Das laute Krachen war verstummt, als ich auf den Gang trat. „Du weißt ja, wo du ihn findest." Yarana hatte sich wieder einigermaßen gefasst und drückte sanft meine Schulter, bevor sie in Richtung Treppe verschwand und mich allein ließ. Ich atmete einmal tief durch und machte mich auf den Weg zu Sukunas Arbeitszimmer. Das war alles schrecklich viel Input gewesen, erklärte aber auch viel, was Sukuna anging. Er hielt sich für einen schlechten Menschen und tat gerade darum alles, um sich selbst das Gegenteil zu beweisen. Warum nur glaubte er dann nicht an sich? Ohne zu zögern klopfte ich an der Türe, doch nichts rührte sich. Also öffnete ich sie, nur um dahinter ein, zugegebenermaßen erwartetes, Chaos vorzufinden. Kein Möbelstück war noch ganz, die Wand war durchlöchert, ich konnte die Fluchkraft spüren, die hier in dem Raum gewütet hatte. Ein kleiner Glutherd glühte an der Stelle, an der die Stühle gestanden hatten, es roch nach Rauch. Sukuna saß auf dem kleinen Sofa am Fenster, dass wie durch ein Wunder nur ein paar Rußflecken auf den Polstern davongetragen hatte. Er hielt eine lange Stabpfeife in der Hand, sein weißer Kimono war fleckig und saß zu locker, seine Haare waren wirr und stumpf.
„Sukuna?" meine leise Frage klang in dem verwüsteten Raum unglaublich laut. Doch Sukuna sah mich nicht an, sondern blickte weiter aus dem Fenster und zog an der Pfeife. „Geh." Mehr sagte er nicht, der Rauch der Pfeife quoll aus seiner Nase, als er ausamtete. Als ich mich auf seine Bitte hin nicht rührte, sah er mich endlich an. Seinem Gesichtsausdruck nach hatte er seit gestern nicht mehr geschlafen, das Rot seiner Augen war hohl und schimmerte kaum noch. Ich machte einen Schritt auf ihn zu, wurde aber gleich von ihm aufgehalten, als er die Hand hob. „Komm nicht näher, Elea. Bitte." Also blieb ich stehen, verschränkte die Arme hinter meinem Rücken und sah mich in dem Zimmer um. „Erzählst du mir, was passiert ist?" Sukuna lachte hohl und zog erneut an der Pfeife. „Hat das Yarana nicht schon?" seine Stimme war schrecklich distanziert und kühl. „Hat sie dir nicht erzählt, was ich bin?" purer Selbsthass tropfte von seinen Lippen, die Finger, mit denen er die Pfeife hielt, zitterten. „Was bist du denn?" gestresst raufte er sich mit seiner freien Hand die Haare und zog schließlich an ihnen. „Das weißt du." Er war leiser geworden, sein Blick wanderte wieder zum Fenster.
„Hmm. Mal überlegen. Du bist ein guter Jujuzist." Ich hob einen Finger. „Du bist ein guter Ziehvater für Muri." Ich hob einen zweiten Finger. „Du bist schlecht im Tee kochen. Dabei ist das nicht schwer, aber du schaffst es trotzdem, dass zu vermasseln." Ein dritter Finger folgte, gefolgt von einem kleinen Lachen meinerseits, Sukunas Mundwinkel zuckten. Gut so, weiter Elea! Ich ging einen kleinen Schritt auf ihn zu und sah schnell weg, als er den Kopf hob. „Du bist ein guter Freund für Izumi." Ich hob einen vierten Finger und sah ihn wieder an, als er sich erneut dem Fenster zuwand und an der Pfeife zog. „Du bist gütig und großherzig. Du bist hilfsbereit und umsichtig, aufgeschlossen und einfühlsam." Mittlerweile hielt ich alle zehn Finger in die Luft. „Mir gehen jetzt langsam die Finger aus. Aber was ich damit sagen will, ist, dass ich weiß, dass du nie andere absichtlich verletzen würdest." Eine kleine Pause folgte. „Auch mich nicht."
So schnell, wie Sukuna aufstand, hatte ich in meinem Leben noch niemanden aufstehen sehen. „Nein, Elea. Nein. Verzeih mir nicht. Bitte, tu das nicht." Schon fast flehend sah er mich an. „Bitte ... nicht. Das verdien ich nicht." Flüsterte er, er wirkte mit einem Mal noch ausgelaugter als davor. „Warum nicht? Weil das besser in dein Selbstbild passt? Weil du dir dann besser einreden kannst, ein herzloses Monster zu sein, dass keine Vergebung und keine Liebe verdient?" das Rot seiner Augen flackerte kurz auf, mit zwei schnellen Schritten war er bei mir und sah auf mich herab.
