Kapitel 67

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Nachdem Shoko Izumi Bettruhe verordnet hatte, hatte Satoru uns unsere Zimmer für die Nacht gezeigt. Izumi hatte darauf bestanden, in meiner Nähe zu sein und so kam es, dass es eine Verbindungstüre zwischen unseren Zimmern gab, die er auch sofort öffnete und sich beide Zimmer ansah. Sie waren schlicht eingerichtet und beherbergten das Nötigste und ich freute mich jetzt schon auf die warme Dusche, als ich in das kleine Bad blickte. „Elea. Hier, schau mal." Izumi kam aus dem anderen Zimmer herüber und hielt einen Rucksack in der Hand. Meinen Rucksack. „Ist nicht wahr!" kichernd nahm ich ihn ihm ab und packte ihn aus. Alles, was ich an jenem Tag bei mir gehabt hatte, war sauber darin verstaut worden. Mein Handyakku war immer noch leer, also schloss ich es schnell am Kabel an. Mit einem Mal rumpelte es und Izumi schob durch die Verbindungstür auch meinen Koffer herüber. „Meine ganzen Sachen!" schnell wuchtete ich den Koffer auf den Tisch und öffnete ihn. Fein säuberlich sortiert und gefaltet lagen darin meine Klamotten, meine Bücher und mein Kulturtäschchen. „Ich dachte schon ich würde das alles nie wieder sehen." mit Tränen in den Augen zog mein Reisebuch aus dem Koffer. Etwas Staub rieselte aus den Seiten, als ich es aufschlug und mich damit auf das Bett setzte.

In diesem Buch hatte ich alle meine Reisen dokumentiert. Kurz gesagt, mein ganzes Leben. Izumi schien den Stimmungswechsel zu bemerken und setzte sich kurzerhand neben mich auf das Bett. „Was ist das?" neugierig sah er über meine Schulter. „Hab ich schon mal erzählt, dass ich viel gereist bin, bevor ich zu euch gekommen bin?" er schüttelte den Kopf. „Du hast kaum was über dich erzählt und jetzt, wo ich weiß, wo du her bist, kann ich das auch verstehen." Vorsichtig schlug ich die erste Seite auf. „Hier war ich in Ägypten und habe mir die Pyramiden angesehen." Erklärte ich und deutete auf das Foto, dass mich mit Sonnenhut und Sonnenbrille vor den Pyramiden von Gizeh zeigte. „Oh! Wie bist du da auf die Seite gekommen?" Izumi nahm mir das Buch ab und strich fasziniert über das Foto. „Wie geht das?" lachend löste ich das Foto aus den Fotoecken und reichte es ihm. Er betrachtete es von allen Seiten und packte es dann ganz behutsam wieder in die Fotoecken. „Das ist ein Foto. Wir machen Fotos, wenn wir einen Moment so schön finden, dass wir ihn verewigen wollen. Um ihn uns immer ansehen zu können." Schniefend wischte ich mir eine Träne von der Wange. „Erinnerungen können schwächer werden, die Bilder im Kopf unschärfer. Aber ein Foto, dass hat man für immer und es verschwindet nicht von selbst so wie Erinnerungen es können." Izumi dachte eine Weile nach und betrachtete die Fotos aus Ägypten. Ich auf einem Kamel, ich in Kairo und am Meer. Wir blätterten weiter und so hatte Izumi die Möglichkeit, eine kleine Weltreise zu machen. Fasziniert blätterte er durch mein Buch. Brasilien, Amerika, Russland, Irland, Australien. Besonders gefielen ihm die Koalabären, die ich in Australien fotografiert hatte oder die Elefanten, die ich in Indien hatte streicheln dürfen.

Am Ende des Buches angekommen schlug er die Seite auf, auf der ich Fotos von mir und meiner Oma eingeklebt hatte. „Das ist meine Oma. Sie ist vor ein paar Jahren gestorben und ab da habe ich mit dem Reisen angefangen." Izumi lächelte. „Du hast ihre Augen. Oder jetzt Auge." Er kicherte und tippte auf das Foto, dass mich als kleines Kind zeigte. „Du?" ich nickte. „Da war ich vier Jahre alt. Ich bin bei meiner Oma großgeworden. Meine Mutter ist bei meiner Geburt gestorben und mein Vater wollte danach nichts mit mir zu tun haben und ist abgehauen." „Das tut mir leid." Izumi legte mir einen Arm um die Schultern und für eine Weile saßen wir in einvernehmlicher Stille in dem kleinen Zimmer. „Du hast gesagt, Fotos macht man dann, wenn man einen Moment festhalten will." Sagte er schließlich und sah mich an. „Ich möchte auch ein Foto machen. Zeigst du mir, wie das geht?" lächelnd nickte ich, löste mein Handy vom Ladekabel und schaltete es ein. „Das ist ein Fotomacher?" er nahm es mir ab und sah gebannt dabei zu, wie sich der Startbildschirm öffnete. „Wie Zauberei." „Das ist ein Handy. Damit kann man viel tun. Fotos machen oder auch mit Leuten reden, die gar nicht da sind." Izumi schüttelte lachend den Kopf. „Wie soll das denn gehen?" aber mit einem Mal änderte sich sein Gesichtsausdruck und er betrachtete mein Handy mit neuen Augen. „Dann ..." er schluckte. „Könnte ich dann mit meiner Mutter reden?" fragte er leise und tippte auf dem Display herum, bis ich es ihm abnahm und den Kopf schüttelte. „Leider nein. So leicht ist es dann auch wieder nicht." Sagte ich und sah dabei zu, wie Trauer über sein Gesicht huschte. Ich wusste, dass es ihn quälte nicht zu wissen, was aus seiner Mutter geworden war und ich wünschte, ich könnte ihm helfen. Doch das konnte ich nicht. Konnte niemand. „Hier. So macht man ein Foto." Ich öffnete die Fotoapp und machte ein Foto vom Boden, um es ihm zu zeigen. „Wie ist es da reingekommen?" Lachend zuckte ich mit den Schultern. „Das ist so kompliziert, dass ich das selbst nicht wirklich weiß. Aber das ist auch nichts, was man wissen muss. Wie das technisch abläuft." Ich gab ihm das Handy zurück. „Was willst du denn fotografieren?"

„Uns." Sagte er wie aus der Pistole geschossen. „Ich finde, dass das ein schöner Moment ist gerade, an den ich mich erinnern will. Später mal. Das wir beide überlebt haben." Er legte den Kopf schief und schenkte mir ein weiches Lächeln. „Findest du nicht?" nickend stellte ich die Kamera richtig ein. „Da hast du recht. Das hier gerade ist definitiv ein erinnerungswürdiger Moment." Izumi zog mich an sich heran, hob das Handy und machte ein Foto und als ich die Galerie öffnete, strahlte mich das Bild an, auf dem wir beide in die Kamera lächelten. Ich steckte das Handy an meinem mobilen Fotodrucker an und gab das ausgedruckte Foto Izumi, der es sich begeistert ansah. „Wollen wir es in das Buch kleben?" Izumis Augen strahlten, als er die Fotoecken in das Buch klebte und vorsichtig unser Bild hineinsteckte. Er nahm mir den Stift ab und schrieb in seiner geschwungenen Schrift unsere Namen darunter. Es war ein schöner Einschnitt. Das restliche Buch war auf Deutsch verfasst worden und das diese Seite von Grund auf Japanisch war, machte sie besonders und einzigartig.

Ich liebte alles daran.

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Ein weiteres Kapitel für meine treuen Leser da draußen!

Eure Erin xx

Ancient Love (Sukuna X MC)/FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt