Kapitel 51

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Das Blut in meinen Venen gefror, Eiseskälte kroch durch meine Adern, zu meinem Herzen und ließ es in tausend Scherben zerspringen. Mein Atem setzte aus, meine Sicht wurde unklar, als mich Takerus verhöhnender Blick traf. Yarana hatte Recht gehabt, so Recht gehabt.

Die Zenins hatten die Situation wahrlich für sich genutzt.

Eine Sache war mir im Gedächtnis geblieben. Nichts, außer einer Sache.

Der Moment, in dem Sukuna dem zugestimmt hatte.

Sein Ja klingelte in meinen Ohren, wiederholte sich in Dauerschleife in meinem Kopf, als ich allein den langen Weg zurück zur Villa stolperte. Kaum, dass die Verlobung erneuert worden war, war ich unsanft vor die Türe gesetzt worden. Erst jetzt war mir klar geworden, dass das mit der Mätresse nichts als eine Lüge von Sukuna gewesen war, um mich in Sicherheit zu wiegen, um Sorgen von mir fernzuhalten. Das ich so bei ihm bleiben konnte, ohne Fragen zu stellen. Für immer. Aber das war alles gelogen. Sowas wie Mätressen gab es hier nicht und ich war nichts weiter gewesen als eine Bürgerliche, die im Schutze des Ryomenerben auf Zeit gelebt hatte. Niemals hatte mich wer als seine Mätresse bezeichnet. Alle hatten in mir schlichtweg das gesehen, was ich am Ende war. Sukunas Betthäschen. Ich weiß, er hat es nur gut gemeint. Aber niemand in Kyoto hatte mich respektiert, weil ich angeblich seine Mätresse gewesen war.

Sondern weil sie wussten, was ihnen drohte, wenn sie mir etwas antaten oder wenn sie anfingen, Fragen zu stellen. Sukuna hatte die ganze Stadt hinter meinem Rücken in Angst und Schrecken versetzt, um mich zu schützen. Und damit ich das nicht mitbekam, hatte er mich belogen. Alle hatten das. Akara. Izumi. Yarana. Kiyo.

Auf der einen Seite war ich ... ja, war ich irgendwie erleichtert. Ich war also doch nicht nur ein schönes Sexobjekt für sie alle gewesen, dem man einen eleganten Namen gegeben hatte, um es in eine Kategorie in ihrem edlen System einzuordnen. Und zur Not auch untereinander auszutauschen. Sondern nur eine Bürgerliche, die gern die Beine breitmachte für reiche und einflussreiche Männer. Ob das jetzt für meine Würde so viel besser war, wagte ich zu bezweifeln. Dennoch war es näher an der Wahrheit dran als das mit der Mätresse. Und das reichte mir erstmal. Schließlich war ich doch genau das.

Eine Bürgerliche.

Auf der anderen Seite ... auf der anderen Seite wusste ich nicht mehr, wer ich war. Seit ich hier war, hatte ich das nicht mehr gewusst. In meiner Zeitlinie war ich Elea Melantha gewesen, die Weltenbummlerin. Die Frau, die ihren Platz in der Welt nicht hatte finden können, egal, wie sehr sie auch gesucht hatte. Aber ich hatte gewusst, wer ich war und für einen Moment hatte ich geglaubt, dass es womöglich sowas wie Schicksal gewesen sein könnte, dass ich hier gelandet bin. Das ich darum in meiner Zeitlinie so rastlos gewesen war. Weil ich dort nicht hingehört hatte. Aber dort hatte ich gewusst, wer ich war. Aber hier? Wer war ich hier?

Konnte ich noch jemand werden in der Vergangenheit?

Dunkelheit empfing mich, als ich die schweren Holztüren öffnete. Muri und Yarana schienen bereits zu schlafen und bei der fortgeschrittenen Uhrzeit wunderte mich das auch nicht. Etwas unschlüssig stand ich einige Herzschläge lang im Flur und machte mich dann auf den Weg in Richtung des Schlafzimmers. Ich gab mir alle Mühe, aber ich wurde das Gefühl nicht los, dass ich diesen Weg zum letzten Mal gehen würde. Jeder Schritt auf der Treppe fiel mir schwer, jeder von ihnen trieb mir mehr Tränen in die Augen, bis ich kaum noch etwas erkennen konnte und blind durch den Gang stolperte. Leise öffnete ich die Balkontüre, kühler Nachtwind empfing mich. Das weiche Polster auf der kleinen Bank knisterte, als ich mich darauf niederließ und die funkelnden Sterne am dunklen Himmel beobachtete. Nach einer Weile, ich wusste nicht, wie lange ich auf dem Balkon gesessen hatte, hörte ich, wie sich die Türe öffnete.

„Elea?"

Sukunas vertraute Stimme drang an meine Ohren. Schnell stand ich auf und strich den Hauch von Nichts an meinem Körper glatt. In der Dunkelheit sah ich nur seinen Umriss in der Türe stehen, die er jetzt leise schloss und etwas unschlüssig stehen blieb. „Wann ist die Hochzeit?" jedes Wort dieses Satzes brannte in meiner Brust, entflammte den Schmerz auf ein Neues und machte es mir schwer, zu atmen. „In vier Wochen." War die ebenso gequälte Antwort vom anderen Ende des Raumes. Ich lachte ein hohles Lachen, als ich Sukunas Pfeife aus dem Nachtschrank holte, sie füllte und schließlich anzündete. Der leichte Nebel, der sich dank den Kräutern in meinem Kopf breit machte, war mehr als willkommen. „Scheint, als würde dein neuer Schwager keine Zeit verlieren wollen." Sukuna ging auf meinen provokanten Kommentar dankbarerweise nicht ein, sondern gesellte sich zu mir und nahm mir die Pfeife ab, um selbst daran zu ziehen. „Sieht ganz so aus." Er blies kleine Ringe aus Rauch in die Luft und seufzte, schnell hob ich die Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen. „Lass mich raten. Takeru wollte zudem, dass ich verschwinde." Sukunas Schweigen war Antwort genug.

„Hatten wir denn je eine Chance, Sukuna?" er schwieg eine Weile, bevor er antwortete, der kühle Nachtwind zauste ihm das helle Haar, das im schwachen Mondlicht leicht schimmerte. „Ich habe mir eine Zeit lang eingeredet, dass wir sie haben, hab alle Vernunft zur Seite geschoben in der Hoffnung, mit der Zeit eine Lösung zu finden. Aber ich bin gescheitert." Seine Hände ballten sich zu Fäusten. „Mal wieder bin ich darin gescheitert, auf dich zu achten und dich zu beschützen." Ich wusste, dass er auf den Abend mit Suka anspielte, sah, wie sehr ihn das quälte, als sich sein Blick in der Ferne verlor. „Ich weiß, was du getan hast."

Verwundert sah er mich an und legte die Pfeife in meine Hand, als ich sie nach ihr ausstreckte. „Was habe ich getan?" schmunzelnd zog ich an dem warmen Holz. „Du hast mich angelogen. Sowas wie Mätressen gibt es nicht." Schuldbewusst blinzelte Sukuna einige Male und nickte dann schließlich. „Erwischt. Das habe ich mir ausgedacht. Ich weiß, dass Lügen nicht gut ist. Aber der Zweck heiligt die Mittel und ich habe dich nur dann angelogen, wenn es mir geholfen hat, dich in Sicherheit zu wissen." sanft steckte ich ihm die Pfeife zwischen die Lippen. „Und dafür hast du die ganze Stadt in Angst versinken lassen? Du wirkst immer so ausgeglichen." Sukunas Augen funkelten.

„Stille Wasser sind tief, Prinzessin und die schlimmsten Monster diejenigen, die man erst erkennt, wenn sie ihre Klauen in dich geschlagen haben."

Für einen Moment herrschte, ja schon fast angenehme Stille zwischen uns. „Gibt es noch mehr Lügen?" fragte ich schließlich in die Stille hinein. Sukuna sah mich lange an und schüttelte dann den Kopf. „Nein, Prinzessin. Du erfährst heute alles, was es zu wissen gibt." Er lachte leise. „Und seien wir ehrlich, selbst wenn es sie gäbe, würde es nicht lange dauern, bis du dahinterkommen würdest. Du bist die schlauste Frau, die ich kenne." Vorsichtig nahm ich ihm die Pfeife aus der Hand und legte sie auf dem kleinen Sofa ab. „Ab morgen früh wird alles anders sein. Und ich werde gehen müssen. Aber bis dahin ist noch viel Zeit. Wir haben noch die ganze Nacht." Meine Finger ruhten an seiner Wange, fuhren über seine Bartstoppeln. Sanft nahm er meine Hand und küsste sie.

„Das ist wahr, Prinzessin."

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Kapitel 51 als kurze Verschnaufpause zwischen all dem Drama, dass war und kommen wird.

Ich würde mich sehr über eure Gedanken freuen, lasst mich gern wissen, was euch durch den Kopf geht!

Eure Erin xx

Ancient Love (Sukuna X MC)/FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt