#52*Samuel Charles McTavish

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Es war ein typischer Februarmorgen. Der Himmel war bewölkt und nur hier und da drangen ein paar Sonnenstrahlen durch die graue Decke und ein kühler Wind wehte über den immer noch leicht gefrorenen Boden.
"Du hast mein volles Mitgefühl." Die Ravenclaw klammerte sich wie einen Schraubstock um die Gryffindor.
"Bleib stark!", sagte Lucy und drückte ihre Freundin noch einmal viel zu fest an sich.
"Was meinst du, soll ich ein Brecheisen holen?", murmelte Amy zu James, als alle vier auf dem Bahnsteig vor Hogwarts standen und auf den Ministeriumsangestellten warteten, der Mira zu Sams Beerdigung und zurück bringen soll.

"Ich werde es überleben, danke Lucy", antwortete das, in ein paar von Amy schwarzen Kleidungsstücke gekleidete, Mädchen und befreite sich aus der erstickenden Umarmung.
"Ich mag mich noch erinnern als mein Grossvater starb, ich konnt kaum aufhör'n zu weinen." Lucy setzte zu einer neuen Umarmung an.
"Jap ich hole das Brecheisen!", meinte Amy und James lachte leise darüber, in der Hoffnung, dass sie es aus Spass sagte. Er hatte keine Zweifel daran, dass sie wirklich eines besitzt und dies auch einsetzten würde.

Ein Knall kündigte das Erscheinen des Ministeriumsangestellten an. Ein kahlköpfiger Mann Ende dreissig der sich vermutlich schönere Sachen vorstellen konnte an einem Sonntag morgen zu machen als einen Schüler zur Beerdigung eines Askaban Insassen zu bringen, schlurfte auf sie zu.
"Wer von euch ist Mira Drakken?", fragte er mit desinteressierter Stimme die vier Jugendlichen.
James verdrehte die Augen. "Na 100% ich oder wer würde sonst in Frage kommen, das Mädchen in Schwarz vielleicht?", meinte er und sorgte beim Ministeriumsangestellten für eine kurze Verwirrung bis dieser denn Sarkasmus bemerkte, der James praktisch aus den Poren quoll.
"Na dann, man sieht sich spätestens beim Nachtessen", sagte Mira, noch einmal tief durchatmend und umarmte Amy und danach auch James, den sie mehr oder weniger ungewollt eine Sekunde länger als nötig  festhielt. Dann stellte sie sich vor den Mann und meinte: "Ich bin dann so weit."
"Du bist Mira Drakken, ja?", fragte dieser mit vollem Ernst noch mal nach.
"Nein, das bin immer noch ich!", rief James und Mira drehte sich nochmal schmunzelnd um, bevor der Ministeriumsangestellter seufzend nach ihrem Arm griff und mit ihr apparierte.


Das Grab war auf einem kleinen Hügel platziert worden. Ausser dem Glatzkopf und Mira standen noch vier weitere Personen da. Zwei erkannte Mira als Auroren, die sie wohl im Auge behalten sollen,  einer war wohl der Bestatter und die letzte Person war eine Frau, die Einzige, die wie Mira in schwarz gekleidet war.
Das Mädchen trat neben die Frau an das ausgehobene Loch, in dem bereits der schwere, schwarze Sarg lag. 

Der Bestatter räusperte sich und zog damit die gewollte Aufmerksamkeit der beiden Frauen auf sich.
"Will jemand der Anwesenden eine Grabrede halten und etwas über den verstorbenen Zauberer sagen, eine Erinnerung mit uns teilen vielleicht?"
"Nein danke, ich denke, die Dame hier und ich können uns nachher unter vier Augen über Sammy unterhalten und Geschichten über ihn erzählen, ohne weitere Leute!", meinte die Frau kalt, schenkte Mira aber ein warmes Lächeln von der Seite. Der Bestatter hob abwehrend die Hände und liess mit einem Schwung seines Zauberstabs das Grab zuschaufeln.
Als Mira zusah wie immer wie mehr Erde auf den Sarg fiel, der den toten Körper eines guten Freundes beherbergte, stiegen ihr wieder Tränen in die Augen. Mit einem den langen Ärmel von Amys schwarzem Jäckchen wischte sie sich über das Gesicht.

Mit einem Wink ihres Stabes erschien ein schöner blühender Blumenkranz auf dem fertig zugeschaufelte Grab, bevor die Frau sich an Mira wandte.
"Komm", sagte sie und zog Mira weiter auf den Hügel neben das Grab auf den Boden. Mit einer Handbewegung scheuchte sie den Bestatter weg und holte einen kleinen Korb hervor.

