Kapitel 105

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Zwei Wochen lang zermarterten wir uns das Hirn, wie wir Suka und auch Kenjaku finden konnten. Nach der Reise von Izumi und mir in die Zukunft sahen wir uns jetzt, im gegenwärtigen Zeitpunkt mit all unserem Wissen nicht mehr nur mit Suka als alleinigen Kontrahenten konfrontiert, sondern hatten auf der anderen Seite auch noch Kenjaku stehen, der irgendwie seine Finger im Spiel hatte und aus den Schatten heraus die Fäden zog. Die Frage, die sich uns allen früher oder später aufdrängte, war so simpel wie diffizil.

Hatte er die Fäden schon gespannt? Oder können wir uns seinem clever erarbeiteten Spinnennetz des Zerfalls noch entziehen?

Zusammen mit meinem Bauch wuchsen auch die Nächte auf schlaflose Längen an und mit der Zeit hatte ich Probleme, die passende Stellung zum Schlafen zu finden, ohne das Gefühl zu haben, erdrückt zu werden oder das sich irgendetwas einfach nicht richtig anfühlte. Und so kam es, dass ich immer öfter als Letzte einschlief und als Erste am frühen Morgen wieder wach wurde. Meist noch vor den Vögeln, die ab Sonnenaufgang in den Bäumen saßen und fröhliche Melodien pfiffen. Doch die kommende Nacht war anders. Kiyo war so nett gewesen und hatte mir einen Kräutertee zusammengerührt, der mir beim Schlafen helfen sollte. Bereitwillig hatte er meine Neugier befriedigt und mir jedes einzelne Kraut und dessen Wirkung erklärt. Zitronenmelisse zum Schlafen, Baldrian zum beruhigen und Kamille für das Allgemeinwohl. Ich hatte zwar nie viel von Pflanzen verstanden, aber ich war stolz auf mich und mein Allgemeinwissen, dass mir alle drei Kräuterarten etwas sagten oder ich den Namen zumindest nicht zum ersten Mal zu hören bekam. Zudem machte es mir Spaß, Menschen dabei zuzusehen, wie sie in ihrer Passion tätig wurden und jedes Mal, wenn Kiyo über Pflanzen sprach, passierte genau das. Seine gelben Augen funkelten freudig und seine ganze Ausstrahlung wurde durchgehend positiv und ungezügelt leidenschaftlich.

Sukuna hatte mich nach dem späten Abendessen und einem Spaziergang durch den großen Garten in der Abenddämmerung ins Bett gebracht, mir einen Kuss gegeben und versprochen, nach mir zu sehen, sobald er aus der Akademie zurück war. Er musste einige Prüfungen für die Schüler vorbereiten und war in den letzten Tagen aufgrund unserer Anspannung zu zerstreut gewesen, um sich darauf zu konzentrieren. Die zwei verstrichenen Wochen zwangen ihn aufgrund der näher rückenden Prüfungen jetzt mehr oder weniger an den Schreibtisch und so hatte er bereits die letzte Nacht in der Akademie verbracht. Ich hatte mir fest vorgenommen, wach zu bleiben, um sicherzugehen, dass er heil wieder nach Hause kam. Aber Kiyos Tee tat das, wofür der Gärtner ihn mir gekocht hatte und so wurde ich erst wach, als es im Erdgeschoss mehrmals laut krachte.

Erschrocken fuhr ich aus dem Schlaf auf und lauschte in die Stille hinein bei dem Versuch, mein rasendes Herz zu beruhigen. Unter mir krachte es erneut, ich hörte einen erstickten Schrei. Allerlei blutige Szenarien rasten durch meinen Geist, als ich die Decke zurückschlug und mich und den Bauch so gut es ging in einen der Kimonos wickelte. So langsam wurde es Zeit für weitere Modelle. Meine Schritte verursachten kein Geräusch auf dem polierten Boden, als ich aus meinem Nachtschrank den Dolch zog, ihn im Ärmel meines Kimonos versteckte und den kühlen Flur betrat. Durch die hohen Fenster sah ich die Sterne am klaren Himmel funkeln, es war mitten in der Nacht und der Morgen noch weit weg. In einer fließenden Bewegung drehte ich mich einmal um mich selbst und hielt der Person, die sich von hinten angeschlichen hatte, den Dolch an die Kehle. Bernsteinfarbene Augen blickten mich belustigt an, als Izumi sanft seine Hand hob und den Dolch von sich und seinem Hals wegschob. „Nicht schlecht, Kleines. Nicht schlecht. Ich komm nicht drum herum, stolz auf mich und meine Arbeit mit dir zu sein." Augenrollend verpackte ich den Dolch wieder, Izumi legte einen Finger an seine Lippen, als es unter uns wieder krachte und Holz splitterte. Gerade wollte er weiterlaufen, da hielt ich ihn am Hemd zurück und deutete stumm auf den Boden. Lange Rillen, nein, Kratzer, zogen sich durch das Holz und als ich mit den Fingern darüberstrich, klebte etwas Blut an meinen Fingerspitzen. Izumi bückte sich ebenfalls und zog einen herausgerissenen blutigen Fingernagel aus einem der Kratzer, der tief im Holz gesteckt hatte.

Ich hörte die Treppe hinunter einen dumpfen Schlag, dicht gefolgt von einem schmerzerfüllten Stöhnen, als wir dem Foyer näherkamen. Hier am Boden war eine kleine Pfütze Blut, die im Licht der wenigen noch brennenden Fackeln schimmerte. Als wir um die Ecke bogen, malte ich mir die schlimmsten Szenarien aus, die meisten davon beinhalteten Suka und viel mehr Blut als hier zu finden war. Aber nein. Als ich endlich vom Geländer aus freie Sicht auf das Foyer hatte, blieb mir der nächste Atemzug im Halse stecken. Die ganze Halle war in rubinrotes Licht getaucht, Sukuna stand, nur mit einer Hose bekleidetet mitten im Raum, seine ganze Gestalt zitterte im Licht seiner Augen vor Wut, zusammen mit den schwarzen Malen, die sich dunkel von seiner Haut abhoben. Sein linker Arm war voller Blut, dass aus einer Stichwunde an seinem Oberarm lief. Und vor ihm, außerhalb unseres Blickfeldes, saß jemand am Boden und hustete gurgelnd Blut auf den Boden. Sukuna legte seinen Kopf in einer unmenschlichen Bewegung zur Seite, seine jetzt klauenartigen Finger klackerten unheilvoll aneinander, als er sich langsam und knurrend näherte. Die Person vor ihm wimmerte, schien sich ihrem Schatten nach zu urteilen aber wieder auf die Füße zu kämpfen. „Ich ... ich werde dich töten, Monster!" fauchte der Fremde, ich konnte dank der Schatten sehen, wie er ein Messer hob.

Die Stimme kam mir überraschend vertraut vor, aber einordnen konnte ich sie nicht.

Sukunas Stimme ... sie klang nicht mehr nach ihm. Man konnte sie zwar mit etwas Anstrengung durchaus erkennen, aber war sie jetzt viel bass lastiger, tiefer und hallte unheilvoll durch das Haus. „Du kommst des Nachts ungebeten und bewaffnet in mein Haus, schleichst dich in das Zimmer von mir und meiner Frau und glaubst, dass du hier lebend wieder herauskommst. Indem du mich tötest?" seine Klauen sprühten Funken, als er sie langsam durch die Steinwand neben sich riss und tiefe Furchen hinterließ. „Ich werde dir deine Eingeweide durch den Hals rausreißen, von dir wird nicht mal mehr Asche übrig sein, wenn ich mit dir fertig bin." In seinen Augen tobte ein wahres Inferno der ungezügelten Wut, als er trotz allem erschreckend ruhig weitersprach und den Kopf hob, seine Reißzähne blitzten im Licht der Fackeln auf. Feuer hüllte seine große Gestalt ein, als er eine Hand hob und auf den Fremden zeigte.

„Ich werde dir zeigen, zu was das Monster im Stande ist."

Und da, endlich machte es in meinem Kopf Klick. Ich kannte den jungen Mann und für die Treppe war keine Zeit mehr. Kurz nach mir schwang sich Izumi über das Geländer, landete wie ich leichtfüßig fünf Meter unter uns im Foyer und baute sich mit mir zwischen Sukuna dem blutenden jungen Mann auf, der trotzig und voller Furcht sein Messer erhoben hielt und seinen Blick von Sukuna erst losriss, als er mich hinter diesem hervorkommen sah. Sein blondes Haar glühte dank des Feuers wie Gold, erleichtert riss er die Augen auf.

„Elea!"

„Hita!"

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Ich hab lange überlegt, ob ich Hita und damit auch seine Familie nochmal Teil der Geschichte werden lasse und heute hat sich mir eine Idee aufgetan, die das möglich macht :D

Ich hoffe, ihr hattet Spaß beim lesen!

Eure Erin xx

Ancient Love (Sukuna X MC)/FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt