Kapitel 137

54 10 5
                                    

Obwohl mittlerweile fast 20 Jahre vergangen waren, konnte sich Fuji noch genau an den Weg erinnern, den sein Vater ihn damals entlanggeschleift hatte. Es schien ihm, als könnte er hier unten immer noch seine eigene weinende Stimme hören, seine Verzweiflung, als das Licht in der Ferne immer kleiner wurde und sein Vater ihn unbeirrt in die Dunkelheit zerrte. Noch heute waren im Boden die dünnen Rillen zu sehen, die seine Fingernägel damals dort hinterlassen hatten und die nie ausgebessert worden waren. Und auch, wenn sie ihm den Weg wiesen, so hätte er ihn auch blind gefunden, in totaler Schwärze, beraubt all seiner Sinne. Lange Zeit hatte er es vergessen, hatte alles, was er hier unten erlebt hatte, tief in seinem Verstand eingesperrt und nicht mehr herausgelassen. Und für eine lange Zeit waren all diese Erinnerungen in seinem Kopf still gewesen.

Bis zu dem Tag, an dem sich Sukuna und Izumi im Innenhof der Villa die Schädel einschlugen und Elea hilflos danebenstand.

Und als Fuji den Schmerz und die Angst in Eleas Augen gesehen hatte, war die Türe in seinem Verstand, die er so lange mit aller Kraft verschlossen gehalten hatte, von innen aufgebrochen worden. Wie eine Flutwelle hatten ihn die Erinnerungen getroffen und ihn bis in sein Innerstes erschüttert. In den kommenden Minuten hatte er alles gegeben, sie wieder wegzusperren, hatte sich mit aller Macht gegen all das gestemmt, dass ihn zurückholen wollte. Aber als Elea ihm ihr Herz ausschüttete und ihn eingeweiht hatte in ihre Sorgen, da hatte er gewusst, dass die Zeit des Vergessens vorbei war.

Und dass es an der Zeit war, sein Versprechen einzulösen, dass er ihm vor so langer Zeit gegeben hatte.

---------------

„Wenn ich hier wieder heraus bin, dann werde ich endlich meine Mutter wiedersehen können." Fuji spielte an dem kleinen Stein herum, den er in seiner Zeit hier unten aus der Wand seines Gefängnisses gebrochen hatte. Zumindest glaubte er, dass es ein Stein war. Hier drinnen war es schon seit Ewigkeiten so dunkel, dass er nicht mal mehr wusste, ob er seine Augen offen oder geschlossen hatte. „Liebst du deine Mutter?" die Stimme des Mädchens drang nur dumpf durch die Wand, die sie beide voneinander trennte. Es hatte das erste Mal zu ihm gesprochen, als er sich dazu entschlossen hatte, den Stimmen aus der Dunkelheit recht zu geben und sich dem Wahnsinn hinzugeben. Doch das Mädchen hatte ihn davon abgehalten und seitdem immer dann angefangen, mit ihm zu sprechen, wenn er dem Aufgeben nahe war. „Ich hab sie sehr lieb. Und sie mich auch. Sie ist immer da, wenn ich Angst habe und passt auf mich auf."

Er konnte das kleine Mädchen leise lachen hören. „Das ist die Natur einer Mutter, weißt du, Fujiwara. Sie schützen ihre Kinder und passen auf, damit ihnen nichts Schlimmes zustößt." Fuji nickte, obwohl er wusste, dass ihn das Mädchen gar nicht sehen konnte. „Liebst du deine Mutter?" fragte er zurück und erhielt lange keine Antwort. So lange das er begann, sich Sorgen zu machen, ob er mit dieser Frage eine Grenze überschritten hatte. Doch mit einem Mal sprach das Mädchen wieder. „Ich habe keine Mutter. Aber ich weiß, wie es ist, jemanden so sehr zu lieben, dass man alles für denjenigen tun würde. Und das habe ich getan. Aber das ist schon lange her." Trauer hatte sich in die zarte Stimme geschlichen.

"Ich ... ich werde Vater fragen und dann kannst du mit mir kommen!" Fuji rutschte näher an die Wand heran. „Dann zeig ich dir meinen kleinen Hund und den Garten. Da gibt es ganz viele bunte Vögel. Manche können sogar sprechen." „Ich fürchte, dass das für mich nicht so leicht ist, wie für dich, Fujiwara. Mich, mich hat man mittlerweile vergessen. Es wird niemand kommen, um mich zu holen und auch dein Vater wird es nicht zulassen." Fieberhaft überlegte der junge Kronprinz, wie er seiner neuen Freundin helfen konnte, bis er entschlossen aufstand und seine Hände auf die Wand legte. „Dann werde ich dich holen kommen, sobald ich kann!" wieder wurde es still auf der anderen Seite Mauer. „Hörst du mich? Ich werde dich hier rausholen!" immer wieder schlug er gegen die Wand, bis er spürte, dass ihm Blut über die Finger lief. „Das verspreche ich dir!"

Ancient Love (Sukuna X MC)/FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt