Eine Zeit lang füllte unangenehme Stille das unordentliche Wohnzimmer, der Geruch von Sake fraß sich unangenehm in meine Nase und sowohl Izumi als auch Fuji sahen beide recht ratlos drein. Die Anspannung war fast greifbar, genauso wie der Frust, der sich in den orangen Augen des Kaisers spiegelte, als er aufstand und den Kimono an seiner Brust wieder richtete. „Ich werde dir den Heiler schicken, Izumi. Jemand muss sich deine Hand ansehen und solange Sukuna nicht da und in Anbetracht der Umstände wohl auch nicht gewillt sein wird, dich wieder zusammenzuflicken wird das alles," eine ausladende Geste auf Izumis Verletzungen folgte, „wohl oder übel auf die altmodische Art und Weise heilen müssen." Die lange Narbe auf Izumis Gesicht verzog sich, als er sich aus dem Sofa hochkämpfte und vor Schmerz zusammenzuckte. Der fleckige Holzboden knarrte unter seinen Stiefeln, als er auf das Schränkchen zuhumpelte, auf dem Fuji vorher noch den Sakekrug abgestellt hatte.
„Du meintest zwar, das Trinken uns nicht hilft," Izumi deutete mit seiner gebrochenen Hand auf Fuji und entkorkte mit den Zähnen den Krug. „Aber dem Schmerz wird es helfen." Seine bernsteinfarbenen Augen zuckten zu mir, als er den Krug direkt am Mund ansetzte. Das kleine Sakeschälchen, dass Fuji ihm stumm reichte, schlug er murrend aus und stellte den Krug scheppernd wieder ab, seine Augen schweiften zu dem kleinen Fenster. Im hellen Licht der Sonne konnte man die Staubpartikel tanzen sehen, dünne Lichtschlieren ließen den Bernstein in Izumis Augen leuchten. „Gehen wir, kleines Täubchen. Ich weiß, wann man unerwünscht ist." Fuji ging los in Richtung Treppe, blieb dann aber stehen und wartete, als er sah, dass ich ihm nicht folgte. „Izumi?" auf meine vorsichtige Frage hin sah mein Freund mich endlich an und wischte sich den Alkohol vom Mund. „Übertreib es bitte nicht." Eine wegscheuchende Geste folgte, Blut tropfte von seiner gebrochenen Hand, als er mir den Rücken zuwand und samt Krug um eine Ecke verschwand.
„Komm, Elea. Alleinsein ist das, was er jetzt mit Sicherheit braucht."
Fujis warme Stimme lockte mich schließlich zur Treppe und hinunter zur Türe, durch die ich schweren Herzens auf die Straße trat. Izumi jetzt allein zu lassen fühlte sich falsch an, aber letztendlich gab es auch nichts, was ich in diesem Moment wirklich für ihn hätte tun können. „Womöglich ist Sukuna bis heute Abend zurück, kleines Täubchen. Mach dir da mal keine Sorgen, er kann gut auf sich selbst aufpassen." Meinte der Kaiser und setzte sich in Bewegung in Richtung des gewaltigen Palastes. „Ich kann nicht, Fuji." Fuji drehte sich wieder um, ebenso wie die Wachen, die ihn auf Schritt und Tritt verfolgten. „Was kannst du nicht?" ich nickte in Richtung des Hauses, in dem es mit einem Mal rumpelte. „Gehen. Ich glaube, dass Izumi jetzt nicht allein sein sollte. Und wenn ihm wer helfen kann, dann ich. Immerhin stecke ich in denselben Schuhen wie er." Jeder Schritt aus dem Haus hatte die Schuld in mir wachsen lassen bis zu einem Punkt, den ich jetzt nicht mehr ignorieren konnte. Dafür saß der Knoten zu dick und zu schwer in meiner Brust und raubte mir die Luft zum Atmen. Jetzt zu gehen, dass würde ich mir nicht verzeihen. Ich war Fuji aus dem Haus gefolgt, weil ich Sukuna nicht verärgern wollte, indem ich mich zu lange bei Izumi herumdrückte. Aber die Wahrheit war, dass ich mich nicht für eine Seite entscheiden musste, ich mich nicht zwischen den beiden Freunden entscheiden musste. Schlichtweg, weil es keine Seiten gab. Die Beiden mochten vieles sein, aber sie waren mit absoluter Gewissheit keine Feinde. Sukuna hatte seine Chance gehabt und wenn er der Auffassung war, allein besser zurechtzukommen, dann sollte es so sein. Aus der Ferne konnte ich ihm nicht helfen, also bemühte ich mich, dort zu helfen, wo ich es auch wirklich konnte.
Verständnis trat in Fujis Gesicht, er nickte langsam. „Dann bleib, kleines Täubchen. Der Heiler wird bald hier sein." Er hob den Finger und deutete auf zwei seiner Wachen, die sich sofort tief verbeugten. „Ihr beide bleibt hier und begleitet die junge Dame nach Hause, wann immer sie es wünscht." „Jawohl, Herr!" riefen die beiden Soldaten und positionierten sich links und rechts neben der Haustüre. Fuji tippte sich grinsend an seinen imaginären Hut und verschwand dann mit seinen Wachen im Getümmel des Arbeiterviertels. „Sagt uns einfach Bescheid, wenn Ihr wünscht, zu gehen." Sprach mich der Linke der Soldaten an. „Dann begleiten wir Euch nach Hause." Ich schenkte den Beiden ein warmes Lächeln. „Ich weiß euren Dienst zu schätzen, ihr Beiden. Ich verspreche, dass ich euch nicht allzu lange warten lassen werde." Die Männer wechselten Blicke. „Wir warten hier, solange es nötig ist." Der rechte Mann hatte jetzt das Wort ergriffen und öffnete mir die Türe.
Die hölzernen Stufen knarrten unter jedem meiner Schritte und verrieten Izumi, dass jemand heraufkam. Doch als ich das an die Treppe angrenzende Wohnzimmer betrat, war er nach wie vor verschwunden. Dafür rumpelte es eine Türe weiter, dicht gefolgt von hässlichem fluchen, es roch verbrannt. „Izumi?" hinter der kleinen Türe versteckte sich eine noch kleinere Küche, durch ein schmales Fenster fiel nur spärlich Licht ins Innere. Es reichte allerdings allemal aus, um die verbrannten Eier in einer Art Pfanne zu erkennen. Genauso wie Izumis wütendes Gesicht. Er ließ sich wortlos von mir zur Seite schieben und sah stumm dabei zu, wie ich alles saubermachte und neue Eier aufschlug. Er sagte auch nichts, als ich ihn samt der Eier und einem Stück Brot einige Minuten später zurück ins Wohnzimmer schob und ihm dabei half, sich möglichst schmerzfrei wieder auf das Sofa zu setzen. Während er aß, lief ich vor das Haus, um vom nahegelegenen Brunnen etwas Wasser zu holen. In dem kleinen Badezimmer fand ich schließlich auch einen sauberen Lappen und setzte mich neben Izumi auf das Sofa, der mit seiner unversehrten Hand den Teller zur Seite stellte. Ich konnte seinen bohrenden Blick spüren, als er mich dabei beobachtete, wie ich seine blutverkrustete Hand vorsichtig säuberte. „Du solltest nicht hier sein." Sagte er schließlich in die Stille hinein. Ich konnte seine Anspannung spüren, als ich den Kopf schüttelte. „Sukuna hatte seine Chance, aber er ist nicht hier. Du dagegen schon und im Gegensatz zu ihm kannst du deine Wunden nicht selbst heilen."
