Woche ist es vorbei. Dann bist du geheilt."
Panisch schnappte ich nach Luft.
Sie wollten mich heilen?
Wenn Bruce Erfolg hatte, und ich war mir fast sicher das er das haben würde, dann würde ich bereits in einer Woche kein Mutant mehr sein.
Ich wäre wieder ein Mensch.
Ein einfaches Mädchen ohne jeglichen Fähigkeiten.
Nur über meine Leiche!

„Wann begreift ihr endlich, dass ich nichts bin, das man in Ordnung bringen muss?" knurrte ich zwischen zusammengebissenen Zähnen. Blinde Wut durchfloss mich. Sie färbte mein Sichtfeld schwarz, der Käfig mochte mein Fähigkeiten in ihm gefangen halten, doch es hielt sie nicht davon ab, in mir zu toben. Ich spürte sie mächtig in mir pulsieren.
Sie rebellierte.
Sie wollte nicht eingesperrt werden.
Ich wollte nicht eingesperrt werden.

Alles in mir schrie nach Rache. Nach Vergeltung.
Ich würde mich nicht ergeben. Niemals.
Die Wut machte mich blind, ich verlor den Verstand.
Sie würden mir auch noch das Einzige nehmen, was mir geblieben war.
Für das ich sogar Bucky geopfert hatte
Es war alles umsonst...
Ich musste es verhindern, ich brauchte einen Plan.
Wenn doch bloß der verdammte Hunger nicht so laut in mir brüllen würde. Ich musste mich dringend nähren. Sollte ich hier rauskommen musste ich stark sein. Eine Idee formte sich zwischen all der Wut und dem Hunger in mir. Sie war verrückt, doch es war ein Versuch wert. Immerhin hatte ich nichts zu verlieren oder?

Blitzschnell schoss ich vor und noch ehe Onkel Bruce reagieren konnte streckte ich die Hände durch die Gitterstäbe und umfasste seine Unterarme. Sofort durchschoss mich die Energie die in Bruce tobte. Die Wut die den Hulk nährte, nährte jetzt mich. Der Geschmack war satt und vollmundig, es war berauschend. Ich ließ meine Macht tiefer in seinen Kopf gleiten und fand ein regelrechtes Buffet an köstlichen düsteren Emotionen. Gierig zog ich sie in mich. Ich verschlang sie hastig, viel zu hastig. Doch ich musste mich beeilen. Bruce begann bereits sich zu währen. Schockiert sah er auf meine Hände, die ich fest in das Fleisch seiner Unterarme gedrückt hatte „Was tust du da? Kenny..." Ich sah wie die Erkenntnis in seinen Augen trat. Er wusste das ich mich an seinen Emotionen nährte. Und er schmeckte noch süßer, als sich eine klebrige Panik unter seine Emotionen mischte.
„Du darfst das nicht tun. Nicht bei mir. Nicht bei ihm. Du weißt nicht was du tust. Seine Empfindungen sind zu dunkel, wenn sie dich nicht in den Abgrund reißen, dann wird ER es höchstpersönlich tun. Du musst sofort aufhören. Ich kann ihn nicht mehr lange zurückhalten, Kenny. Hör auf, bevor es zu spät ist. Hör auf bevor er erwacht" Er schrie jetzt, ein merkwürdiger Anblick, ihn so zu sehen. Normalerweise kannte ich ihn immer nur so fürchterlich kontrolliert. Es fasziniere mich zu sehen, wie er die Kontrolle verlor. Kurz verlor ich mich in dem Anblick, doch dann besann ich mich, dass ich dafür keine Zeit hatte. Wer weiß wie lange ich Bruce noch in dieser Position halten konnte. Als ich meine mentalen Krallen in ihn schlug, um seine Gegenwehr zu minimieren durchfuhr mich ein so heftiger Schmerz dass ich aufschrie. Es war als würde mich etwas attackieren. Plötzlich wurde alles unklar, als meine Macht in Bruce Innerem in dicken grünen Nebel gehüllt wurde. Hektisch schnappte ich nach Luft. Was geschah hier?

Verschwinde!
Sofort!
Du hast hier nichts verloren!

Eine fast unmenschlich tiefe Stimme schrie mich an. Panisch ließ ich Bruce los, als hätte ich mich an ihm verbrannt und schlug die Augen auf. Als ich sah, wer da plötzlich vor mir stand, fiel ich vor Schreck hintenüber und landete unsanft auf dem Hintern.
Vor mir stand der Hulk.
Grün. Riesig. Tödlich.
So schnell ich konnte kroch ich rückwärts, bis die Wand der Zelle gegen meinen Rücken stieß. Ich war noch nie so froh, das ich geschützt hinter Gittern saß, wie jetzt. Seine riesigen grünen Pranken schlossen sich um die Gitterstäbe. Kurz dachte ich, er würde sie rausreißen und mich holen. Doch dann öffnete er den Mund und brüllte. Es war ein so urtypischer Laut, wie ich ihn noch nie gehört hatte. Er klang wütend, aber vor allem klang er...verletzt. „Großer Fehler" knurrte er mit dieser eigenartigen tiefen Stimme und dann wand er sich sich ab und verschwand einfach in den dunkeln Gängen, die von meinem Gefängnis aus wegführten.

Meine Atmung war hektisch. Shit, das war knapp gewesen. Mir war klar, dass der Hulk mich lediglich verschont hatte, weil ein Teil von ihm immer noch mein Onkel Bruce war. Fast wäre es schief gegangen. Ich hatte viel gewagt, mich ausgerechnet an dem Hulk zu nähren, doch es war es wert gewesen.
Und wie.
Seine Emotionen waren so verdorben, so roh und gewaltsam...Gierig leckte ich mit über die Lippen, als die Macht die mir der Hulk geschenkt hatte durch meine Venen pulsierte.
Ich war bereit für den Krieg.

The RebellWo Geschichten leben. Entdecke jetzt