Am nächsten Morgen bot Kurose an, Izumi und mich zu unserem kleinen Stadtausflug zu begleiten. Izumi hatte sich mehr mit der Moderne vertraut machen wollen und daher vorgeschlagen, die Stadt einmal bei Tag zu besuchen. Zuletzt hatte er sie bei Nacht vom Auto aus gesehen und war neugierig, wie sich die Gegebenheiten wohl tagsüber änderten. So kam es, dass Kurose und ich Izumi am Bahnsteig der Straßenbahn erklärten, was auf ihn zukam und Izumi hielt sich die Ohren zu, als die Bahn schließlich mit quietschenden Reifen einfuhr und über Lautsprecher mitgeteilt wurde, welche Anschlüsse die aussteigenden Fahrgäste hatten. „Ist das immer so laut?" brüllte er und folgte uns nach kurzem Zögern in die Bahn. „Ist es, mein Freund. Setz dich." Kurose schob Izumi auf eine der Bänke zu und setzte sich dann uns gegenüber. Izumi nahm langsam die Hände von den Ohren und sah sich um. „Da ist wieder eine eurer Bilderkisten." Meinte er und deutete auf den kleinen Bildschirm über unseren Köpfen, der die kommenden Stationen im Wechsel mit dem Wetterbericht zeigte. „Ich vermisse Kutschen. Da bin ich ehrlich." Meinte er und sah aus dem Fenster. „Generell Tiere. Sie sind alle irgendwie ersetzt worden in eurer Zeit. Das ist sehr schade, wo Tiere doch so treue Gefährten sind." Kurose schmunzelte und tippte in seinem Handy herum. „Alte Sachen müssen stets dem Neueren, praktischeren weichen, Izumi. Das war schon immer so und wird auch immer so sein."
Izumi nahm Kurose das Handy ab und betrachtete es kritisch. „Das mag sein. Aber wenn ich hier etwas gelernt habe, dann, dass ihr alle zu viel in diese Fotomacher schaut. Ihr verpasst so die ganze Welt." Kurose streckte die Hand aus, doch Izumi behielt sein Handy, nahm mir auch meines ab und packte sie kurzerhand in meine Handtasche. „Ihr habt jetzt beide Fotomacherverbot, bis wir wieder an der Akademie sind. Zeigt mir lieber eure Stadt. Ab hier." Kurzerhand hatte er mich und Kurose an den Armen gepackt und aus der Bahn gezogen, die ruckelnd zum Stehen gekommen war und uns in einen warmen Sommertag entließ. Wie es der Zufall wollte, hatte Izumi uns an exakt jener Station aussteigen lassen, an der der Zoo lag. Und nachdem er Tiere so liebte, besuchten Kurose und ich mit ihm auch den Zoo. Izumi drückte sich an jeder Scheibe die Nase platt und kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus, als wir im Aquarium standen und er den Delfinen beim Schwimmen zusehen konnte. Fasziniert las er jede einzelne Informationstafel und war hin und weg als er erfuhr, dass Otter einen Lieblingsstein hatten und diesen immer mit sich herumtrugen. Wir besuchten die Löwenfütterung, sahen uns die Seehundshow an und Izumis Augen strahlten wie bei einem kleinen Kind, als er einer der Giraffen, unter Aufsicht des Tierpflegers, einen Zweig reichen durfte, den sie ihm sanft aus der Hand nahm.
Und während wir von Gehege zu Gehege liefen, benannten Kurose und ich all die Dinge, auf die Izumi zeigte.
„Straßenlaterne."
„Kiosk."
„Digitale Anzeigetafel."
„Ein ... ein Kind?"
Kurose hob eine Augenbraue, als er das sagte und sah irritiert dabei zu, wie Izumi anfing, zu lachen. Ich konnte nicht anders, als einen kleinen Stich der Freude zu verspüren. Seit Izumi und ich hier waren, in meiner Zeitlinie, wirkte mein bester Freund sehr viel entspannter und offener. Fast so, als hätte er all seine Sorgen in der Vergangenheit lassen können, zusammen mit all der Verantwortung, die ihn gequält hatte. Hier wurde er nicht wie ein Jujuzist zweiter Klasse behandelt, niemand schloss ihn aufgrund seiner Herkunft aus und alle wertschätzten ihn. Es war beeindruckend, wie sehr doch Akzeptanz und Offenheit einen Menschen verändern konnten. „Ich weiß, dass das ein Kind ist. Meinst du, bei uns gibt es die nicht?" Izumi schüttelte amüsiert den Kopf. „Ich meine das, was da Kind da in der Hand hält." Kurose reckte den Hals. „Oh. Das ist Eis." Izumi sah dem Kind wieder hinterher. „Wie Eis im Winter sieht es aber nicht aus." Ich studierte den Lageplan des Zoos nach der nächsten Eisbude. „Aber ähnlich ist es. Nur das unser Eis hier Geschmack hat und echt lecker ist." Fügte ich schließlich hinzu und rückte meinen Sonnenhut zurecht. „Dein Wort in Gottes Ohr." Kurose kicherte und nahm mir den Plan ab, um uns zur Eisbude zu führen, wo wir alle bestellten und uns auf einem der Picknicktische niederließen. Izumi sah eine Weile dabei zu, wie Kurose und ich aßen und machte es uns dann nach.
