Kiyo lebte sich schnell bei uns ein und Akara hatte Recht gehabt. Er passte zu uns wie die Faust aufs Auge. Er hatte denselben Humor wie wir alle, konnte viele Geschichten erzählen und war immer fröhlich. Immer öfter kam es vor, dass ich ihm im Garten half oder mit ihm über den Markt spazierte. Wie auch heute. Kiyo hatte gefragt, ob ich ihn begleiten wollte. Ich war für jede Aktivität außerhalb der Villa dankbar und sobald Izumi und ich mit dem Training fertig waren, gingen Kiyo und ich los. Izumi und ich waren bei unseren Übungen jetzt extra aufmerksam. Kiyo war neu und wir kannten ihn noch nicht lange genug, um ihn eventuell in meine Jujutsuausbildung einzuweihen. Ich war mehr als stolz auf meinen Fortschritt, als dass ich das jetzt alles verlieren konnte. Mittlerweile hatte Izumi alle Mühe, noch Treffer zu landen und kassierte dafür immer mehr Treffer ein. Auch die Fluchkraft bescherte mir keine Probleme mehr. Das einzige, an dem es haperte, war meine Fluchtechnik. Bis jetzt hatte ich noch nicht herausgefunden, was für eine es war. Aber Sukuna meinte, ich solle mir Zeit lassen. Früher oder später würde es funktionieren.
„Wie bist du zum Gärtnern gekommen, Kiyo?" fragte ich ihn und beäugte mit ihm die Blumenzwiebeln, die auf der Auslage des kleinen Standes lagen. „Oh, ich bin auf einem Bauernhof großgeworden. Wie der Großteil in diesem Land." Er lächelte und wechselte kurz einige Worte mit dem Händler. „Und da hab ich festgestellt, dass ich mich gern mit Pflanzen beschäftige. Sie sind so vielseitig und trotz ihrer Schönheit können sie tödlich sein." Kiyo lächelte mich an. „Das macht Pflanzen so interessant, Elea. Sie sind wie Menschen." Er packte die gekauften Blumenzwiebeln in den kleinen Beutel und ging dann mit mir weiter. „Man muss sich mit ihnen beschäftigen, um sie zu verstehen." Lachend reichte er mir eine der Zwiebeln. „Zudem finde ich es immer sehr spannend, einer Blume beim Wachsen zuzusehen. Wie aus dieser kleinen, unscheinbaren Zwiebel etwas Wunderschönes wird. Das hat was finde ich." Neugierig betrachtete ich die kleine Blumenzwiebel in meiner Hand. „Was wird das für eine Blume?" „Ein Krokus." Krokusse kannte ich, meine Oma hatte früher einige davon im Garten gehabt, als ich noch klein gewesen war. „Da kennt sich wirklich wer aus." Schmunzelnd gab ich Kiyo die Zwiebel wieder zurück. „Wie schön, dass du in deiner Passion aufgehen kannst." Ich knuffte Kiyo in die Seite, was er gleich darauf schmunzelnd erwiderte und mich einen Moment lang musterte. „Darf ich dir eine Frage stellen, Elea?" „Natürlich, immer raus damit."
„Du bist keine Adlige, richtig?" ich schüttelte den Kopf, ich ahnte schon, wohin sich das Gespräch entwickeln würde, also kam ich Kiyo zuvor. „Ich bin nicht Sukunas Frau, sondern seine Mätresse." Das Wort hinterließ nach wie vor einen bitteren Beigeschmack auf meiner Zunge, aber ich hatte mich so langsam daran gewöhnt. Kiyo nickte bedächtig und lief dann weiter neben mir her. „Aber das stört dich. Richtig?" er sagte das überraschend nüchtern und setzte ein schiefes Lächeln auf, als ich ihn irritiert ansah. Bisher hatte ich mit niemandem darüber gesprochen. Sofort hob Kiyo abwehrend die Hände. „Entschuldige bitte. Ich ... ich wollte dir nicht zu nahetreten. Mir ist das nur aufgefallen. Darum dachte ich, ich frage." Seufzend zuckte ich mit den Schultern. „Es ist nichts, was ich ändern kann. Von daher akzeptier ich das einfach und schau, wohin es mich führt." Kiyo nickte und dachte eine Weile nach. „Ich hatte dich nicht für eine Frau gehalten, die sich so leicht ihrem Schicksal ergibt." Auf der einen Seite wusste ich, dass ich an der Situation nichts ändern konnte. Wie auch? Auf der anderen hatte ich das Bedürfnis, mich verteidigen zu müssen. „Ich weiß lediglich, wann es keinen Sinn macht, sich zu bemühen. Ich kann nicht einfach so meinen Stand ändern." Kiyo rückte den Beutel auf seinen Schultern zurecht. „Du nicht, dass ist wahr. Aber er schon." Ungläubig sah ich ihn an. „Meinst du ..." der Weißhaarige nickte. „Ist schon mal passiert, dass ist aber sicher schon eine Generation her. Ich habe die Geschichte von meiner Mutter gehört." Ein warmes Lächeln trat auf Kiyos Gesicht, als er für einige Momente in Erinnerungen schwelgte. „Es gab einmal eine junge Bauerstochter, die sich unsterblich in einen jungen Adeligen verliebt hatte und auch er hatte sein Herz an sie verloren. Sie trafen sich heimlich, damit seine Familie es nicht herausfand. Aber Lügen haben kurze Beine und so flog die Sache natürlich auf, als sie schwanger wurde. Die adlige Familie stellte den jungen Mann daraufhin vor die Wahl. Entweder tötete er die junge bürgerliche Frau und mit ihr sein Kind, dass als uneheliches Kind nichts als ein Schandfleck für die Familie wäre. Oder er müsste gehen und sich von allem lossagen und in Ungnade fallen." Kiyo lächelte, als er weitersprach.
„Er entschied sich für die Bauerstochter und das ungeborene Kind. Noch am selben Tag verließ er mit ihr seine Heimatstadt und ließ alles zurück, was er je gekannt hatte. Was aus ihnen geworden ist, weiß keiner. Er wurde aus der Familiengeschichte gestrichen, ausradiert, so, als hätte es ihn nie gegeben." Ich wischte mir eine Träne von der Wange. Ich hatte selten etwas so Romantisches und gleichzeitig so Herzzerreißendes gehört. „Welche Familie war das?" Kiyo zuckte lächelnd mit den Schultern. „Das weiß niemand. Aber das ist auch nicht wichtig. Wichtig ist bloß, dass er sie so sehr geliebt hat, dass er alles aufgegeben hat, um bei ihr sein zu können. Du siehst also, irgendwie einen Weg gibt es immer, Elea." Ich schüttelte den Kopf und bog mit Kiyo in eine kleine Seitenstraße ein. „Sukuna hängt sehr an seinem Leben hier. Nicht unbedingt an dem Reichtum und seinem Stand, da hast du Recht. Aber an seinen Möglichkeiten, die damit verbunden sind. Das er Menschen helfen kann. Nur so können wir zwei uns jetzt unterhalten, ansonsten wäre ich noch im Bordell." Mitleid huschte über Kiyos Gesicht, als er meine Worte hörte. „Er bewirkt viel Gutes hier in Kyoto. Er sorgt sich um alle anderen, die mit im Haus leben. Und ich würde nie von ihm verlangen, das alles hinzuschmeißen, nur um mit mir zusammen zu sein. Das würde ich nicht übers Herz bringen." Kiyo legte mir eine Hand auf die Schulter. „Mach dich nicht verrückt deswegen, Elea. Ich wollte damit bloß sagen, dass es immer etwas Hoffnung gibt. Und zudem ist es so oder so eine schöne Geschichte." Lächelnd legte ich meine Hand auf seine. „Ja das stimmt. Die solltest du mal Akara erzählen, die schmilzt da weg wie warmes Wachs." Kiyo lachte laut. „Ist notiert."
Er sah sich mit einem Mal besorgt um. „Sag mal, sollten wir nicht längst aus der Seitenstraße raus und wieder am Weg Richtung Kaiserberg sein?" alarmiert sah ich mich um und tatsächlich, die Situation war beunruhigend. Der Weg vor uns zwischen den Häusern erstreckten sich beide Richtungen unnormal weit. Schnell machte ich einige Schritte nach vorn, doch der Weg verschob sich mit jedem Schritt nach hinten und wurde wieder länger. Kiyo schloss schnell zu mir auf, seine Hand klammerte sich um den Gurt auf seiner Brust, als er sich umsah. In unseren Rücken wurde es mit einem Mal für einige Sekunden hell. „Na sieh mal einer an, wer mir da ins Netz gegangen ist. Meine kleine Elea. Oh! Sogar mit Begleitung. Wie nett." Suka grinste mich breit an, als Kiyo und ich uns zu ihm umgedreht hatten. „Sukuna?" Kiyo wirkte unglaublich irritiert. Flammen züngelten an Sukas Körper, der helle Schein erhellte das schillernde Rot in seinen Augen und die schwarzen Male in seinem Gesicht. „So ein Glück, dass ich noch einen Platz freihabe." Ich hatte Sukas Bewegung mit dem bloßen Auge nicht folgen können, als er mich und Kiyo je am Arm packte und die Flammen uns einhüllten.
„Ich hoffe, ihr seid bereit für einen kleinen Ausflug."
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Soo, Kapitel 37, wieder mit etwas mehr Aufregung rund um Suka!
Eure Erin xx
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Ancient Love (Sukuna X MC)/FanFiction
Fanfiction18+ Holt die Vergangenheit dich ein? Oder kommst du ihr zuvor? Elea war schon immer eine Weltenbummlerin. Nie hatte sie etwas lange an einem Ort gehalten. Immer hatte es sie weitergezogen, von Land zu Land, von Stadt zu Stadt. Bis ihr Weg sie schli...