Das Wasser in der Schüssel färbte sich schnell rot, unter all dem abgewaschenen Blut wurde aufgerissenes Fleisch sichtbar. „Es ist zum Glück kein offener Bruch. Das ist doch schon mal was." Izumi zuckte mit den Schultern, seine gesunde Hand ballte sich zur Faust. „Es tut mir leid." Sagte er leise und als ich den Kopf hob, schimmerte dunkler Schmerz in seinen Augen. „Was tut dir leid, Izumi?" ein hohles Lachen rumpelte in seiner Brust, sein bernsteinfarbener Blick verlor sich in der Ferne. „Vieles, Kleines. Vieles. Aber jetzt gerade, dass du nie wieder zurück nach Hause kannst. Das du hier gefangen bist, bei uns. In diesem lächerlichen Drama." Ungläubig blinzelte ich einige Male und sah ihn an. Sah den Schmerz, das Leid. Die tiefsitzende Schuld. Vorsichtig nahm ich wieder seine gebrochene Hand und tupfte weiter das Blut herunter. „Mal davon abgesehen, dass ich der Grund für dieses Drama bin; du erinnerst dich an mein Reisebuch, nicht wahr?" Izumi nickte lächelnd. „Ja. Ich vermisse manche Sachen aus deiner Welt. Eis zum Beispiel und Duschen."
Er legte grinsend den Kopf schief, als ich ihm lächelnd mit dem Lappen Blut von der Wange wischte. „Das Buch, dass steht nicht nur für all die Orte, die ich habe sehen dürfen. Sondern auch für die Rastlosigkeit, die mich mein Leben lang verfolgt und nicht losgelassen hat." Ich hielt inne und wusch den Lappen erneut im Wasser aus, bevor ich mich seiner Brust widmete. „Ich hatte immer das Gefühl, keinen Platz in meiner Welt zu haben und egal, wo ich gesucht habe, ich wurde nie vom Gegenteil überzeugt und war immer allein." Schwer legte sich Izumis unversehrte Hand auf meinen Arm, sein Daumen strich tröstend über meine Haut, als er jede meiner Bewegungen auf seiner Brust beobachtete. „Aber hier, bei euch. Hier habe ich mich zum ersten Mal sicher gefühlt. Geborgen, hatte das Gefühl, endlich das gefunden zu haben, was ich mein Leben lang gesucht habe." Sanft verschränkte ich meine Finger mit seinen und lächelte ihn an. „Klar, dank unserer Zeitreise ist alles etwas holpriger geworden und auch komplizierter. Aber nichts auf der Welt ist es mehr wert darum zu kämpfen als ihr alle. Als wir alle es sind und ich bin mir sicher, dass wir das in den Griff kriegen." Sagte ich lächelnd und stand auf, um das blutige Wasser wegzuschütten.
„Mein zuhause ist genau hier, Izumi. Hier in Kyoto, in diesem Jahr. Das ich nicht mehr zurück in meine Zeitlinie kann ist kein Verlust und sicher auch nichts, dem ich nachweinen werde." Izumi richtete sich auf und strich sich das dunkle Haar aus dem Gesicht, als er mich ansah. „Dann muss ich mir keine Sorgen um dich machen?" fragte er und rollte mit den Augen, als es an der Türe klopfte. Grinsend wischte ich mir das Blut von den Händen und eilte in Richtung Treppe. „Nicht um mich, mein Freund." Am Treppenabsatz angekommen hielt ich ein letztes Mal inne, bevor ich hinunterlief und den Heiler hereinbat. „Wenn es Winter wird, dann machen wir zusammen Eis. Einverstanden?" Izumis Blick wurde weich, als er nickte.
„Einverstanden."
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Heute wieder ein abendliches Kapitel, das euch hoffentlich dabei hilft, den Abend schön ausklingen zu lassen!
Eure Erin xx
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Ancient Love (Sukuna X MC)/FanFiction
Fanfiction18+ Holt die Vergangenheit dich ein? Oder kommst du ihr zuvor? Elea war schon immer eine Weltenbummlerin. Nie hatte sie etwas lange an einem Ort gehalten. Immer hatte es sie weitergezogen, von Land zu Land, von Stadt zu Stadt. Bis ihr Weg sie schli...