So leicht, wie ich es mir vorgestellt hatte war es ohne Orientierungsmöglichkeit dann doch nicht, zurück zum Hotel zu finden. Mittlerweile hatte ich die Wohngebiete hinter mir gelassen und irrte über ein weitläufiges Feld in der Hoffnung, in der Nähe eine Bushaltestelle zu finden. Anfangs hatte ich es noch spannend gefunden, Tokyo und seine Umgebung mehr oder weniger blind zu erkunden auf meinem Weg zurück. Aber ich schien mich noch mehr verlaufen zu haben und die langsam einbrechende Nacht machte es ohne Handy nicht grade leichter, wieder zurückzufinden. Nachts wirkten die Wege immer anders, fast so, als würde sich ein verwaschener Schleier über unsere Welt legen, der sie minimal veränderte und sie doch so ließ, wie sie war. Zu gern hätte ich jemanden nach dem Weg gefragt, aber mir kam niemand entgegen und so blieb mir nichts anderes übrig, immer weiterzulaufen in der Hoffnung, bald einen Spaziergänger oder ein Haus zu finden, wo ich nach dem Weg fragen konnte.
Ein ohrenbetäubender Schrei ertönte, zerriss mir fast das Trommelfell als ich stöhnend auf die Knie sank und mir die Hände auf die Ohren presste. Ich konnte den Schrei immer noch hören, durch meine Hände jetzt gedämpfter. Instinktiv machte ich mich so klein es ging, kauerte mich in das hohe Gras und wartete, dass der Schrei abriss. Mit einem Mal begann der Boden unter mir zu bröckeln, Dreck, Erde und Pflanzen rieselten in das schwarze gähnende Loch unter mir, dass schnell größer wurde. Schreiend rappelte ich mich auf, schaffte es gerade noch so, mein Bein aus dem Loch zu ziehen und mich mit einem Hechtsprung auf festen Boden zu retten. Als ich mich zu dem Loch umdrehte, war es nicht mehr da. Ungläubig tastete ich den Boden ab, mein Herz drohte, mir aus der Brust zu springen. „Was zum ...?" ich hob den Kopf. Auch der Schrei war verstummt, alles, was ich hörte, war das Zirpen der Grillen. Ich tätschelte mir selbst die Wange. „Reiß dich zusammen, Elea." Einige Male rieb ich mir die Augen, lauschte dem Zirpen der Grillen und langsam beruhigte sich mein Herzschlag wieder.
Unsicher stand ich schließlich auf und klopfte mir die Erde von der Hose. Im Licht des Mondes war nicht mehr allzu viel zu sehen, aber das war mir egal. Ich rannte los, wollte nur raus aus diesem gruseligen Feld. Erneut ertönte dieser Schrei, der Boden brach unter meinen Füßen weg. Alles, was ich noch zu packen bekam war die Wurzel eines nahestehenden Baumes, die meinen Fall schließlich bremste. Mit aller Kraft klammerte ich mich an der Wurzel fest, unter mir nichts als gähnende Leere, ein Flüstern drang aus der Tiefe an mein Ohr. „Nimm meine Hand!" Ungläubig hob ich den Blick, über mir thronte ein Mann, dessen weißes Haar im Mondlicht schimmerte. Seine Augen wurden von einer Augenbinde verdeckt. „Ich kann das nicht!" seine Hand war sicher einen halben Meter von mir entfernt, aber näher schien er an mich nicht heranzukommen. „Du kannst das." Seine Stimme war angesichts der Situation überraschend ruhig. „Zieh dich hoch und greif nach meiner Hand. Alles wird gut, dass verspreche ich dir." Tränen brannten in meinen Augen, als ich seine Hand begutachtete. „Woher weiß ich, dass du mich nicht fallen lässt?" er grinste doch tatsächlich. „Groß eine Wahl hast du nicht." Er schien sich noch etwas zu strecken, um näher an mich heranzukommen. „Komm schon! Auf drei. Eins. Zwei. Drei!"
Bei drei zog ich mich an der Wurzel hoch und streckte meine Hand nach seiner aus. Ein lautes Ratschen ertönte und ich fiel rückwärts samt der Wurzel in das dunkle Loch. „Megumi! Nue!" brüllte der Mann plötzlich über mir und mit einem Mal flog ein rotes, eulenartiges Wesen zu mir herunter in den Schacht. Immer näher kam es und streckte seine Klauen nach mir aus, um mich aus der Luft zu ziehen. Erneut ertönte der Schrei und die Eule drehte mit einem Mal wieder ab und schraubte sich in die Luft, auf das sich schließende Loch zu. Gerade noch so schaffte sie es, sich durch die kleine Öffnung zu quetschen.
Mein Angstschrei hallte von den nicht existenten Wänden wider, als die Dunkelheit mich vollständig verschluckte.
Mir war schnell klar, dass mich weder der Mann noch der genannte Megumi aus der Lage würden retten können. Oder Megumis Haustier. Dafür war die Dunkelheit zu dick, dich sich an mich schmiegte und mich immer tiefer mit sich zog, mich in Beschlag nahm. Immer wieder verlor ich das Bewusstsein, wurde wach in völliger Dunkelheit, hatte das Gefühl, an der Schwärze zu ersticken.
Fiel ich überhaupt noch?
War ich überhaupt noch ich?
Mit einem Mal wurde es eiskalt, die Dunkelheit wurde immer wieder von weißen Lichtblitzen erhellt, die sich ihren Weg durch die Finsternis suchten und an mir vorbeirauschten, ohne mich zu treffen. Sie alle erhellten für einen kurzen Moment meine Umgebung. Doch erkennen konnte ich nichts und ihr Licht verlor sich ebenso schnell wieder in der dicken Schwärze. Als der nächste Lichtblitz kam, streckte ich meine Hand nach ihm aus. Doch er wich meinen Fingern aus, flackerte aufgebracht und wischte noch schneller davon, wandelte sich in eine große weiße Spirale, die um mich herumrotierte. Die anderen Lichtblitze taten es ihm gleich und bald darauf fiel ich durch eine Art Tunnel, dessen Wände gleichermaßen aus Dunkelheit und Licht bestanden, sich abwechselten nur um sich dann doch wieder zu vermischen. Unter mir wurde es plötzlich hell, doch so sehr ich den Kopf auch drehen wollte, ich konnte die Quelle nicht sehen.
Ein lauter Knall ertönte, dicht gefolgt von einem gleißenden weißen Licht, als ich aus dem Tunnel stürzte. Mit einem Mal erfasste mich kalter Fallwind, über mir am neu erschienenen Himmel blinkten die Sterne. Unter mir sah ich kleine Lichter flackern, eine gigantische Metropole erstreckte sich zu meiner rechten in einiger Ferne vor einer noch größeren Bergkette, deren Spitze weiß glänzen. Das war sicher Schnee.
Doch nicht nur die Lichter unter mir wurden größer, sondern auch der See, auf den ich ungebremst zuraste. Als ich auf der spiegelnden Wasseroberfläche aufschlug, raste Schmerz durch mich hindurch, nahm mir die Luft und raubte mir den Verstand. Einige Momente trieb ich benommen im See, das Licht der Sterne verwischte dank dem Wasser über mir. So sehr ich es wollte, bewegen konnte ich mich nicht. Stattdessen drohte ich, erneut ohnmächtig zu werden, meine Sicht wurde dunkler und dunkler.
Ich würde ertrinken.
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Uff! Da ist jetzt doch recht viel auf einmal passiert :D
Über Feedback würde ich mich wie immer sehr freuen!
Eure Erin xx
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Ancient Love (Sukuna X MC)/FanFiction
Fanfiction18+ Holt die Vergangenheit dich ein? Oder kommst du ihr zuvor? Elea war schon immer eine Weltenbummlerin. Nie hatte sie etwas lange an einem Ort gehalten. Immer hatte es sie weitergezogen, von Land zu Land, von Stadt zu Stadt. Bis ihr Weg sie schli...