Ich hatte in der Woche, in der ich jetzt hier war, vier Dinge gelernt.
1. Ich träumte nicht.
2. Erst jetzt, wo ich ohne Elektronik lebte, wurde mir klar, wie abhängig man davon ist.
3. Wölfe und Bären waren nicht das Gefährlichste, was hier durch die Wälder streifte.
4. Morgen würden wir einen Arsch voller Probleme haben.
Der Hof von Hitas und Riyakas Eltern, Juna und Torito, war nicht groß. Oder zumindest war er das mal gewesen. Früher hatten sie wohl mal Tiere gehabt, Kühe und Ziegen unter anderem, Hühner. Doch von all den Tieren waren nur noch ein paar alte Hennen da, die immer weniger Eier legten und wohl bald im Suppentopf enden würden. Sofern es überhaupt noch dafür reichen würde. Dann gäbe es hier gar keine Tiere mehr. Ich hatte mich, so gut es ging, auf dem Hof mit eingebracht. Doch als Kind des 21. Jahrhunderts gestaltete sich das doch schwerer als gedacht. Mit den Tieren hätte ich ja womöglich noch zurechtkommen können. Aber nachdem es keine gab, half ich auf den Feldern mit, die der Familie gehörten oder ging mit Riyaka in die nahgelegenen Wälder, um Beeren und Wurzeln zu finden. Der Rest des kleinen Dorfes mied mich, sobald sie mich erblickten. In der Dorfgemeinschaft hatte sich schnell herumgesprochen, wer ich war.
Das Mädchen, das vom Himmel gefallen war.
Ein Wunder, dass ich noch nicht als Hexe auf einem Scheiterhaufen verbrannt worden war. Wobei. Das war ja auch erst später in der Geschichte. „So eine verfickte Scheiße!" wütend pfefferte ich das scharfe Messer zurück in den Wassereimer und steckte mir den jetzt blutenden Finger in den Mund. Riyaka, die mir gegenübersaß, schüttelte amüsiert den Kopf. „Du fluchst sehr viel und benutzt unflätige Ausdrücke, Elea. Das wird meinen Ahnen nicht gefallen." Schmunzelnd hob ich die Wurzel auf, die ich auf den Boden hatte fallen lassen. „Deinen Ahnen ist das sicher egal, was ich hier tue und sage. Ich kann tun und lassen, was ich will." Riyaka dachte kurz nach und schälte dann meine Wurzel zu ende. „Wenn du wirklich aus der Zukunft bist, dann hast du Recht. So gesehen bist du deine eigene Ahnin." Kicherte sie und legte die jetzt geschälte Wurzel in den halb vollen Eimer, ihr Blick verdüsterte sich. „Die Ernten fallen immer schlechter aus. Vater sagt er weiß nicht, wie er die Jäger morgen bezahlen soll."
Die Jäger.
So nannten die Dorfbewohner eine bestimmte Art von Gruppe, die wohl durch die Gegend streiften und die Dörfer vor den Monstern schützten, die durch das Land zogen. Im Gegenzug ließen sie sich anscheinend von den Dörflern in Geld und Naturalien bezahlen. Das war zumindest das, was ich mir in den paar Tagen zusammengereimt hatte. „Kann man das nicht irgendwie rausschieben? In Raten zahlen?" auf meine Fragen hin schüttelte Riyaka den Kopf. „Nein. Sie wollen immer gleich voll bezahlt werden." Sie schluckte, ich sah ihren Kehlkopf hüpfen. „Und wenn man nicht zahlen kann, dann nehmen sie es sich einfach." Stille machte sich breit. „Sie nehmen alles." Mir war klar, dass man, sofern es diese Monster denn wirklich gab, auf den Schutz durch die Jäger nicht verzichten konnte. Die Bauern waren sicher nicht dazu in der Lage, sich gegen eines davon durchzusetzen. „Hat denn jemand schon mal eines dieser Monster gesehen?" Riyaka schüttelte abermals den Kopf. „Nein, keiner von uns." Sie schien mir anzusehen, dass ich dort einhaken wollte, also ließ sie mich gar nicht erst zu Wort kommen. „Damit die Jäger ein Dorf schützen, muss man, damit sie überhaupt damit beginnen, einen großen Betrag zahlen. Wie eine Anzahlung. Und danach alle drei Monate regelmäßig. Wer nicht zahlen kann, wird den Monstern überlassen. Und bevor wir geschützt wurden, sind oft Leute verschwunden. Bei Tag, bei Nacht. Und nie mehr zurückgekehrt. Kinder, Erwachsene. Völlig unwillkürlich wurden sie ausgewählt."
