Die Hand des Mannes war kalt und schwer, als er Izumi durch das große Tor führte. In den dicken, alten Stein waren seltsame Wesen eingearbeitet worden, Wesen, die Izumi kannte und die ihn aber auch an all die Monster erinnerten, von denen ihm die anderen Kinder manchmal in der Mine erzählt hatten. Von den Monstern in ihren Alpträumen. Izumi hatte nie ein solches Wesen in seinen Träumen gesehen, im Gegenteil. Seine Träume waren immer seine letzte Zuflucht gewesen. Dort hatte er wieder bei seiner Mutter sein können und sie hatten zusammen in einem schönen großen Haus gewohnt an einem kleinen Fluss, in dem er immer Fische für sie gefangen hatte. In einem Haus, in dem er sie nicht jeden Tag weinen und betteln hören musste. In diesem Haus hätte sie den ganzen Tag lachen können und nie mehr Angst haben müssen vor den vielen Männern, die in das Bordell gekommen waren und sich nahmen, was sie wollten. Wenn nötig auch mit Gewalt. Manchmal, wenn Izumi es nicht rechtzeitig aus dem Zimmer geschafft hatte, hatte er sich in dem kleinen Schrank versteckt und sich die Ohren zugehalten. Aber er hatte es trotzdem gehört. Die Verzweiflung seiner Mutter.
In Izumis Leben hatte es schlichtweg keinen Platz für Alpträume gegeben.
Er hatte nie von gruseligen Monstern geträumt so wie die anderen Kinder in der Mine, nein. Er hatte diese Monster in echt gesehen. Wie sie an den anderen Kindern hingen und ihnen böse Dinge zuflüsterten, ihnen Ängste und Hoffnungslosigkeit brachten. Er hatte sich bemüht, diese Monster von sich fernzuhalten und es war ihm gelungen. Sie hatten sich ihm nicht genähert, sobald er ihnen das blaue Licht gezeigt hatte, das immer dann kam, wenn er wütend war. Und in der Mine war reichlich Zeit gewesen, um wütend zu sein. Reichlich Gründe.
„Du hast hier die Chance, etwas Besseres zu werden als ein Kind aus der Gosse. Etwas Besseres zu werden, als all das, was du jetzt bist und warst, Izumi." Der große Mann mit dem dunklen Haar sah Izumi an und ließ seine Hand los, als sie auf dem Innenhof angekommen waren. „Du hast eines der Monster getötet, als ich es dir gesagt habe." Der Mann streckte eine Hand aus und deutete auf den Innenhof, in dem einige Jungen in Izumis Alter miteinander rangen. Er schätzte sie alle auf acht bis zehn. „Diese Chance hier ist deine Belohnung dafür." Izumi ließ seinen Blick über die anderen Kinder wandern, die jetzt mit ihren Übungen aufgehört hatten und ihn angeekelt betrachteten. Sein Blick blieb an seiner Kleidung hängen. Zum ersten Mal in seinem Leben trug er eine Hose ohne Löcher und ein Hemd ohne Flecken. Seine Kleidung konnte es also nicht sein, die die anderen Kinder ekelte. „Gib dein Bestes, Pöbelkind. Und lass mich meine Entscheidung nicht bereuen." Sagte der Mann, verschwand mit wallenden Gewändern wieder durch das große Monstertor und ließ Izumi mit all den fremden Kindern allein.
„Aus welchem dreckigen Loch haben sie dich denn gezogen?" ein Junge mit braunem Haar war an Izumi herangetreten und rümpfte die Nase. „Du stinkst! Nach Dreck und Armut! Geh zurück auf die Straße betteln du Wurm!" mit einem schnellen Tritt verfrachtete er Izumi auf den Boden, in den Dreck. „Ich hab gehört, dass seine Mutter eine billige Hure ist!" grölte ein anderer Junge mit hellem Haar und packte Izumi grob an den Haaren. Izumi war überrascht. Er hatte doch niemandem von dem Bordell erzählt. Doch als er etwas erwidern wollte, ließen ihn die rotglühenden Augen des Jungen und sein abartiges Grinsen innehalten. „Wahrscheinlich ist sein Gesicht deshalb so hässlich vernarbt!" lachte der Junge und spuckte Izumi ins Gesicht.
„HURENSOHN! HURENSOHN! HURENSOHN!"
Alle Kinder stimmten in das Gebrüll des rotäugigen Jungen mit ein und traten so lange auf Izumi ein, bis er Blut auf seiner Zunge schmeckte und so viel Dreck in den Augen hatte, dass er kaum noch etwas sah. Er war schon fast dankbar für die Tracht Prügel. Das war wenigstens etwas Vertrautes. Doch mit einem Mal hörten sie auf und der feste Griff an Izumis Haaren verschwand. Der Junge mit den roten Augen war von ihm heruntergerissen worden und als Izumi genug Dreck aus den Augen bekommen hatte, blickte er auf einen Rücken und helle Haare, die genauso aussahen wie die seines Peinigers. „War ja klar, dass du dich auf die Seite des Abschaums stellst." Sein Peiniger spuckte Blut auf den Boden und als Izumi das Blut an der Hand seines Retters kleben sah, wusste er Bescheid. „Du solltest jetzt gehen, Suka. Bevor Vater davon erfährt." Suka rollte mit den Augen, hielt dann aber inne und verbeugte sich vor Izumis Helfer. „Was immer du wünschst. Bruderherz." In Sukas Augen funkelte etwas Unheilvolles, seine Stimme spöttisch, als er sich wieder aufrichtete und in dem Gebäude verschwand. Die anderen Kinder wichen vor dem Jungen, der wohl Sukas Bruder war, zurück und wendeten sich wieder ihren Übungen zu, ohne noch einmal zu Izumi herüberzublicken. Nur einer von ihnen, ein kleiner Junge mit grauen Haaren, nickte Izumis Retter zu und verschwand im Haus.
„Alles in Ordnung? Das sieht böse aus."
Der Junge hatte sich ihm zugewendet und als Izumi erneut ein rotes Paar Augen funkeln sah, wich er noch am Boden vor dem Jungen und dessen ausgestreckter Hand zurück. Der Junge lächelte und machte einige Schritte zurück. „Das sind alles Weicheier, weißt du? Wenn sie die Flüche in die Arena lassen, um zu üben, rennen sie alle immer weg. Einer von ihnen hat sich dabei mal eingenässt." Das helle Haar des Jungen wippte, als er leise lachte und die Hände in seinen Hosentaschen verstaute. Langsam stand Izumi auf, ohne den Jungen aus den Augen zu lassen. Das dieser Junge und Suka Zwillinge waren konnte man nicht von der Hand weisen. Was an sich schon eine Attraktion war, so selten, wie Zwillinge die Geburt überlebten. Aber er war so anders als dieser Suka eben noch. Nett und hilfsbereit.
„Ich bin Sukuna. Und du bist der Neue, von dem Vater mir erzählt hat." Sukuna überlegte. „Izumi! Richtig?" Izumi nickte und klopfte sich den Staub aus der Kleidung. „Du redest nicht viel, hmm? Aber das ist auch nicht wichtig." Sukuna packte Izumi an der Hand und zog ihn hinter sich her, raus durch das große Tor an den Rand des schlammigen Grabens, der die Akademie einkesselte. Dort angekommen ließ er Izumi los, setzte sich auf den Boden und rutschte lachend die schlammige Piste herunter, bis er unten angekommen war und giggelnd durch den Schlamm rutschte. „Komm schon! Das ist echt lustig!" Sukuna hatte sich auf die Füße gekämpft und winkte Izumi fröhlich zu. „Na los!" Izumi war von sich selbst überrascht, als er sich doch tatsächlich ebenfalls hinsetzte und die Schlammpiste herunterrutschte. Doch er schaffte es nicht, rechtzeitig zu bremsen und riss Sukuna wieder von den Füßen und mit sich mit. Gemeinsam lachend rutschten sie durch den Graben, bis sie zum Stehen kamen und sich den Schlamm aus den Gesichtern wischten. Sukuna schüttelte sich den Schlamm aus den Haaren und kicherte, als er die vielen Spritzer in Izumis Gesicht sah. „Ich hab doch gesagt, dass das Spaß macht." Sukuna knuffte Izumi in die Seite und zauberte dann unter einem Busch ein großes Glas hervor. „Aber wir sind nicht wegen dem Schlammrutschen hier." Er unterbrach sich selbst und zuckte dann grinsend mit den Schultern. „Ach, eigentlich schon. Aber auch darum." Er bohrte konzentriert im weichen Boden herum und zog dann triumphierend einen Regenwurm hervor. „Wir sammeln alle, die wir finden können und verstecken sie später in den Betten der anderen." Sukuna stemmte die Hände in die Hüften und nickte zufrieden. „Der perfekte Streich." „Zusammen mit denen hier!"
Am Rande der Schlammpiste stand der kleine Junge mit den grauen Haaren, der sich ins Haus verzogen hatte. Izumi schätzte ihn auf etwas jünger als sich selbst und Sukuna. Vielleicht sechs? Er hielt lachend ein großes Glas in die Luft, seine orangen Augen funkelten schelmisch und als er es öffnete und Izumi die faulen Eier riechen konnte, lachte Sukuna laut.
"Sehr gut, Fuji!"
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„Ich unterbreche eure Geschichte ja nur ungern," Hita war aufgestanden und spähte immer wieder durch den Wasserfall, bis er Gewissheit hatte. „Aber ich glaube, wir sind entdeckt worden." Izumis Augen wurden dunkel, sein Griff an meiner Hand fester, als er über die Schulter spähte. Mittlerweile kamen die Wehen immer häufiger, mir fiel es schwer, zu atmen, so stark war der Schmerz. Aber ich konnte sie hören. Die Flüche, die außerhalb der Höhle waren und immer näherkamen. Ich konnte ihre Augen in der Dunkelheit glimmen sehen. Die Pferdeflüche wurden unruhig und liefen in der Höhle auf und ab, ohne den Wasserfall aus den Augen zu lassen.
Sie klapperten bedrohlich mit ihren langen Reißzähnen, als sich der erste Fluch durch den Wasserfall kämpfte.
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Eure Erin hier, total im Schreibfluss und gibt euch darum heute zwei neue Kapitel. Womöglich schaffe ich heute Abend Kapitel 135 noch :D
Bis dato hoffe ich, dass es euch gefallen hat und ihr euch so sehr freut wie ich, dass wir diesen schweren Weg bald hinter uns haben!
xx
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Ancient Love (Sukuna X MC)/FanFiction
Fanfiction18+ Holt die Vergangenheit dich ein? Oder kommst du ihr zuvor? Elea war schon immer eine Weltenbummlerin. Nie hatte sie etwas lange an einem Ort gehalten. Immer hatte es sie weitergezogen, von Land zu Land, von Stadt zu Stadt. Bis ihr Weg sie schli...