„Ich hab eine Frage, Kurose." Sagte er nach einer Weile und schob sich den letzten Rest seiner Waffel in den Mund. „Bis jetzt hat es sich irgendwie noch nicht ergeben." Kurose nickte. „Frag. Ist kein Problem." Izumi hob den Blick und sah in den Himmel. „Als Elea und ich in der Akademie angekommen sind, hast du gesagt das du nicht hattest steuern können, wo wir landen." Kurose wischte sich den Rest Blaubeereis vom Mund und nickte. „Das ist korrekt." Er sah zwischen mir und Izumi hin und her und begann dann, zu erzählen. „Vor fast zwei Jahren kamen Satoru, Nobara und Megumi ganz aufgelöst zurück zur Akademie und erzählten, dass ein Zeitloch eine junge Frau verschluckt habe." Er deutete mit seinem Plastiklöffel auf mich und strich sich das onyxfarbene Haar aus dem Gesicht. „Ich hab mir die Stelle angesehen, Zeit ist meine Fluchtechnik und habe grob rauslesen können, wo du ungefähr gelandet bist, Elea." Er zuckte mit den Schultern und ich sah sowas wie Schuld in seinen Augen schimmern. „Ich wollte dich eigentlich früher zurückholen, es zumindest irgendwie probieren, aber dann kam das mit Sukuna und wir hatten alle Hände voll zu tun und so ist das vorerst in Vergessenheit geraten." Izumi sah Kurose eine Weile lang an und nickte dann. „Du zahlst einen hohen Preis, nicht wahr?" der Schwarzhaarige sah für einen Moment total überrumpelt aus, lächelte dann aber. „Deine Auffassungsgabe ist beeindruckend, Izumi. Wie hast du es gemerkt?" Izumi legte den Kopf schief und dachte nach. „Das du trotz der Hitze einen dicken Pullover trägst und das Eis isst, als wäre es nicht kalt." „Hallo?" ich hob die Hand, um den beiden zu signalisieren, dass ich auch noch da war.
Und das ich am Schlauch stand.
„Worüber redet ihr zwei?" Izumi deutete bloß auf Kurose und schwieg, also wartete ich geduldig, dass dieser mich aufklärte. „Die Zeit manipulieren zu können ist eine sehr mächtige Fluchtechnik. Und je größer der Einschnitt in der Geschichte ist, den ich bewirke, umso größer ist der Preis, den ich dafür zahle. Bisher habe ich diese Technik kaum genutzt, mir immer mit Fluchwerkzeugen zu helfen gewusst. Aber dadurch, dass ich euch beide aus der Vergangenheit hierhergebracht habe, habe ich jegliches Empfinden in meinem Körper verloren. Weder spüre ich Schmerz noch Hitze oder Kälte. Es ist alles ... alles taub." Kurose betrachtete seine Hände und seufzte. „Theoretisch könnte alles passieren. Ich könnte erblinden, taub werden, ein Querschnitt. Was immer dem Universum oder wer auch immer darüber entscheidet angemessen erscheint dafür, dass ich mit den Geschehnissen der Welt herumspiele und mich in Dinge einmische, in die man sich eigentlich nicht einmischen können sollte." Izumis Augen wurden groß und ich sah, dass ihm eine Idee durch den Kopf geisterte. Aber er blieb still und sah stattdessen den Zebras in dem Gehege neben uns beim Grasen zu. „Das tut mir leid, dass dir das wegen uns passiert ist, Kurose." Sagte ich, doch der junge Mann winkte lächelnd ab. „Zerbrich dir deswegen nicht den Kopf. Ich war fest dazu entschlossen und bereue es nicht." Er hob den Blick und als er mich ansah, sah ich in seinen violetten Augen Hoffnung schimmern. „Ich bin mir sicher, dass es irgendeinen Zweck hat, dass du von was auch immer in die Vergangenheit gezogen worden bist. Und dass es von Anfang an meine Aufgabe war, dich und Izumi zurückzuholen."
Er lächelte, doch seine Augen wurden traurig. „Ich habe viele Freunde verloren die letzten Monate und vermisse sie alle schmerzlich. Ich habe schon mit dem Gedanken gespielt, die Zeit zurückzudrehen und so Shibuya oder auch das mit Sukuna zu verhindern, auch wenn das hieße, dass ich die Konsequenzen meiner Technik nicht überleben würde." Sein Blick wurde scharf, das Eis in seiner Hand zitterte, als ich Kurose eine Hand auf die Schulter legte. „Ich würde für jeden von ihnen sterben, wenn das nur hieße, dass sie leben dürfen. Aber Shibuya oder Sukunas Erwachen verhindern? Ich bezweifle, dass das möglich wäre. Selbst wenn ich die Zeit zurückdrehen würde und Sukunas Erwachen als auch Shibuya verhindern würde, so wie sie passiert sind, würde Kenjaku immer eine Alternative finden, sie doch geschehen zu lassen. Wenn auch über Umwege. Dafür hatte er schon zu viel Zeit, um sich Gedanken über alternative Pläne zu machen." Kurose ballte die Hände zu Fäusten, die Waffel zerbrach in seiner Hand.
„Solange Kenjaku die Fäden in den Händen hält, kann keiner von uns etwas ausrichten."
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Kapitel 72 und ich bin so freundlich und warne euch vor:
Wir nehmen wieder Fahrt auf, also schnallt euch an! :D
Eure Erin xx
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Ancient Love (Sukuna X MC)/FanFiction
Fanfiction18+ Holt die Vergangenheit dich ein? Oder kommst du ihr zuvor? Elea war schon immer eine Weltenbummlerin. Nie hatte sie etwas lange an einem Ort gehalten. Immer hatte es sie weitergezogen, von Land zu Land, von Stadt zu Stadt. Bis ihr Weg sie schli...