Jetzt sammelten sich Tränen in Riyakas Augen, ihre Unterlippe zitterte, als sie das Messer weglegte. „Ich hab so Angst, Elea. Wir werden unseren Dorfbeitrag nicht leisten können morgen." Schluchzend vergrub sie ihr Gesicht in ihren mit Erde besudelten Händen. „Du siehst ja, wie es um unseren Hof steht. Wir haben so gut wie nichts mehr. Die Ernten werden schlechter, also haben die Jäger nach und nach unsere Tiere mitgenommen." Sanft ließ ich mich neben Riyaka auf dem festgestampften Lehmboden nieder. „Habt ihr denn schon mal daran gedacht, von hier wegzugehen?" Riyaka lachte bitter. „Selbst wenn, wohin sollten wir gehen? Außerdem kann man den Jägern nicht entkommen. Man munkelt, sie haben übernatürliche Kräfte, dass sie über Magie verfügen." Jetzt zuckte sie mit den Schultern. „Womöglich sind das aber auch nur Ammenmärchen. Wenn uns unsere Ahnen wohlgesonnen sind, werden wir den morgigen Tag irgendwie überstehen." Ich schüttelte den Kopf. „Das ist nicht gerecht." Riyaka wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und stand auf.
„Wann ist das Leben das schon?"
Abends blieb ich extra länger im Wald, in der Hoffnung, Haselnüsse oder etwas anderes Essbares zu finden, dass die Jäger zufriedenstellen könnte. Riyakas Erzählungen nach waren das alles andere als wohlgesonnene Zeitgenossen. Die Grauen der Vergangenheit waren bisher immer leicht zu ertragen gewesen. Womöglich, weil sie für Jahrhunderte nur auf dem Papier und in den Erinnerungen der Toten existiert hatten. Sie waren nicht greifbar gewesen. Doch jetzt, wo ich mittendrin steckte ... jetzt war das Leben mit einem Mal ein Überlebenskampf. Und das Tag für Tag. Das machte viel mit einem. Morgens auf Stroh aufwachen und nicht wissen, ob man den Abend erleben würde. Ich stellte fest, dass ich die kleinen Momente mehr zu schätzen lernte. So besonnen hatte ich mir noch nie einen Sonnenuntergang angesehen oder eine schöne Blume am Wegesrand betrachtet. Das Leben schien trotz allem detaillierter abzulaufen, hier in der Vergangenheit.
„Hast du etwas gefunden, Liebes?" Juna lächelte mich liebevoll an, als ich das kleine Holzhaus betrat. Ich reichte ihr meinen Korb. „Nur ein paar Beeren. Und für die habe ich schon lange suchen müssen. Die Bären waren fleißig hier in der Umgebung." „Wahre Worte." Torito legte mir väterlich eine Hand auf die Schulter. „Setz dich, Elea. Wir essen bald." Etwas nervös fummelte ich an dem Saum meines ockerfarbenen Kimonos herum. Meine alte Kleidung war durch das Seewasser derart unbrauchbar geworden, dass Hita sie kurzerhand entsorgt hatte. „Warum helft ihr mir?" die vier sahen sich einige Momente lang an, bevor Torito sich mit mir auf die selbstgeschreinerte Holzbank setzte. „Nichts passiert ohne Grund im Leben, Elea." Seine braunen Augen funkelten. „Womöglich haben dich unsere Ahnen hierhergeführt, weil du hier eine Aufgabe zu erledigen hast." Ein tiefes Lachen ertönte. „Zumindest haben wir nicht allzu oft Besuch aus der Zukunft." Hita nickte und stellte einige dampfende Holzschalen auf den niedrigen Tisch. Trotz der mickrigen Ernten hatte Juna es jeden Tag geschafft, ein köstliches Essen zu zaubern. Ihr Ramen Rezept hatte ich mir schon notiert. „Und das, was du über die Zukunft erzählt hast, ist mehr als verwirrend." Warf er ein, Riyaka kicherte. „Kleine Geräte mit denen man mit anderen Leuten sprechen kann. Das glaube ich dir nicht, Elea!" Hita schmunzelte ebenfalls. „Das ist sicher Magie, diese Händis." Die Art und Weise, wie er Handy sagte ließ mich Tränen lachen und trotz der Anspannung, die auf allen lastete, war es zwei Stunden später bereits ruhig im Haus.
Durch das Ruckeln an meiner Schulter wurde ich wach. „Elea! Schnell! Sie sind zu früh hier!" Riyakas panischer Gesichtsausdruck ließ mich aufspringen. Auch Juna und Torito waren schon auf den Beinen. „Schnell, Kinder. Packt alles zusammen, was wir noch haben. Womöglich sind sie dann schnell wieder weg." Vor dem Hoftor hörte ich bereits Pferdewiehern, kurz darauf ein Klopfen. Toritos sonst so entspannter Gesichtsausdruck verschwand, als er Hita zu sich heranwinkte. „Ihr drei bleibt hier, bis wir fertig sind." Er deutete auf Juna, Riyaka und mich.
„Wenn die Ahnen wollen, geht es schnell über die Bühne."
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Kapitel 5 für meine Lieblingswattys da draußen!
Ich hoffe, euch gefällt die FanFiction bis jetzt :D lasst es mich gern wissen!
Eure Erin xx
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Ancient Love (Sukuna X MC)/FanFiction
Fanfiction18+ Holt die Vergangenheit dich ein? Oder kommst du ihr zuvor? Elea war schon immer eine Weltenbummlerin. Nie hatte sie etwas lange an einem Ort gehalten. Immer hatte es sie weitergezogen, von Land zu Land, von Stadt zu Stadt. Bis ihr Weg sie schli...