Kapitel 32

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„Elea ... bitte, bitte hör mir zu." Sukunas verzweifelter Ton brannte sich in mein Gedächtnis, seine Augen sprachen von Hilflosigkeit und sengender Wut. Immer wieder huschte mein Blick zu seiner ausgestreckten Hand. Doch ich konnte es nicht. Ich konnte nicht zu ihm gehen. Immer, wenn ich in sein Gesicht sah, sah ich nicht nur ihn, sondern auch Suka. Sein selbstgefälliges Grinsen. Noch immer hatte ich seinen Geschmack im Mund, ich ekelte mich vor mir selbst, schämte mich dafür, dass es mir gefallen hatte, was er mit mir getan hatte. Immer mehr Tränen liefen mir über das Gesicht, mein leises Schluchzen war das einzige Geräusch, dass zu hören war. „Ich ..." Sukuna suchte offenbar nach den richtigen Worten. „Ich hätte nie gedacht, dass er zurückkommen würde, nachdem Fujis Vater ihn verbannt hatte. Darum haben wir ihn alle aus unseren Erzählungen verbannt, aus der Vergangenheit gelöscht in der Hoffnung, ihn so vergessen zu können." Erneut machte Sukuna einen Schritt auf mich zu, wich allerdings gleich wieder zurück, als mein Wimmern lauter und die Angst in meinen Augen größer wurde.

„Elea. Bitte. Ich bins. Sukuna. Ich würde dir ... ich würde dir doch nie weh tun. Bitte ..." doch ich rührte mich nicht, schaffte es nicht, auch nur ein Wort über meine Lippen zu bringen, mein Wimmern wurde leiser. Das schien Sukuna als Signal zu sehen, sich nähern zu können. Sofort vergrub ich meinen Kopf in meinen Armen, sah wieder Sukas lachendes Gesicht vor mir, weinend kauerte ich mich im Wasser zusammen und wand mich von Sukuna ab. „Lass sie, mein Junge." Yaranas Stimme drang durch meine hysterischen Schluchzer an meine Ohren. „Das war zu viel für sie. Gib ihr Zeit, ich kümmer mich um sie. Jetzt geh. Du kannst es gerade nur schlimmer machen."

„Ich ... ich würde ihr nie absichtlich weh tun." da war so viel Schmerz in Sukunas Stimme, so unsäglich viel Schmerz und die Hoffnung, ich würde doch noch anders auf ihn reagieren als mit Angst und blanker Panik. "Ich weiß, mein Junge." Als ich nicht reagierte, hörte ich das Wasser rauschen, kurz darauf Schritte, die sich entfernten. Erneut rauschte das Wasser, warme Arme umschlangen meinen manisch zitternden Körper. Yarana war in ihrem Nachthemd ins Becken gekommen und war zu mir herübergewatet. „Oh, Herzchen. Ich weiß genau, wie du dich fühlst. Ich habe mich nach so etwas auch lange nicht sauber gefühlt." Sanft nahm sie mein Gesicht in ihre Hände, ihre Daumen wischten mir die Tränen von den Wangen, auch in den Augen der alten Frau sah ich Tränen schimmern. Besorgt sah sie sich die blutigen Kratzer auf meinem Körper und in meinem Gesicht an, die ich mir selbst zugefügt hatte. „Wollen wir es abwaschen? Überall?" schwerfällig nickte ich und ließ mich nach einer Weile von Yarana in eines der Becken führen, dessen Wasser nicht mit meinem Blut gemischt war. Sie holte einen Lappen, ein neues Duftöl, dass mich an Rosen erinnerte und wusch mir den Körper ab. Ergeben ließ ich es über mich ergehen, stumm tropften meine Tränen in das warme Wasser unter mir.

„Ist schon in Ordnung, Herzchen. Es wird vergehen, mit der Zeit." Es kostete mich viel Kraft, den Kopf zu schütteln. „Ich ... dass wird es nicht ... ich werde mich nie wieder wie ... wie ich selbst fühlen." Meine Stimme war ganz rau von dem vielen Weinen und Schreien. Yarana führte mich aus dem Becken, hüllte mich in eine dicke Decke und versorgte die Kratzer an meinen Armen und in meinem Gesicht. „Manchmal, wenn man von Dunkelheit umgeben ist, ist man felsenfest davon überzeugt, kein Licht sehen zu können. Und man irrt in der Dunkelheit umher, getrieben von Angst und Wut, von Hilflosigkeit." Die Kräuterpaste, die Yarana auf meinen Arm auftrug, brannte. „Doch dann, irgendwann, stellt man fest, dass noch jemand durch ein- und dieselbe Dunkelheit irrt, wie man selbst." Ein warmes Lächeln erhellte das Gesicht der alten Frau, als sie den Verband um meinen Arm wickelte. „Und dass dieser jemand eine leuchtende Kerze dabeihat, mit der er sich seinen Weg durch das Dunkel sucht. Die Kerze bedeutet, dass derjenige es geschafft hat, einen Weg zu finden, mit der Dunkelheit zurechtzukommen." Yarana nahm meine Hände in ihre, warm war das Lächeln auf ihren Lippen. „Ich wünschte, ich könnte dir sagen, dass es einen Weg aus der Dunkelheit gibt, Elea. Das man sie und den damit verbundenen Schmerz hinter sich lassen kann." Kopfschüttelnd drückte Yarana meine Hände. „Doch das kann man nicht. Wenn man einmal ins Dunkel gestolpert ist, wird es einen für den Rest des Lebens begleiten. Es wird leichter werden, sich mit der Dunkelheit auseinanderzusetzen und es wird Phasen geben, in denen das Licht der Kerze so hell strahlt, dass man meinen könnte, es gäbe die Dunkelheit nicht mehr. Aber wo Licht ist, ist Dunkelheit, Herzchen und wo Dunkelheit ist, ist auch Licht. Keines von beidem kann ohne das andere existieren."

Sanft zog sie die Decke enger um meine Schultern, mittlerweile war ich zu erschöpft, um weiter weinen zu können. „Ich weiß, dass du stark genug bist, dass zu überstehen und deinen Weg in der Dunkelheit zu finden, Elea. Hmm?" Yarana nahm mich erneut in den Arm und drückte mich fest an sich. „Gib dir selbst alle Zeit, die du brauchst und lass dich nicht drängen. Wann und wie schnell du deinen Weg findest, ist ganz allein dir überlassen, Herzchen."

Und so kam es. Ich nahm mir meine Zeit, über ein Monat zog ins Land. Yarana hatte mich noch in jener Nacht zu Akara gebracht, die mit großen Augen Yaranas Erzählung gelauscht hatte. Wie sich mit den Tagen herausstellte, hatte Akara Suka nie persönlich kennengelernt. Aber sie hatte die Geschichten gehört und war eingeweiht gewesen. Genau wie Izumi, der einige Tage nach Sukas Auftauchen von seiner Tour zurückkehrte. Auch er hatte um Suka gewusst, was mich jetzt im Nachhinein nicht wunderte. Wenn er mit Sukuna in dieser Villa groß geworden war, dann war er es natürlich auch mit Suka. Izumi hatte mir einen Brief von Hita und den anderen mitgebracht, doch ich hatte ihn nicht haben wollen, als Akara ihn mir gebracht hatte. Also hatte Izumi ihn wieder mitgenommen, um ihn zu verwahren. Jeden Tag stand Sukuna vor der Türe und jeden Tag schickte Akara ihn wieder weg. Doch er gab nicht auf, einen Monat lang ließ er sich von Akara an der Haustüre abwimmeln, ohne sich zu beklagen. Eines Tages brachte er sogar Sturm und Wolke vorbei, die ab da nicht mehr von meiner Seite wichen und jede Nacht mit mir im Bett schliefen. Ich verließ Akaras kleines Gästezimmer kaum, nur, um zu essen oder mich dürftig frisch zu machen. Nachts jagte mich Suka durch meine Träume, aus denen ich oft weinend und schreiend wieder aufwachte. Danach konnte ich bis in die frühen Morgenstunden nicht mehr einschlafen und wenn ich es tat, dann aus Erschöpfung. Doch für diese Erschöpfung war ich jedes Mal aufs Neue dankbar. Den am Rande des Schlafmangels hatte ich zumindest keine Alpträume mehr und schaffte es, wenigstens ein paar Stunden Schlaf zu bekommen.

Eines Morgens, Akara hatte Sukuna sicher vor einer guten Stunde wieder weggeschickt, klopfte es erneut an der Türe, ich hörte Akara die Türe öffnen und überrascht nach Luft japsen. „Ich hätte sie alle ja gern zuhause gelassen, aber das wurde mir verwehrt. Ihr seid doch wenigstens so artig und wartet vor der Türe, richtig?" ich hörte einige Männer im Chor „Ja!" rufen, daraufhin eiliges Gewusel, eine einzelne Person betrat Akaras kleines Haus. Und ich erkannte die Stimme sofort, in der Mitgefühl und Hilfsbereitschaft mitschwang.

„Nun, wo ist mein kleines Täubchen?"

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Soooo, Kapitel 32 :D

Ist alles etwas drunter und drüber gegangen, was? Wenn das keine emotionale Achterbahnfahrt war, dann weiß ich auch nicht :D

Eure Erin xx

Ancient Love (Sukuna X MC)/FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt