Es war so leise auf dem Friedhof, dass mir das Knacken der Kerzen in den Tempeln um uns herum schrecklich laut vorkam. Keiner sagte etwas, lediglich Kolki tapste auf seinen knochigen kleinen Füßen durch unsere Mitte und schien nicht zu verstehen, warum sich die Luft mit Anspannung und Hoffnungslosigkeit füllte. Cadis' Worte hatten eine tiefe Furche in unsere Zuversicht geschlagen und in diesem Moment war ich mir nicht sicher, ob wir sie je überwinden, geschweige denn schließen konnten. Dafür waren die Augen meiner Freunde zu leer, ein jeder von ihnen schien seinen Schimmer verloren zu haben. Die Erkenntnis, dass Suka oder wer auch immer das jetzt war, so viel größer war als wir es waren, als es jeder einzelne von uns war, raubte auch mir Stück für Stück die Hoffnung. Bisher hatten wir gedacht, es mit einem Menschen zu tun zu haben. Mit etwas Greifbarem. Doch wie bekämpft man als Sterblicher etwas Unsterbliches? Besorgt strich ich über meinen Bauch und wendete meinen Blick erneut den Sternen zu.
Waren wir ein zweites Mal an dem Punkt angelangt, der uns in unser Verderben schicken würde?
In den Tod?
Jetzt gerade fühlte es sich so an.
Der weiße Stoff von Sukunas Kimono raschelte, als er sich erhob. Seine Hände zitterten, dass Rot in seinen Augen flackerte immer wilder, als er am Absatz kehrt machte und in der Dunkelheit verschwinden wollte. Doch Fuji war ebenso schnell aufgesprungen und hatte ihm an Kragen gepackt, noch bevor er seinen ersten Schritt hatte beenden können. Sein sturmgraues Haar hing ihm tief in das gesenkte Gesicht und verhüllte seine Augen. „Kein Weglaufen mehr. Es reicht, Sukuna." Sukuna blieb wie vom Blitz getroffen stehen und riss sich dann schließlich von Fuji los. Der hob den Kopf, sein oranger Blick fraß sich tief in Sukunas breiten Rücken. „Ja, lauf nur! Lauf so schnell du kannst! So wie du es immer getan hast, du erbärmlicher Feigling!" Fujis Gesicht verzog sich derartig vor Wut, dass ich ihn kaum mehr wiedererkannte. Noch nie hatte ich den jungen Kaiser so wütend und unbeherrscht erlebt. So grenzenlos verzweifelt. „All die Jahre hast du versucht, vor dir selbst davonzulaufen! Aber die Wahrheit ist, dass du das nicht kannst! Und weißt du auch, woher ich das weiß? Das verrät mir dieser scheißverdammte Moment, in dem wir uns gerade befinden!" Izumi stand auf und ging auf Fuji zu, um ihn zu beruhigen. Doch Fuji drückte Izumi mit seiner Fluchtechnik von sich weg und fletschte die Zähne. „Egal, wie weit du gelaufen bist, egal, wohin du gelaufen bist! Egal, wie viele Flüche du getötet hast und egal, wie oft du dich in dieser verfickten Höhle isoliert hast, es hat dir verdammt nochmal nichts gebracht! Es hat dich nicht vom dem befreit, was du so hasst! Wir stehen an exakt jenem Punkt, an dem wir schon mal gestanden sind! Kurz vor unserem Untergang! Und weißt du, womit der geendet hat? Na? Soll ich es dir sagen? Mit meinem abgetrennten Kopf im Schlamm und der Hand dieses Fluchgottes bis zum Ellenbogen in deiner Brust!" Fujis Atem ging stoßweise, seine Brust hob und senkte sich immer schneller, als er wiedergab, was das Kind uns im Gefängnis gezeigt hatte. „Du kannst vor dem Ding in dir nicht davonlaufen!"
Izumi hatte, wie ich, geschockt die Augen aufgerissen. Wie es schien, hatte auch er Fuji noch nie so gesehen. Aber früher oder später fiel jede Maske, dass hatte uns diese Nacht gezeigt und unter Fujis humorvoller, gelassener Maske sah ich exakt das, was ich bei unserem ersten Treffen auf dem Ball schon für den Bruchteil einer Sekunde hatte sehen können. Einen jungen Mann, überladen mit Verantwortung der nicht mehr wusste, wie er das alles stemmen sollte. Wie er seine Untertanten beschützen sollte, vor dem, was vor hunderten Jahren aus den Tiefen unserer Albträume gekrochen war. Wie er der Kaiser einer ganzen Nation sein konnte, ohne sich selbst dabei zu verlieren.
„Ob wir an dem Punkt stehen, wissen wir doch nicht. Suka ... oder was auch immer das jetzt ist, hat sich noch nicht gezeigt ..." Fujis erhobene Hand brachte Izumis zögerlichen Worte zum Stillstand. „Das ändert nichts, mein Freund. Das ist die Ruhe vor dem Sturm und unser Nekromantenfreund hier hat es in der Höhle durchaus treffend verpackt. Ruhe ist nicht immer gleich Frieden." „Ich weigere mich zu glauben, dass das hier das Ende ist, das es unser aller Ende ist. Wir sind bei den Ahnen nicht so weit gekommen, um jetzt aufzugeben." Die Köpfe von Fuji, Izumi und Cadis drehten sich zu mir, als ich mich auf die Füße kämpfe und an dem kleinen Geländer festhielt. „Kurose hat sein Leben hierfür gegeben, dafür, dass wir das Sterben und das Morden in der Zukunft verhindern. Ich werde nicht zulassen, dass er und Satoru umsonst gestorben sind. Das ist keine Option. Vergebene Opfer sind keine Option." Cadis zog irritiert die Augenbrauen in die Höhe, doch Izumi und Fuji nickten mir zustimmend zu.
Sukuna stand nach wie vor mit dem Rücken zu uns und hatte uns stumm zugehört. „Du hast Recht, Fuji." Fujis Kopf ruckte überrascht zurück zu seinem Freund. „Ich hab eine Zeit lang gedacht, ich könne vor dem, was in mir lebt davonlaufen oder es wiedergut machen, indem ich die beste Version meiner selbst bin, die ich sein kann. Dass ich so für die Sünden eines anderen einstehen kann, wenn ich es nur wirklich will. Und es damit verschwinden würde. Aber dem ist nicht so." Sukuna hob die Faust, grelle Flammen schossen aus ihr heraus und hüllten sie vollständig ein. Und als er den Kopf drehte und uns entschlossen über die Schulter ansah, erhellte das rote Inferno in seinen Augen die dunklen Male auf seiner Haut. „Es wird Zeit, Feuer mit Feuer zu bekämpfen." Sein Blick glitt über Fuji. „Also nein, ich laufe nicht davor weg. Ich laufe darauf zu. Und zwar jetzt."
Cadis' langer Stab traf Sukuna an der Brust und hielt ihn davon ab, weiterzugehen. „Dein Enthusiasmus in allen Ehren, mein feuriger Freund. Aber mal davon abgesehen, dass du nicht weißt, wo er ist ... sehen wir den Tatsachen ins Auge. Nur für eine Minute. Du bist dem Fluchkönig nur ... wie lange nochmal ebenbürtig? Fünf Minuten und ein paar Zerquetschte? Danach würde er dich zusammenfalten wie ein Blatt Papier und von deiner Seele nicht mal mehr Fetzen übrigbleiben." Genau das war geschehen. Sukuna hatte auf dem Schlachtfeld den Kampf gegen sich selbst verloren und damit auch gegen den Fluchkönig, der nur darauf gewartet hatte, dass Sukuna nachgeben musste. Das das Dunkle ihn ihm ihn dazu zwingen würde, bevor er sich selbst darin verlor. Das war der Knackpunkt in diesem ganzen Schlamassel. So wie Akara es gesagt hatte. Das Sukuna den Teil des Fluchkönigs in sich nicht unter Kontrolle hatte. Sondern er immer noch ihn.
„Wenn du den König schlagen willst, und ich sage das hier mit aller Hoffnung, die ich dafür aufbringen kann, dann nur, wenn du ihn zuerst in dir selbst besiegst." Cadis tippte mit seinem Stab auf Sukunas Brust, dicht gefolgt von einem leichten Klopfen gegen das schwarze Mal, dass seine Stirn zierte. „Das ist der erste Schritt in Richtung Erfolg. Alles, was ihr vorher gemacht habt, war lediglich die Vorbereitung auf das, was kommt, die Vorbereitung auf diesen ersten Schritt. Wenn der geschafft ist, dann sind wir weitaus besser aufgestellt als jetzt in diesem Moment." Sukuna packte Cadis' Stab und nahm ihn aus seinem Gesicht. „Woher weißt du das alles, Cadis?" der Nekromant lächelte ein trauriges Lächeln.
„Ich war eine lange Zeit Kenjakus Schüler und er der Mittelpunkt meiner Welt, bis er sie zum Wanken gebracht hat. Alles was ich weiß, weiß ich dank ihm und ich bin dank ihm der, der hier heute vor euch steht."
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Ich habs heute doch tatsächlich mal geschafft, vor 00:00 Uhr hochzuladen xD
Ich hoffe, es hat euch gefallen! Lasst es mich gern durch einen Vote oder ein Kommentar wissen!
Eure Erin xx
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Ancient Love (Sukuna X MC)/FanFiction
Fanfiction18+ Holt die Vergangenheit dich ein? Oder kommst du ihr zuvor? Elea war schon immer eine Weltenbummlerin. Nie hatte sie etwas lange an einem Ort gehalten. Immer hatte es sie weitergezogen, von Land zu Land, von Stadt zu Stadt. Bis ihr Weg sie schli...