Kapitel 57

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TRIGGERWARNUNG:

Das nachfolgende Kapitel enthält Szenen, die Brutalität und Folter beinhalten. Bitte ließ nur weiter, wenn du dich dazu im Stande fühlst!

Deine Erin xx

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Einige Momente lang starrte ich einfach bloß ungläubig in die Höhe, die Stille wurde immer wieder vom leisen Platschen des zu Boden fallenden Blutes unterbrochen. Yaranas Blut hatte mittlerweile rote Spuren auf meinem Gesicht hinterlassen, ich konnte spüren, wie es mir über das Gesicht lief und vom Kinn tropfte. Ein leises Schluchzen brachte ich zustande, dicht gefolgt von leisen Tränen. Langsam machte ich einen Schritt zurück, die Fackel erhellte Yaranas offene Bauchhöhle, in der die restlichen Organe glänzten und schließlich mit einem lauten Schmatzen vor meine Füße fielen. Meine Hand zitterte, als ich die Fackel hob, um ihr Gesicht zu sehen. Es war von Schnitten und Kratzern übersäht, ihre Augen geöffnet. Ich wünschte, ich könnte sagen, in ihnen keine Angst gesehen zu haben. Doch ich sah gar nichts in ihnen.

Ihre braunen Augen starrten auf mich herab, tot und leer.

In den Tiefen des dunklen Hauses regte sich mit einem Mal etwas, ich hörte jemanden stöhnen. Sofort schoss Fluchkraft aus meinen Händen, leise bewegte ich mich um die Trümmer herum in die Richtung, aus der das Geräusch kam. Noch war es leise, doch so langsam konnte ich ausmachen, von wo es kam.

Aus dem Innenhof.

Der Holzboden unter meinen Füßen verriet mich nicht, so schnell bewegte ich mich darüber und duckte mich unter die großen Fenster, die zum Innenhof führten. Erneut erklang das Stöhnen, diesmal lauter und ... und gequälter. Ich atmete einige Male tief durch, huschte unter den Fenstern hindurch in Richtung Türe, die brutal aufgebrochen worden war. Wilde Schatten tanzten an den Wänden gegenüber der Öffnung, draußen mussten noch einige Feuer brennen. Vorsichtig beugte ich mich vor und spähte hinaus. Nein, weder sah ich Flüche noch Suka. Der Innenhof war wie leergefegt und dennoch hörte ich jemanden stöhnen. In der Dunkelheit funkelte am Stamm des Kirschbaumes etwas in der Dunkelheit auf. Es waren Nägel. Sie waren in den Baum geschlagen worden.

„Izumi!"

Ich schaffte es gerade noch rechtzeitig, meinen Schrei zu einem hysterischen Flüstern zu drosseln, um nicht noch mehr Flüche auf den Plan zu rufen. Im Licht der kleinen Feuer sah ich Izumi mit dem Rücken zu mir am Baum stehen, seine Beine zitterten, Blut klebte an seiner zerrissenen Hose. Seine Hände waren durch die Handrücken mit den Nägeln über seinem Kopf in den Stamm geschlagen worden, so hoch, dass er auf den Zehenspitzen stehen musste, wenn er sich nicht die Hände in zwei Teile reißen wollte, sobald er sich fallen ließ oder normal hinstellte. Sein Rücken glänzte vor Blut, tiefe Furchen zogen sich darüber, aus denen nach wie vor Blut floss.

Man hatte ihn ausgepeitscht und das allem Anschein nach über Stunden.

„E ... Elea." Seine Stimme war kaum mehr als ein Krächzen, ich konnte seinen Schmerz hören. „Bitte." Schnell hastete ich zu ihm herüber, sein Gesicht war nass vor lauter Blut, er zitterte. Schon war ich auf den untersten Ast geklettert, auf die Höhe der Nägel. Tränen flossen mir über das Gesicht, als ich sah, wie tief die dicken Eisennägel durch seine Hände in den Baum getrieben worden waren. „Ich ... ich muss sie rausziehen, Izumi." Schluchzte ich, er nickte kraftlos. Mit aller Kraft schloss ich meine Finger um den ersten Nagel und zog daran, doch nichts rührte sich. Also begann ich, daran zu ruckeln, Izumi verschluckte seine Schmerzensschreie und hob dann den Blick, ich sah Tränen helle Spuren durch das Blut in seinem Gesicht malen. „Hack sie einfach ab. Bitte ..." Ich wusste genau, was er meinte. „Ich hackte dir nicht die Hände ab! Auf keinen Fall! Halt einfach noch etwas durch!" wieder zog und zerrte ich an dem Nagel, sah aber schnell ein, dass das so nichts bringen würde. „Ich bin gleich wieder da, ja? Ich lass dich hier nicht allein!" So etwas wie Hoffnung schimmerte in Izumis Augen, als er mich ansah. Seine Stimme war so schwach wie sein Allgemeinzustand. Es war ein Wunder, dass er noch nicht ohnmächtig war. Oder tot.

„Das ... das weiß ich, Elea."

Ich rannte, bis mir die Lungen brannten. Einmal durch den ganzen Garten zum Schuppen, in dem ich nach Werkzeug suchte. Doch alles, was ich fand, war zerstört worden und nicht mehr ganz. Verzweifelt sah ich mich um, mein Blick blieb am Stall hängen und mir kam eine Idee. Ich schnappte mir eines der unversehrten Seile und rannte zum Stall hinüber und tatsächlich, eines der Pferde stand noch in seiner Box. Es war verschwitzt, Angst schimmerte in seinen Augen, als ich die Box öffnete. „Hallo, du." Vorsichtig streckte ich die Hand nach dem Hengst aus, der mich jetzt endlich zu erkennen schien und zögerlich auf mich zukam. Sein warmer Atem trocknete die Tränen auf meinem Gesicht, als ich ihm einen Riemen auf den Rücken gurtete und ihn durch das Haus in den Innenhof führte. Die Hufe hinterließen hässliche Dellen im Boden, aber das war gerade wohl unser geringstes Problem. Izumi sah über die Schulter, als er uns kommen hörte und sah dann gequält dabei zu, wie ich das Seil einmal um den Gurt des Pferdes wickelte und die beiden losen Enden jetzt an den Nägeln festknotete. „Wir ziehen sie mit einem Ruck raus. Wie bei einem losen Zahn." Erklärte ich ihm atemlos. „Okay. Versuchen wir es." Sagte er atemlos und atmete dann einmal tief durch. „Ich bin so weit. Macht einfach."

Mir blutete das Herz, als ich zwei Fackeln hob und sie dem Pferd auf die Flanken schlug. Aber nur, wenn es sich erschreckte und losrannte, würde es klappen. Es bäumte sich wiehernd auf und raste mit einem Affenzahn los, durch die kaputte Türe und verschwand im Haus. Izumi in meinem Rücken schrie laut auf vor Schmerz, sein Schrei vibrierte in meinem Knochen, brannte sich in mein Gedächtnis. Doch tatsächlich, die Nägel lagen zu Izumis Füßen am Boden, der jetzt die Löcher in seinen Händen begutachtete. Er hielt sich nur wankend einige Momente lang auf den Füßen und klappte dann schließlich in sich zusammen. Ich eilte zu ihm herüber und nahm sein Gesicht in meine Hände. Jetzt konnte ich auch erkennen, warum sein Gesicht so blutüberströmt war. Man hatte die Narbe in seinem Gesicht einmal ihrer gesamten Länge nach wieder aufgeschnitten. „War das ...?" „Suka?" beendete Izumi meinen Satz und strich sich vorsichtig das verklebte Haar aus der Stirn, als er nickte. „Er hat mir schon immer ... schon immer gesagt, dass er mich eines Tages dafür büßen lassen würde, dass ich in dieses Haus ... gekommen bin."

Mit dem Ärmel wischte ich ihm so gut es ging Blut aus dem Gesicht und sah mir dann seine Hände an. „Wir müssen das alles sauber machen." Izumi stand mit meiner Hilfe schwankend auf. „Es kann sein ... das die Becken," er hustete und klammerte sich dann so gut es mit den malträtierten Händen ging, an mir fest, „das die Becken im Keller noch in Ordnung sind." Schritt für Schritt arbeiteten wir uns in den Keller hinunter. Die Badebecken waren tatsächlich unberührt geblieben und so befreite ich Izumi aus den Kleiderfetzen, die er noch am Körper trug und wusch vorsichtig das Blut von seiner Haut. Sein Gesicht war unter all dem Blut schrecklich blass. „Wo ist Sukuna? Und die anderen?" auf meine Frage hin zuckte Izumi bloß mit den Schultern. „Die ganze Stadt hat mit einem Mal gebrannt, Elea. Und die Straßen waren voll mit Flüchen. Sukuna hat sich auf die Suche nach Suka gemacht, um das alles in den Griff zu kriegen. Und ich habe Akara und Muri in den Palast gebracht. Die Schutzwalle des Palastes sollten sie geschützt haben. Und Fuji hat sie sicher auch nicht ohne Schutz gelassen." Er biss die Zähne zusammen, als ich Verbände um seine Hände legte und so gut es ging seinen Rücken und sein Gesicht versorgte. Einige der Peitschenhiebe saßen schrecklich tief im Fleisch. Ein Wunder, dass ich noch keine Knochen gesehen hatte. „Suka ... Suka hat Yarana getötet." Flüsterte ich und schaffte es nicht, mein Weinen zurückzuhalten. „Ich weiß. Ich ... ich habe es gehört." Auch Izumi liefen Tränen über das Gesicht, die er schnell wegwischte.

„Sie wollte nicht gehen, sie hatte gedacht, sie könnte mit Suka reden. Sie hat ihn trotz allem noch wie einen eigenen Sohn geliebt, da bin ich mir sicher. Auch, wenn sie es nie zugeben würde." Meinte er dann und räusperte sich. „Aber sie hat sich geirrt und dafür mit dem Leben bezahlt." Vorsichtig nahm ich Izumi in die Arme. „Sie hat an das Gute in ihm geglaubt und ich ... ich habe sie nicht schützen können." Izumis Stimme brach in der Mitte seines Satzes, Tränen tropften auf seine nackte Brust. „Ich weiß nicht, wo Sukuna ist oder ob er überhaupt noch lebt." Meinte er nach einer Weile, stand dann schwankend auf und ließ sich von mir beim Anziehen helfen. „Er lebt noch." Sagte ich leise und fuhr fort, als ich Izumis fragenden Gesichtsausdruck sah. „Als Suka mich geholt hat, hat er mich in der Stadt abgesetzt und sagte, dass ich zur rechten Zeit am rechten Ort sein würde, um Sukuna den Todesstoß zu versetzen." Schwindel vernebelte meine Sicht und kaum, dass ich mich gesetzt hatte, erbrach ich mich auf den Boden vor mir. Beruhigend strich mir Izumi über den Rücken.

„Wir bekommen das schon hin, Kleines. Das müssen wir."

Ancient Love (Sukuna X MC)/FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt