Das frühe Abendessen, Akara musste heute eher los, verlief mehr oder weniger schweigsam. Da Izumi mit dabei war, sagte ich nicht viel und hielt mich bedeckt. Sicher, Sukuna schien ihn nach seiner Erzählung sehr zu schätzen. Aber ich konnte nicht über meinen Schatten springen. Immer, wenn ich Izumi ansah, spürte ich wieder diese blanke Angst, als er mich dem Händler übergeben und mich dort zwischen den Sklaven zurückgelassen hatte. Zwischen Dreck und Tod. Immer wieder zogen die Bilder der jungen Frau vor meinem inneren Auge vorbei, wie sie tot von dem Podest in den Dreck fiel und ihre von der Peitsche blutig geschlagene Leiche dann von den vernarbten Jungen wie Müll auf Geheiß ihres Herren hin entsorgt wurde. Das mich sein Gesicht immer wieder an diese Misere erinnerte hatte mir das Training in den letzten Wochen nicht leichter gemacht. Es knackte, als die Essstäbchen unter meinem festen Griff zerbrachen und sich der Reis auf dem Tisch verteilte.
„Izumis Übungen scheinen sehr gut zu laufen! Jetzt kann Elea schon zwei Stäbchen auf einmal kaputtmachen!" Muri kicherte laut und sammelte meine kaputten Stäbe ein. „Die behalte ich. Daraus kann ich Masten für meine Holzboote bauen. Du hilfst mir doch später, nicht wahr, Izumi? Du hast es mir versprochen. Wenn du jetzt dann sowieso bald wieder wegmusst, um die Bezahlungen einzusammeln." Der Junge deutete über den Tisch hinweg mit den kaputten Stäbchen auf den Jujuzisten, der sich nickend Hühnchen in den Mund schob. „Versprochen ist versprochen." „Hurra!" Muri reckte beide Hände in die Luft und grinste breit. „Machst du auch mit, Elea? Du hast sicher noch nie so ein gutes Boot gesehen, wie das von Izumi. Er ist wirklich gut darin und wenn es dunkel wird, stellen wir immer Kerzen auf die Boote und lassen sie auf dem See schwimmen."
Der ganze Tisch sah mich auf Muris Frage hin an, unangenehme Stille breitete sich aus. Akara war mit einem Mal sehr damit beschäftigt, das Gemüse in ihrem Teller zu sortieren und Yarana entschuldigte sich leise in die Küche, um mehr Wasser zu holen. Ich schob meine halbvolle Schale von mir weg, stand auf und machte am Absatz kehrt. „Ich verzichte." Auf dem Gang versuchte ich, mein rasendes Herz zu beruhigen und die Bilder vom Markt und aus dem Bordell aus meinem Geist zu vertreiben. Wäre Izumi nicht gewesen müsste ich mich mit diesen Bildern gar nicht erst herumschlagen! „Warum macht sie denn nicht mit?" hörte ich Muri verwundert fragen. „Mag Elea mich nicht mehr?" ich hörte Sukuna sich räuspern, doch es war Izumi, der das Wort ergriff. „Das hat nichts mit dir zu tun, mein kleiner Freund. Sie mag mich nicht." Ich hörte, wie Muri von seinem Sitzkissen aufstand und anscheinend um den Tisch herumlief. „Aber du bist doch so nett. Ich mag dich, Izumi." Mit Tränen in den Augen flüchtete ich auf mein Zimmer, schloss die Türe hinter mir ab und verließ es nicht mehr. Auch nicht, als Sukuna eine halbe Stunde später klopfte und durch die Türe fragte, ob es mir gut ging, antwortete ich nicht und hörte leise weinend dabei zu, wie er, als keine Antwort kam, wieder ging.
Mitten in der Nacht wurde ich mit einem Mal wieder wach von einem Schrei. Aber er klang unterdrückt und dennoch konnte ich Schmerz darin hören. Leise schlug ich die Decke zurück und stand auf. Als ich auf den Gang trat, war ich fest davon überzeugt, wieder wie all die Male davor nichts Weiteres zu hören. Gerade, als ich wieder ins Bett wollte, hörte ich ein Keuchen auf dem Gang. Schnell schlüpfte ich in einen der Kimonos und huschte barfuß den Gang entlang, den Geräuschen hinterher. Draußen gewitterte es, immer wieder erhellten Blitze das Innere des Hauses und halfen mir, mich zurechtzufinden. In der Eile hatte ich nicht daran gedacht, eine Kerze anzuzünden und irrte jetzt durch das dunkle Haus. Das waren diese Momente, in denen ich Strom und Glühbirnen schmerzlich vermisste. Ein krachender Donner ließ mich zusammenzucken, ich hatte das Gefühl, der Boden würde unter der Wucht des Naturschauspieles vibrieren. Je weiter ich kam, umso stärker wurde diese furchteinflößende Präsenz. Der nächste Blitz erhellte eine gekrümmte Gestalt vor mir im Gang, die sich am Treppengeländer festklammerte. Zwei gleißend rote Augen trafen mich durch den Gang hindurch und nagelten mich förmlich an der Wand hinter mir fest. Angst, unbändige Angst fraß sich in mein Bewusstsein, ich wagte es nicht, noch einen Schritt weiterzumachen und hielt den Atem an. Erneut rumpelte es am Himmel, der Regen peitschte gegen die Wände. Wieder blitzte es, der Gang wurde mit einem Schlag taghell und erhellte Sukunas schmerzverzerrtes Gesicht. Sein hübsches Gesicht war eine einzige Maske des Schmerzes, ich hörte, wie er rasselnd Luft holte.
„E ... lea." Seine Stimme ging im krachenden Donner unter, ich hatte das Gefühl, die Scheiben würden gleich in den Rahmen bersten. Irgendwie schaffte ich es, mich aus meiner Starre zu befreien und eilte zu ihm hinüber. „Sukuna! Was ist passiert?" als ich sein Gesicht in meine Hände nahm, war seine Haut ganz heiß. „Du hast Fieber." Besorgt strich ich ihm das verschwitzte Haar aus der Stirn. Seine Augen, die sonst immer nur einen unnatürlichen Schimmer gehabt hatten, leuchteten wie zwei rote Sterne in der Dunkelheit. „Ich ..." er schluckte und hustete dann. „Ich habs nicht rechtzeitig weggeschafft. Von hier." Ich sah den inneren Konflikt in seinen Augen, immer wieder wurde sein Blick unscharf und fokussierte sich dann wieder, fast so, als wäre er high. „Was? Warum musst du raus?" verwirrt sah ich ihn an, doch er schüttelte bloß den Kopf. „Du solltest ... nicht hier ... sein." Ich kniff die Augen zusammen und legte seinen Arm um meine Schultern. „Ich hab zwar keine Ahnung, was hier abgeht. Aber für Erklärungen ist später Zeit. Du musst weg? Dann gehen wir weg." Treppenstufe für Treppenstufe arbeiteten wir uns nach unten, immer wieder krümmte sich der Jujuzist und biss sich selbst den Handrücken blutig, um nicht laut zu schreien, immer wieder wurde sein Blick leer und füllte sich dann wieder mit Schmerz und Pain.
Kaum, dass wir das Haus verlassen hatten, löste sich Sukuna von mir und plumpste kraftlos in den Schlamm, immer wieder schüttelte es ihn, als er sich mühsam auf die Knie kämpfte. Kalter Regen durchnässte uns binnen Sekunden bis auf die Knochen, als ich ihm auf die Füße half und wir weiter durch das Gewitter stolperten. Die Donnerschläge waren außerhalb des Hauses so laut, dass Sukuna seinen Schmerzensschreien immer, wenn es donnerte einfach freien Lauf ließ. Jedes Mal zerriss es mir das Herz, wenn ich ihn schreien hörte und je weiter wir kamen, umso unmenschlicher klangen sie. Wir hatten den Kaiserberg über ein unbewachtes Seitentor verlassen und stolperten jetzt auf die Stadt zu. Heiß mischte sich der Regen auf meinen Wangen mit meinen Tränen. Wieder donnerte es, Sukunas Hand auf meiner Schulter krampfte sich zusammen, als er erschöpft auf den Boden sank und sich nicht mehr rührte. „Sukuna!" schnell ging ich neben ihm in die Knie, seine Augenlider flatterten, das rote Licht schimmerte durch sie hindurch. „Bitte steh auf. Ich ... ich weiß nicht, was ich tun soll!" mit einem Mal packte er mein Handgelenk. „Ich ... kann es nicht mehr lange aufhalten, Elea." Der Donner machte es schwer, sein Flüstern zu verstehen. Wieder schrie er, seine Hand verkrampfte an meinem Handgelenk, ich konnte spüren, wie meine Knochen unter der schieren Gewalt ächzten. „Lauf zum Wasserfall ... der ... im Park. Du erinnerst dich?" weinend nickte ich. „Ich erinner mich. Aber du redest wirres Zeug. Das ist das Fieber. Ich werde jetzt Hilfe holen, ja? Bleib einfach hier, ich bin gleich wieder da. Yarana weiß sicher ..." Sukunas Griff wurde wieder fester. „Nein ... Elea ... der Wasserfall ..."
Es war, als hätte man Sukuna mit einem Knopfdruck ausgeschalten. Seine Hand fiel lose von meinem Handgelenk in den Schlamm, als er das Bewusstsein verlor. Hastig rappelte ich mich auf die Füße, ging einige Schritte und sah mich um, doch niemand war mitten in der Nacht bei einem starken Gewitter unterwegs. In meinem Rücken hörte ich etwas huschen. Und als ich mich umdrehte, war Sukuna verschwunden. Meine Nackenhärchen stellten sich auf. Erneut drehte ich mich um, Tränen der Angst liefen mir ungehindert über das Gesicht. Der nächste Blitz erhellte Sukunas grinsendes Gesicht, schwarze Male zierten seine Haut, das Rot seiner Augen funkelte unheilvoll. Mit einem Ratschen riss er sich das nasse Hemd vom Körper und ich sah, dass auch seine Brust, sein Bauch und seine Schultern mit diesen Zeichen bedeckt waren.
„Du solltest laufen, kleines Vögelchen. Wenn ich die kriege, ist es aus."
Seine Finger schlangen sich, wie heute Nachmittag um mein Kinn, seine jetzt langen schwarzen Nägel bohrten sich in meine Haut. „Ich gebe dir sogar Vorsprung, wie klingt das?"
„Drei."
„Zwei.
„Eins."
„Lauf!"
-------------------
Spürt ihr die Spannung? Ich spüre sie definitiv!
Eure Erin xx
DU LIEST GERADE
Ancient Love (Sukuna X MC)/FanFiction
Fanfiction18+ Holt die Vergangenheit dich ein? Oder kommst du ihr zuvor? Elea war schon immer eine Weltenbummlerin. Nie hatte sie etwas lange an einem Ort gehalten. Immer hatte es sie weitergezogen, von Land zu Land, von Stadt zu Stadt. Bis ihr Weg sie schli...