„Du verstehst das nicht."
„Dann hilf mir, es zu verstehen."
Sukuna studierte mein Gesicht haargenau, suchte nach einer Regung, die er so interpretieren konnte, dass es wieder in sein Selbstbild passte. Aber er fand keine. „Da unten, unter uns, sind vier Leute, die dich lieben, Sukuna." Ich deutete auf den Boden. „Gut, technisch gesehen nur drei, Muri ist nicht da. Aber das ist für meinen Standpunkt gerade irrelevant." Für einen Moment sah ich Schalk in seinen Augen glitzern, doch das verschwand schnell wieder, als er die lange Narbe an meinem Nacken sah. Yarana hatte mich darauf hingewiesen. Sie war nicht schön, aber sie störte mich auch nicht. Die Narbe war eben da. „Nein, Elea, nein. Versuch es gar nicht erst. Ich weiß, was ich getan habe." Sein Finger strich über das Narbengewebe.
„Immerhin saß ich in der ersten Reihe und habe zusehen müssen. Es gibt kein schlimmeres Gefühl, als dazu gezwungen zu werden zuzusehen, wie man selbst schlimme Dinge tut und man nichts dagegen tun kann. Das wünsche ich keinem."
Bitterkeit mischte sich in seine Stimme, schuldbewusst schloss er die Augen und fuhr sich gestresst durch die Haare. „Ich ..." noch bevor er sich weiter selbst runterputzen konnte, hatte ich ihn am Kragen zu mir heruntergezogen und meine Lippen auf seine gelegt. Fast augenblicklich schlangen sich seine Arme um meine Hüften, mit einem Ruck zog er mich dichter an sich, ohne den Kuss zu unterbrechen. Warm strich seine Zunge über meine, ich meinte spüren zu können, wie eine große Last von seinen Schultern fiel, als ich meine Arme hinter seinem Hals verschränkte und mich ganz in seine Arme fallen ließ.
Vorsichtig löste ich meine Lippen von seinen und nahm sein Gesicht in meine Hände. Als Sukuna die Augen öffnete, schimmerte das Rot darin wieder, ich las Überraschung und Freude in ihnen. „Eigentlich wollte ich das schon tun, als Izumi dich gestern im Garten so zugerichtet hat." Hauchte er und drückte einen Kuss auf meinen rasenden Puls am Hals. „Warum hast du es nicht?" seine Lippen strichen erneut über meine, er schloss die Augen. „Ich wollte dich nicht anlügen. Ich wollte immer, dass meine mögliche Partnerin mich kennt, wie ich bin und mich trotz allem akzeptiert. Auch, wenn man sich diesbezüglich manchmal anpassen muss." Sukunas Blick wurde kurz leer und gleich wieder weich, als er mit seinen Fingern über meine Wange strich. „So wie du, Prinzessin. Du weißt, was ich bin und bist trotzdem noch hier." Er legte seine Stirn an meine. „Und ich will, dass du weißt, dass ich nicht in dem Bordell war, um eine der Frauen zu vergewaltigen." „Das weiß ich doch." Seine Bartstoppeln kratzten an meinen Fingerspitzen, als ich die Kontur seines Kiefers nachzeichnete, sein warmer Atem kitzelte meine Wange und bescherte mir Gänsehaut. „Ich liebe dich, Elea. Das hab ich schon, als du mich mit dem Messer in dem Bordell umbringen wolltest." Er zog die Nase kraus und grinste schief. „Erklär mich für verrückt, aber so ist es." Schmunzelnd hob er mich hoch und schmiegte seine Stirn wieder an meine. „Da hatte ich aber Glück, dass es mir nicht geglückt ist." Meine rechte Hand ruhte an seiner Wange, als ich an seiner Unterlippe knabberte.
„Dann hätte ich dir jetzt gar nicht sagen können, dass ich dich auch liebe, Sukuna."
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Na holla. Hat ja jetzt lang genug gedauert xD
Ich bin froh, dass wir an diesem Punkt in der Geschichte angekommen sind :D
Eure Erin xx
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Ancient Love (Sukuna X MC)/FanFiction
Fanfic18+ Holt die Vergangenheit dich ein? Oder kommst du ihr zuvor? Elea war schon immer eine Weltenbummlerin. Nie hatte sie etwas lange an einem Ort gehalten. Immer hatte es sie weitergezogen, von Land zu Land, von Stadt zu Stadt. Bis ihr Weg sie schli...