Kapitel 41

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Es hatte nicht lange gedauert, bis besorgte Spaziergänger Kiyo und mich blutend, durchnässt und unterkühlt im Park gefunden hatten. Wir hatten zurück zur Villa gewollt, aber Kiyo konnte dank des Blutverlustes keinen Schritt mehr gehen und ich war mit nur einem funktionieren Ohr und grad so funktionierendem Auge total überfordert. Hinzu kam ebenfalls die Kälte, die sich in meinen Gliedmaßen festgesetzt hatte und es mir nicht erlaubte, mich groß zu bewegen. So saß ich gezwungenermaßen in Kiyos wachsender Blutlache und sah dabei zu, wie immer mehr das Leben aus dem jungen Gärtner floss. Doch im letzten Moment war eine besorgte ältere Dame herangeeilt, begleitet von ihren drei Söhnen, die sowohl mich als auch Kiyo in das kleine Haus der alten Dame brachten, nicht weit vom Park entfernt. Einer der Söhne verband notdürftig Kiyos Schulter, dessen Hand ich, seit wir hier waren, nicht mehr losgelassen hatte. Alles bekam ich dank meiner Sinnesverluste nicht mehr mit, nur, dass jemand das Haus verließ. Müde kauerte ich mich neben Kiyo zusammen, verweigerte den Kräutertee, den die alte Dame brachte. Schwärze schob sich langsam in mein noch verbliebenes Auge, verschlang mich und betete mich sanft in die Bewusstlosigkeit.

Stumme Bilder fluteten meinen Geist. Der Nachthimmel, die blinkenden Sterne, der helle Mond. Panische Stimmen, rot flackerndes Licht in besorgten Augen. Chaos, es wurden Anweisungen gebrüllt, die ich nicht verstand, die Stimmen drangen nicht durch den Schleier in meinem Kopf, als mich die Wärme einer Decke einhüllte und ich wieder ohnmächtig wurde.

Stille empfing mich, als ich wach wurde. Ich spürte die schwere Decke auf meinem Körper liegen, jemand hatte mich bis zur Nase darin eingepackt, ich schwitzte. „Elea! Bei den Ahnen, du bist wach." Jemand zog mich in seine Arme, ich erkannte Sukunas Duft und seine Stimme. Und dass ich seine Stimme auf beiden Ohren hören konnte. Die Taubheit auf dem rechten Ohr war verschwunden, nur der Pfeifton war noch da, der das Hören dennoch erschwerte. Immerhin etwas. Doch als ich vorsichtig die Augen öffnete, war da nichts außer Schwärze. Sofort überrollte mich die Panik, meine Finger erfassten den dünnen Stoff, der auf meinen Augen lag. „Sukuna ...?" ich konnte spüren, wie verzweifelte Tränen meine Augen fluteten, unsäglicher Schmerz schoss mit einem Mal durch mein Gesicht, fraß sich in mein rechtes Auge und explodierte dort. Schreiend krümmte ich mich und presste meine Hände auf meine rechte Gesichtshälfte. Ich spürte Sukunas Umkehrtechnik durch meinen Körper rauschen, doch viel tat sich daraufhin nicht. Der Schmerz wurde weniger, gerade so erträglich. Mein Wimmern füllte die Luft, als ich mich enger an Sukuna presste und seine Finger spürte, die sanft durch mein Haar fuhren. „Es tut mir so leid, Prinzessin. Ich ... ich ... schau, was ich noch tun kann." Seine Finger strichen über meine rechte Wange, an dem Verband entlang. Warme Tränen tropften auf meine Finger, als ich Sukunas Gesicht in der Luft ertastete. Er drückte einen Kuss auf meine Finger und verschränkte sie schließlich mit seinen, als mich wieder die Ohnmacht einholte.

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Sukunas Hände lagen sanft auf meinen Schultern auf, als er mich, zwei Tage später, in den Keller zu den Becken führte. Der Pfeifton in meinem rechten Ohr war nach seinen Bemühungen schwächer geworden. Aber dennoch war er da, raubte mir den Schlaf und die Hoffnung, rechts je wieder uneingeschränkt hören zu können. Unsicher stolperte ich vor ihm her und obwohl er mich sanft führte, kam ich mit der Dunkelheit, die unter der Augenbinde herrschte, nicht zurecht. Ich brauchte lange, bis ich die vielen Treppenstufen hinuntergestiegen war. Doch Sukuna drängte mich nicht, sondern sprach mir gut zu, hielt meine Hände und warnte mich jedes Mal, wenn eine neue Stufe kam. Ich hatte ihm und Izumi erzählt, was passiert war. Die beiden Männer hatten sich in Schweigen gehüllt und mich so von den Vorgängen in ihren Köpfen ausgeschlossen, ihre Mimik konnte ich ohne Augen nicht einschätzen. Ob sie es bewusst oder unbewusst taten, konnte ich nicht sagen. Aber es war mir auch egal, dafür waren die Schrecken der Höhle noch zu frisch, als dass ich mir um etwas anderes groß Gedanken hätte machen können. Doch auf meine Frage hin, wie es Kiyo ging, bekam ich keine Antwort. Alles, was ich registrierte, war, wie Sukunas Griff an meinen Schultern etwas zu fest wurde, als ich ihn nach meinem Freund fragte.

Also beschloss ich, nicht weiter nachzubohren. Sukuna setzte mich sanft am Beckenrand ab und so, wie ich es damals für ihn getan hatte, wusch er jetzt mir die Haare. Er brachte es sogar zustande, sie zu flechten und als ich mit den Händen den Zopf befühlte, war ich doch sogar schon fast dankbar, nicht sehen zu müssen, was er da veranstaltet hatte. Aber er hatte es mit Liebe gemacht, dass wusste ich, also schluckte ich meinen Witz herunter. Ich hatte Humor schon immer benutzt, um in schwierigen Situationen zu überleben, um sie zu überstehen. Womöglich stand ich auch noch zu sehr unter Schock, um alles richtig erfassen zu können. Zumindest fühlte es sich manchmal wie ein Traum an, aus dem ich erwachen wollte. „Gibt es Hoffnung?" fragte ich stattdessen in die Stille hinein. „Das kann ich dir nicht sagen. Das wird sich mit der Zeit zeigen, Prinzessin." Seine Stimme drang nur leise an mein linkes Ohr, ich musste ihn zweimal bitten, sich zu wiederholen, bis ich es verstanden hatte. Sukuna hüllte meinen nassen Körper in eine der dünnen Decken, die hier unten lagen und ließ sich dann neben mir nieder. Das schloss ich zumindest aus dem Platschen und Rauschen an meiner Seite. Er schlang seine Arme um mich, zog mich nah an sich heran und hauchte einen Kuss auf meine Schläfe. „Was immer sein wird, Prinzessin. Ich werde nicht ruhen, bis ich Sukas Kopf auf einem Speer aufgespießt habe." Ich konnte die Wut spüren, die unter Sukunas Haut brodelte, spürte, wie sich seine Kräfte regten.

„Ich liebe dich, Elea Melantha." Seine Finger strichen behutsam über die Augenbinde, seine Lippen fanden meine. „Mit und ohne Augenlicht."

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Erin hier, mit Kapitel 41 :D

Ich hoffe, dass es euch gefallen hat und ihr genauso gespannt seit wie ich, wie sich die Geschichte weiterentwickelt :D

xx

Ancient Love (Sukuna X MC)/FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt