Kapitel 38

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Sukas Griff an meinem Arm war schmerzhaft fest. Es würde mich nicht wundern, wenn er blaue Flecken hinterlassen würde. Sofern ich das damals im Haus richtig gesehen hatte, konnte sich Suka durch die Flammen bewegen und das, ohne aufzufallen. Fast wie Teleportation. Der Gedanke, dass er so ohne Probleme überall auftauchen konnte, wie eben in der Gasse, bescherte mir Gänsehaut. So war er dann damals wohl auch in den Palast gekommen. Verdammt. Kiyo und ich saßen bis zum Hals in der Scheiße. Und noch schlimmer; niemand würde uns finden oder überhaupt wissen, wo er mit der Suche nach uns beginnen sollte. Wenn es Suka die letzten Wochen geglückt war, sich unbemerkt in Kyoto zu bewegen, ohne auch nur den Hauch einer Spur zurückzulassen, dann war das jetzt mit uns auch so.

Es war, als hätte der Erdboden uns verschluckt.

Kalter Fallwind erfasste mich, als Suka mich und Kiyo plötzlich losließ und wir fielen. Ich schmeckte Blut, als ich unsanft auf kaltem Steinboden aufschlug. Kiyo neben mir stöhnte auf vor Schmerz und spuckte Blut auf den Boden, Brandbläschen zierten seine Haut. Panisch sah ich an mir herab, doch meine Haut war bis auf einige Rötungen unversehrt. „Alles gut?" schnell half ich ihm auf die Füße. Kiyo nickte und wischte sich Blut vom Mund. „Bei dir?" „Alles in Ordnung." Ich blieb in Kiyos Nähe und sah mich um. Wir waren in einer gigantischen Höhle abgesetzt worden. Die Decke war so weit entfernt, dass ich sie mit bloßem Auge nicht sehen konnte. So konnte man gleich darauf schließen, wie tief wir eigentlich unter der Erde waren. Nämlich unglaublich tief. An einigen Stellen in der Dunkelheit loderten Feuer, die die Umgebung erhellten. Schroffe Steinwände schraubten sich in die Höhe, auch Stalagmiten säumten an einigen Stellen den Boden. Sobald ich den Blick hob, konnte ich auch die Spitzen einiger Stalaktiten erkennen. Sie mussten über die Jahrmillionen meterlang gewachsen sein. Dafür sprach unter anderem auch die kalte Temperatur hier unten, entfernt konnte ich Wasser rauschen hören, immer wieder tropfte es von der Decke. Kiyo zog seinen Kimono enger um seine Schultern, ich konnte seinen Atem im Licht der Feuer sehen.

Die Höhle muss früher einmal unter Wasser gestanden haben. Den in der Mitte, direkt vor uns, lag das riesige Rippengerüst eines Wales oder zumindest einem ähnlich großen Tier. Der Größe nach zu urteilen von einem Walhai oder was auch immer früher durch die Meere geschwommen ist und eine derartige Größe erreichen hatte können. Wahrscheinlich waren die Zähne des Vieches größer gewesen als ich und Kiyo zusammen. Unter dem Rippengerüst türmte sich ein großer Berg an Tierschädeln allerlei Arten. Ich sah Löwen, Echsen und womöglich auch Bärenschädel. Immerhin lebten doch Bären gern in Höhlen. Auf der Spitze des Berges saß Suka und sah schmunzelnd auf uns herab. Links und rechts von ihm züngelten Flammen auf dem Knochenberg und setzten die schwarzen Male auf seiner Haut in Szene. „Ich wollte ja eigentlich nur dich, Elea, für mein kleines Spiel. Aber den Witz von Jujuzisten da neben dir, der wird wohl kaum ein Problem sein." Kiyo biss so stark die Zähne zusammen, dass ich es Knirschen hörte. „Ach, mach dir mal nicht ins Hemd, Kleiner." Suka stützte seinen Arm auf einem der Schädel ab, Schadenfreude funkelte in seinen Augen. „Du wirst doch sicher schon gelernt haben, mit dieser Schande zu leben, dass du deine Fähigkeit nicht ansatzweise im Griff hast." Suka betrachtete gelangweilt seine schwarzen Fingernägel, sein Blick huschte zu uns. „Oder warum sonst hast du mich noch nicht angegriffen?"

Kiyo ließ beschämt den Kopf sinken und sah von mir weg. Sukas Lachen hallte von den hohen Höhlenwänden wider und prasselte unnachgiebig auf uns ein. „Dachte ich es mir doch. Ein Versager, nichts weiter. Ein Schandfleck für alle Jujuzisten." Sukunas Bruder bedachte uns mit einem Blick, der nichts Gutes verheißen konnte. „Es reicht!" wütend war ich einige Schritte nach vorn getreten. „Halt sofort deinen Mund, Suka!" Sukas Blick wurde ekelerregend lüstern. „Oh, mit Mündern kennst du dich doch noch am besten von uns allen aus, Elea. Oder irre ich mich da?" ich spürte Galle aufsteigen und gab mir Mühe, mich nicht zu übergeben, als die Erinnerungen meinen Verstand fluteten. Seine Hände auf meinem Körper, sein Geschmack in meinem Mund. Suka nahm meine Reaktion grinsend zur Kenntnis und klatschte dann einmal in die Hände. Die kleinen Flammen, die die Höhle bisher nur spärlich erleuchtet hatten, wuchsen auf eine beunruhigende Höhe an und erhellten einige Gänge verteilt in den Wänden, die sich in der Dunkelheit verloren. Ich konnte zwar nichts sehen, aber ich konnte es sehr wohl spüren. Das etwas in den Schatten lauerte. Auch Kiyo schien das nicht entgangen zu sein, er trat nämlich einige Schritte zurück und blieb dann neben mir stehen, einen stählernen Ausdruck in den gelben Augen.

„Na wenigstens funktioniert irgendetwas aus dem Jujutsu bei euch beiden, da kann ich ja gar nicht anders als einen Funken Stolz zu verspüren." Suka berührte ergriffen seine Brust und tat so, als würde er sich eine Träne von der Wange wischen. „Kiyo war dein Name, richtig?" Kiyo riss seinen Blick von einem der Gänge los und sah zu Suka auf. „Kiyoshi für dich." Suka lachte und nickte. „Pass auf, Kiyo, und präg dir jedes meiner Worte genau ein. Ursprünglich war das hier alles für meine kleine Elea geplant. Ich wollte, dass ihr Tod ein amüsantes Schauspiel für mich wird und mein kleiner Bruder, sobald das alles vorbei ist, ihre sterblichen Überreste vom Höhlenboden kratzen kann. Wie eine Art sehr groteskes Puzzle." Er sah grinsend auf uns herab, seine Fangzähne funkelten im Licht der Flammen, als er aufstand und elegant auf dem Boden vor dem Knochenberg landete. „Und für mein ganz persönliches Amusement hab ich jetzt auch noch dich. Um dich wird sich Sukuna einen Dreck scheren, Kleiner. Oh! Wobei ... er scheint ein Herz für erbärmliche Menschen zu haben." Das Rot in seinen Augen flackerte hell, als er mit den Fingern schnipste. „Vielleicht verdrückt er ja auch für dich ein Tränchen. Wäre das nicht urkomisch? Schon fast zum Brüllen."

In den Gängen kam es nach Sukas Schnipsen langsam zu Bewegung, ich sah Augen in der Dunkelheit leuchten, als sich immer mehr Flüche aus den Gängen schälten. Suka bedachte sie mit einem, ja schon fast bedauerndem Blick. Der Strom riss gar nicht mehr ab, immer schneller füllte sich die Höhle mit Flüchen, die sich immer näher auf uns zu bewegten. So eine schiere Unmenge hatte ich mir nicht mal in meinem schlimmsten Alptraum ausgemalt. Und noch schlimmer. Die Flüche schienen auf Suka zu hören. Dieser legte den Kopf schief. „Oh? Ihr seid ja immer noch hier." Gemächlich nahm er wieder auf dem Knochenberg Platz und hob die Hände. „Mal sehen, wie lange ihr durchhaltet."

„Eins."

„Zwei."

„Drei."

Suka klatschte in die Hände, in der Höhle brach die Hölle los, als die Flüche ungehemmt auf uns zustürmten.

„Mal sehen, wer als Letztes übrig ist." Sukas Grinsen war das Letzte, was ich sah, ehe ich Kiyo am Arm packte und wir in die einzige Richtung rannten, aus der keine Flüche kamen.

„Tut mir nur einen Gefallen. Schreit viel. Das ist Musik in meinen Ohren."

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Back again mit Kapitel 38!

Lights, Camera, Action!

Eure Erin xx

Ancient Love (Sukuna X MC)/FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt