Kapitel 56

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TRIGGERWARNUNG:

Im nachfolgenden Kapitel wird explizite Gewalt und rohe Brutalität dargestellt. Wer sich daduruch getriggert fühlt, liest bitte nicht weiter oder zumindest nicht allein!

Ich wünsche euch dennoch viel Spaß beim lesen!

Eure Erin xx

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Suka zog mich so schnell durch den Feuertunnel, dass mir die Sicht verschwamm. Meine Umgebung war nichts als ein tosender Feuersturm, dessen Hitze mir zu schaffen machte, auch, wenn ich mich so gut es ging auf meine Fluchtechnik konzentrierte. Sukas Arme schlangen sich um meine Hüften, sein Atem kitzelte mein Ohr, als er mir in den Nacken biss. „Sieh es dir an, kleine Elea. Ich will, dass du für mich weinst, schreist und an deinem Verstand zweifelst." Sein höhnisches Lachen vibrierte durch meinen Körper, als er mich losließ und ich den Tunnel verließ. „Du wirst zur rechten Zeit am rechten Ort sein. Es wäre doch ein Jammer, wenn du das Finale verpasst."

Das Letzte, was ich sah, war der Spott in seinen roten Augen, die Sukunas so ähnlich waren und doch völlig anders.

Schmerz durchzuckte mich, als ich auf dem rauen Pflaster aufschlug. Panische Schreie drangen an meine Ohren, der Geruch von Blut stieg mir in die Nase, klebte an meiner Zunge. Überrumpelt betrachtete ich die Blutpfütze, in die Suka mich hatte fallen lassen und kämpfte ich mich angeekelt in dem schmierigen Blut auf die Knie. Als ich den Kopf hob kitzelte der pure Schock einen ohrenbetäubenden Schrei aus mir heraus. Ich blickte direkt in ein klaffendes großes Loch, an dessen Stelle mal ein Gesicht gewesen sein musste. Doch bei dem Anblick fiel es mir schwer, dass zu glauben. Gehirnfetzen hingen aus dem Loch heraus, die Überreste eines Augapfels baumelten über der Kante des zersplitterten linken Jochbeines. Durch das aufgerissene, glänzende Fleisch konnte ich die Reste des Zungenbeins am hinteren Ende der zerfetzten Kehle sehen, von der Zunge selbst war keine Spur zu finden. Auf allen Vieren krabbelte ich rückwärts von dem Leichnam weg und wurde prompt über den Haufen gerannt, die Knochen in meiner Hand ächzen, als mir der panische Mann darauf stieg und links liegen ließ. Hinter mir wurde ein Brüllen laut, einige Flüche kamen um eine der Hausecken und wurden auch gleich schneller, als sie mich blutbesudelt am Boden liegen sahen. Schnell rappelte ich mich auf die Füße und rannte dem Mann hinterher.

Rauch füllte die Luft und machte es mir schwer, ordentlich zu atmen, immer wieder rutschte ich in dem wahren Blutfluss, der die Straße hinunterlief, aus. Viele der Häuser brannten lichterloh, unsägliche Hitze ging von ihnen aus, gerade noch so schaffte ich es, einem brennenden Balken auszuweichen, der auf den Boden krachte und in Funken explodierte. Leichen und Leichenreste säumten die Straßen, das Knacken des Feuers und die Schreie der Menschen schwollen zu einer Kakophonie des Todes an. Vor mir, auf einer zertrümmerten Veranda, stand ein schreiendes Mädchen, dass an der Hand seiner Mutter zog und zerrte und dabei schrie wie am Spieß. Der Arm der Frau zuckte nur noch lose, der Rest von ihr steckte im Maul eines großen, spinnenähnlichen Fluches und als dieser den Arm ausspuckte und das Mädchen mit dem Arm seiner Mutter in den Händen hinfiel, scholl sein Schreien zu einem undefinierbaren Kreischen an. Schnell änderte ich die Richtung, Fluchkraft pulsierte an meinen Händen, als ich den Innereien eines sterbenden Mannes auswich und auf das kleine Mädchen zuhechtete. Holz splitterte, Blut spritzte, als aus dem Boden unter der Veranda ein weiterer Fluch brach und das Mädchen in zwei Teile biss. Blut lief in Strömen aus seinem Maul, tropfte von den aufgerissenen Enden der Gedärme des kleinen Mädchens, dessen andere Hälfte zuckend zu Boden fiel und von dem Fluch zertrampelt wurde. Das Knacken, als ihr kleiner Schädel unter dem Fuß des Fluches zersplitterte, brannte sich in mein Gedächtnis ein.

Die Übelkeit, die mich jetzt schon etwas länger begleitete, erreichte ihren Höhenpunkt und ergoss sich auf den Boden vor mir, zusammen mit den Tränen, die mir mittlerweile ungehemmt über das Gesicht liefen. Ich machte am Absatz kehrt und rannte, bevor die beiden Flüche auf mich aufmerksam werden konnten. Mittlerweile hatte ich das Viertel erkannt, in dem ich war. Das Bordell war nicht weit von hier. Ich musste nach Taria und Horaka sehen. Ob es ihnen gut ging, ob sie in Sicherheit waren. Stolpernd bahnte ich mir meinen Weg durch die verrauchten Straßen, immer wieder passierte ich andere Menschen und allen war dieselbe Panik ins Gesicht geschrieben, die in meinem Inneren Amok lief. Meine Lungen brannten, als ich die Straße erreichte, in der das Bordell sein sollte. Doch kein einziger Stein stand hier noch auf dem anderen, alles war dem Erdboden gleichgemacht worden und dementsprechend still war es auch, nur vereinzelte Schreie aus der Ferne durchbrachen die Stille.

Hier war nichts mehr zu holen.

Meine Füße trugen mich zögerlich zu dem Trümmerhaufen, der einmal das Bordell gewesen war. Blut und Asche befleckten das Holz, zwischen den Steinen lagen die zerrissenen Überreste der schweren Tücher, die noch bis vor ein paar Stunden den Salon geschmückt hatten. Dreck und kleine Steine knisterten unter meinen Schritten, als ich über die Haufen zur Mitte des Gebäudes kletterte. So wie es aussah war das Gebäude irgendwann einfach eingestürzt und hatte einige der Frauen unter sich begraben. Dafür sprachen zumindest die unter den Steinen hervorschauenden Gliedmaßen. Einer Frau hatte ein Holzbalken den Kopf zertrümmert. Stumm wischte ich mir Tränen und Blut aus dem Gesicht, als ich weiterkletterte und Horaka unter einem der großen Steine liegen sah, ihre untere Hälfte war von einem Trümmerteil zerquetscht worden. Ihre Augen starrten leer ins Nichts, an einigen Stellen hatten die Krähen schon an ihrem Gesicht gefressen. „Haut ab!" weinend kletterte ich zu meiner toten Freundin herunter und verscheuchte die Krähen. „Horaka ..." mir sackten die Knie unter mir weg, ich bekam mein Schluchzen gar nicht mehr in den Griff, als ich ihr das dunkle Haar aus dem blutverschmierten Gesicht strich. „Es ... es tut mir so leid, so leid. Das ist ... das ist alles meine Schuld!" mein Körper erzitterte unter meinem Schluchzen bei meinen Versuchen, ihr erstarrtes Gesicht von dem vielen Blut zu befreien. „Hätte ich euch in die Villa geholt, wäre das nicht passiert. A ... aber ich konnte nicht, ich wusste nicht, wie ..." die Straße hinunter wurde plötzlich eine Stimme laut. Die eines Fluches.

„Nein, nein. Ich will das nicht!" heulte er immer wieder, seine Stimmlage war so hoch, dass ich mir die Ohren zuhalten musste. So leise wie nur möglich presste ich mich an den Stein neben Horaka, immer darauf bedacht, so flach wie möglich zu atmen. Die Stimme kam näher, ich konnte hören, wie der Fluch in der Luft witterte und sich seine Schritte näherten. Innerlich bereitete ich mich auf mein Ende vor und schloss die Augen. Doch da erklang in der Stille mit einem Mal der gequälte Schrei eines Mannes, der den Fluch sich langsam von mir entfernen ließ. Ohne mich zu rühren, lauschte ich den leiser werdenden Schritten des Fluches und wagte es erst wieder, mich zu bewegen, nachdem die Schritte schon lange wieder verstummt waren. Doch so sehr ich auch suchte, ich konnte Taria nicht entdecken. Weder unter den Toten noch unter den Lebenden, als ich einige Minuten später die verdreckte Hauptstraße entlangrannte.

Mein Weg führte mich zur Villa am Kaiserberg. Vielleicht war noch jemand von den anderen dort! Doch als ich den Berg betrat, stellte ich fest, dass er genauso verwüstet war wie der Rest der Stadt. Überall war Blut, Feuer loderten, der Mittagshimmel war nicht mehr zu sehen, so dunkel zog der Rauch über die Stadt und verpestete die Luft. Das einzige Gebäude, dass noch ganz war, war der Kaiserpalast. Mit einem Sprung landete ich auf dem Dach einer der Villen und balancierte über die rußgeschwärzten, freigelegten Balken, die wie Rippen im Licht der Feuer glühten. Zu gern hätte ich Sukunas Namen gerufen, die Namen der anderen. Doch jedes Geräusch könnte sofort wieder neue Flüche auf den Plan rufen. Die Barriere des Palastes schien zu halten, am Rand der glitzernden Kuppel drückten sich allerlei Fluchgeister herum, die stupide nach einem Weg nach innen suchten. Im besten Fall hieß das, dass zumindest Fuji sicher war.

Sofern er sich nicht hier draußen herumtrieb.

Vorsichtig schritt ich weiter über die Dachbalken, blendete die Leichen auf den Straßen so gut es ging, aus. Ich konnte Sukunas Villa von hier oben aus sehen. Von allen Häusern sah sie noch am besten aus, aber einige Wände waren eingestürzt und ruß befleckt, dass Dach wurde von einigen Löchern geziert. Bevor ich vom Dach kletterte, vergewisserte ich mich, dass kein Fluch in der Nähe war und eilte dann zur Villa hinüber. Die Türen waren aus den Angeln gerissen worden, gespenstische Stille drang nach außen. Alles, was ich hörte, war mein eigener Herzschlag. Schritt für Schritt wagte ich mich in das Innere des Hauses, das mit so vielen schönen Erinnerungen gefüllt war.

Doch Suka hatte daraus für mich ein Horrorkabinett gemacht und der Schrecken stand kurz bevor.

Die kleinen Glutherde, die noch an einigen Stellen brannten, spendeten nur etwas Licht, also tastete ich mich vorsichtig vorwärts und suchte mir ein Brett, aus dem ich kurzerhand eine Fackel machte. Wasser tropfte mir mit einem Mal von der Decke ins Gesicht.

Tropf.

Tropf.

Tropf.

Doch das Wasser ... das Wasser war rot. Immer mehr Blut tropfte mir in die Haare, aufs Gesicht. Schnell machte ich einige Schritte zurück und hob die Fackel.

Über mir, am Dachbalken, hing Yarana.

Man hatte sie mit ihren eigenen Gedärmen erhängt.

Ancient Love (Sukuna X MC)/FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt