Ich hasste es. An die Dunkelheit, die mich von nun an begleitete, gewöhnte ich mich nur schwer und auch, wenn Sukuna mir nicht mehr von der Seite wich, fand ich mich anfangs nur schwer in dem Haus zurecht und ich konnte nicht anders, als mich dafür zu schämen. Immer öfter gab ich mir Mühe, mich allein durch das Haus zu kämpfen. Leider endete dass unter anderem in einem Treppensturz, bei dem ich mir die Hand brach. Sukuna konnte das zwar wieder heilen, aber das half mir nicht mit dem eigentlichen Problem.
Meinen Augen.
Mein Gehör auf dem rechten Ohr, neben dem der Blitz explodiert war, hatte Sukuna mit der Zeit tatsächlich wieder vollständig wiederherstellen können. Das Linke war zum Glück unverletzt geblieben. Doch bei meinen Augen, da wussten wir es noch nicht. Sukuna tat sein Bestes, aber die Umkehrtechnik war kompliziert und so waren einige Dinge leichter zu heilen als andere. Es war mir verboten, die Augenbinde abzunehmen, Yarana schien penibel darauf zu achten, genauso wie alle anderen im Haus. Dadurch, dass ich nichts mehr sehen konnte, hörte ich mit einem Mal viel besser und so fiel es mir natürlich auf, wenn mir jemand nachschlich, um zu kontrollieren, ob ich zurechtkam. Mittlerweile, nach zwei Wochen, konnte ich sie alle an ihrem Laufmuster erkennen. „Izumi." Ich drehte mich zu dem jungen Jujuzisten um, hörte, wie er ertappt stehen blieb und seufzte. „Kann ich dir helfen?" auf meine Frage hin folgte Stille, aus der ich nichts herausfiltern konnte. Aber ich wusste auch so, was hier los war. Sukuna war heute in die Akademie bestellt worden und ich war mir sicher, dass er Izumi aufgetragen hatte, mich zu überwachen. „Ich bin kein kleines Kind. Ich komme zurecht." Stoff raschelte, Izumi machte einige Schritte auf mich zu, das Holz des Bodens knarrte unter seinen Schritten. „Ich weiß, wohin du dich schleichen willst, Elea." Genervt schnaubte ich und zählte weiter die Schritte, die mir noch bis zur Treppe fehlten. Das war mein neues System. Ich hatte die Schritte gezählt, wie viele ich von wo bis wo brauchte. Vom Esszimmer, aus dem ich gerade kam, waren es 43 Schritte bis zur Treppe inklusive eines kleinen Bogens, um nicht über das Regal zu stolpern. Jetzt fehlten mir noch 26 Schritte. 26, 25, 24, 23 ... „Sukuna möchte das nicht."
Mein raues Lachen füllte den Raum um uns herum. „Ach, er möchte das nicht? Eilmeldung. Ich besuche Kiyo heute, ob ihm das passt oder nicht. Er ist mein Freund und er hat uns, mich, gerettet. Ohne ihn würden wir beide diese Konversation nicht führen, Izumi." Bedauernd schüttelte ich den Kopf und wand mein Gesicht in die Richtung, in der ich Izumi vermutete. „Ich kann verstehen, warum er Kiyo von mir fernhalten will, Izumi. Das tue ich wirklich." Ich hob die Hand und deutete auf die Augenbinde. „Immerhin ist das das Ergebnis seines Handelns. Aber ich habe darin eingewilligt. Kiyo hatte mir gesagt, dass er seine Fluchtechnik nicht im Griff hat und ich habe es ihn trotzdem tun lassen." Ich machte einige Schritte nach vorn, zählte wieder bis 26 und strich Izumi über die Schulter. „Ich hab es ihn tun lassen, weil ich dort unten in der Höhle nicht sterben wollte. Ich wollte zu euch zurück und ich war bereit, jeden Preis dafür zu zahlen. Und das ist er."
Izumi gab ein belustigtes Geräusch von sich. „Du tust ja so, als würde es dich nicht stören. Das mit deinen Augen." Ich zuckte die Schultern, meine Hand wanderte von seiner Schulter zu seinem Gesicht. „Ich hab deswegen viel geweint die letzten Tage. Und ich bin zu dem Schluss gekommen, dass es keiner von uns ändern kann. Ich weiß, dass für mein linkes Auge noch Hoffnung besteht." Lächelnd hob ich etwas den Kopf. „Vielleicht bleibt es mir erhalten. Darauf baue ich gerade. Dann wäre alles nur noch halb so schlimm. Im wahrsten Sinne des Wortes." Ich hörte Izumi auf meinen Witz hin leise lachen, spürte, dass er mir etwas in die Hände drückte. „Wenn du schon allein durch das Haus läufst, dann nimm den bitte mit." Er hatte mir meinen Stock gegeben, das glatte Holz schmiegte sich kühl in meine Hände. „Und was ist deine zweite Bedingung?" „Welche zweite Bedingung?" ich hob den Stock und tippte Izumi damit auf die Brust. „Ich bin blind, nicht taub, mein Freund. Und es würde dich wundern, wie viel man aus der Stimme seines Gegenübers heraushören kann." Ich stellte den Stock wieder am Boden ab und stützte mich lächelnd darauf. „Also?" „Ich komme mit." Lächelnd wand ich mich ab. „Fein. Dann begleite mich."
Izumi lief mir nach und sagte kein Wort mehr, als er sah, dass ich wirklich allein zurechtkam. Weder stieß ich gegen eine Wand noch gegen ein Möbelstück. Die Katzen, die wohl mittlerweile auch geschnallt hatten, dass hier etwas nicht stimmte, miauten immer, wenn ich in ihre Nähe kam, damit ich nicht zum x-ten Mal auf eine Pfote oder einen Schwanz trat. Das war mir die letzten Tage zu oft passiert und Sturm und Wolke schienen daraus ihre Konsequenzen gezogen zu haben und warnten mich jetzt immer vor, wenn ich mich ihnen näherte. Wie auch jetzt. Also machte ich einen großen Schritt und spürte Fell unter meinem nackten Fuß, bevor ich ihn auf der anderen Seite der Katze wieder abstellte. Ein weiteres kleines Miauen ertönte. „Natürlich pass ich auf dich auf, Wolke." Ich kniete mich hin und strich dem weißen Kater über das seidige Fell, schnurrend drückte er sein Köpfchen in meine Hand. „Du weißt, welche der Katzen es ist?" nickend stand ich wieder auf. „Das Miauen von Wolke ist etwas höher als das von Sturm. Nicht wahr, Wolke?" Wolke miaute erneut und strich mir um die Beine, nur um sich im Anschluss auch von Izumi streicheln zu lassen.
Einige Minuten später hatten wir Kiyos Zimmer erreicht. „Wie geht es ihm?" fragte ich Izumi vor der Türe. „Besser noch als vor zwei Wochen." „Das freut mich." Auf mein Klopfen hin kam keine Antwort, also schob ich die Türe kurzerhand einfach so auf und betrat Kiyos Zimmer. Er sagte zwar nichts, aber ich hörte die Bettdecke rascheln. Lächelnd ließ ich mich von meinem Stab zum Bett führen und ließ mich an dessen Kante nieder. „Wie geht es dir, Kiyo? Izumi meinte, du seist am Weg der Besserung." Wieder, Stille. Bis ich plötzlich ein Schluchzen vernahm. „Es tut mir so leid, Elea. Ich ..." Kiyos Entschuldigung wurde von einem erneuten Schluchzen unterbrochen. „Ich wollte doch nur helfen ..." als ich meine Hand nach Kiyo ausstreckte, legte er nach etwas Zögern seine Hand schließlich in meine. „Aber das hast du doch, Kiyo. Ohne dich wäre ich jetzt nicht mehr hier. Ich könnte nicht mehr mit Muri die Kois füttern oder abends in Sukunas Armen einschlafen. Ich darf mir sogar weiterhin Izumis verbalen Durchfall anhören." Ich hörte Izumi hinter mir leise lachen und auch Kiyo entwich sowas wie ein Lachen. „Das alles durfte ich behalten." Sanft drückte ich seine Hand, ich konnte spüren, wie er zitterte. „Dank dir. Bitte, mach dir keine Vorwürfe deswegen. Als ich in der Höhle darin eigewilligt habe, dass du deine Technik anwendest, habe ich auch in all die Konsequenzen eingewilligt, die deine Technik mit sich bringt. Nichts hiervon ist deine Schuld."
„Das sehe ich anders." Kiyos Schluchzen verstummte augenblicklich, als ich Sukunas Stimme hörte. „Wäre er nicht gewesen, könntest du noch sehen." Wütend stand ich auf. „Wäre er nicht gewesen wäre ich nicht mehr hier, Sukuna!" ich machte einige Schritte nach vorn, hob meinen Stock und setzte ihn Sukuna auf die Brust. „Wann verstehst du das endlich? Kiyo hat mich dort unten vor deinem irren Bruder gerettet! Er hat alles getan, was in seiner Macht stand, damit wir lebend aus der Höhle kommen. Und du strafst ihn dafür mit Schmerz und Leid!" Stille. „Ja, da staunst du, was? Du kannst Izumi noch so oft eintrichtern, dass er mich bezüglich Kiyo anlügen soll, mir sagen soll, dass es ihm gut geht." Ich drehte den Stock in Richtung Kiyo. „Meint ihr zwei etwa, mir entgeht der Blutgeruch in diesem Zimmer? Auf dem Gang? Es stinkt hier drin förmlich nach Blut. Kiyo ist kaum noch bei Kräften. Oder warum sonst ist sein Griff so schwach und sein Handgelenk so mager?" die Stille im Raum wandelte sich in bedrücktes Schweigen. „Du hast Kiyos Schulter nicht einmal angerührt. Stimmts oder hab ich recht, Sukuna?"
Ich stützte mich auf meinen Stock, die weiterhin andauernde Stille wertete ich als ein Ja. Sukuna hatte sich wirklich nicht um Kiyos kaputte Schulter gekümmert. Sie hatten ihn lediglich hier in diesem Zimmer abgesetzt und sich nicht weiter um ihn geschert. „Auf der Stelle richtest du das, Sukuna. Hast du das verstanden? Wenn ich in einer Stunde wiederkomme, dann hat Kiyo zwei funktionierende Schultern und es stinkt hier drinnen nicht mehr nach Blut. Ich werde in der Zeit etwas zu Essen für ihn auftreiben." Erhobenen Hauptes lief ich an den beiden Männern vorbei, blieb allerdings noch einmal zwischen ihnen stehen. „Ich bin mehr als enttäuscht von euch beiden. Ich hatte euch immer ein großes Herz und Mitgefühl zugesprochen, dass ihr euch um alle Leute hier in Kyoto sorgt." Ich setzte meinen Weg fort, ohne mich noch einmal umzudrehen.
„Aber da habe ich mich wohl geirrt."
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Erin is back!
Kapitel 42 für euch comin right up! :D
Ich hoffe, dass es euch gefallen hat!
xx
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Ancient Love (Sukuna X MC)/FanFiction
Fanfiction18+ Holt die Vergangenheit dich ein? Oder kommst du ihr zuvor? Elea war schon immer eine Weltenbummlerin. Nie hatte sie etwas lange an einem Ort gehalten. Immer hatte es sie weitergezogen, von Land zu Land, von Stadt zu Stadt. Bis ihr Weg sie schli...