"Ich bin Melanie McTavish, Sams Cousine und das letzte lebende Familienmitglied", stellte sich die Dame vor, sie befand sich gegen Ende ihrer 50er und hatte ihr braunes Haar zu einem Knoten zusammengenommen und trug darauf einen grossen schwarzen Hut.
"Ich bin Mira Drakken, ich sass acht Jahre neben Sam in Askaban." Mira ergriff die ihr hingehaltene Hand und schüttelte sie.
"Ein Mädchen in deinem Alter in Askaban?" Melanie schaute sie Fragen an und holte Sandwichs und eine Thermoskanne Tee aus dem Korb.
"Ja, bin jetzt seit eineinhalb Jahren in Hogwarts, ich sass in Askaban da ich laut dem Ministerium ein paar Leute getötet habe, gab eine kleine Unruhe als es hiess ich darf nach Hogwarts, stand glaub auch in der Zeitung." Sie versuchte so locker wie möglich zu klingen, ihr war diese Situation einfach zu seltsam.
"Ach ja ich erinnere mich. Die aus dieser Todesser Familie, die als kleines Mädchen mit schwarzer Magie ein paar Angestellte des Ministeriums getötet haben soll."
Mira nickte leicht überrascht wie locker die Frau das Thema nahm.
"Weisste, ich frage mich manchmal schon was für Leute das Ministerium einstellt, dass die sich von einem Kind töten lassen." Sie beugte sich verschwörerisch zu Mira und warf einen kurzen Blick auf die Auroren. Mira lächelte schwach, sie wusste nicht recht was sie von dieser Frau halten sollte.
"Erzählt mir was von Sam", bat sie schliesslich.
Sie klatschte in die Hände und in ihren Augen lag ein Funkeln. "Aye, Sammy Charles McTavish war ein süsser Junge, er hatte sehr viel Freude an der Natur und spielte gerne an Bächen, sieht's du das kleine Flüsschen da unten?" Sie zeigte den Hügel hinunter zu einer Gruppe von Bäumen neben denen sich ein Bach durch schlängelte.
"Da spielten wir immer gerne zusammen wenn sich die Familie traf. Unsere Eltern picknickten und Sammy, ich und Bobby, seinen Bruder, spielten am Wasser. Daher habe ich auch diesen Platz gewählt, eigentlich wollte ich da unten, entschied mich dann aber für hier oben damit er nach Askaban ein wenig Sonne bekommt."
Mira biss in eines der Sandwiches, es dauerte einen Moment bis sie bemerkte, dass der salzige Geschmack von ihren Tränen kam und nicht vom Brot.
"Er war ein stolzer Hufflepuff und schloss Hogwarts auch mit guten Noten ab und hatte gute Job Aussichten. Dann, im Alter von 22 wurde er von einem Werwolf gebissen und von da an ging es Berg ab. Er fand wie viele seiner Art keine Arbeit und zog sich dann immer mehr zurück, so wendeten sich irgendwann auch seine Freunde von ihm ab. Als dann seine Eltern starben schloss er sich den Todessern an, da Voldemort ihm und anderen Werwölfen eine "Perspektive" bot. Als der dann besiegt wurde war Sammy wieder auf der Strasse und sein Hass auf die Leute die es gut hatten wuchs, und dies nutzten die Todesser aus und trichterten ihm ein das die Muggel und die Muggelgeborenen schuld an seiner Lage seien." Melanie unterbrach ihre Erzählung und nahm ein Schluck Tee, Tränen hinterliessen nasse Spuren auf ihrem von Falten durchzogenen Gesicht.
"Sammy wohnte eine Zeit lange bei Bobby und seiner Frau und zog bei Voldemorts Rückkehr erneut an seiner Seite in den Kampf. Bobby und Lizzy starben wenig später durch Todesser. Das letzte Mal als ich Sam sah war als er verurteilt wurde. Er zeigte Reue und stritt nichts ab, er suchte keine Ausreden und entschuldigend sich sogar. Als ich vor Jahren hörte dass er sich Voldemort angeschlossen hatte und dann später das Gleiche wieder tat, dachte ich, der gute Junge von damals sei tot und an seiner Stelle sei nun eine böse Person. Aber sein Verhalten vor Gericht zeigte mir, dass er keine schlechte Person war, im war schlechtes widerfahren, er hat sich mit den Falschen abgegeben. Da erkannte ich den kleinen Jungen von damals wieder. Ich konnte ihn noch einmal umarmen, noch einmal konnte ich das letzte Familienmitglied das mir blieb an mich drücken bevor sie ihn abführten und in dieses Loch sperrten."
Mira hatte mittlerweile das Sandwich beiseite gelegt und sah durch den Vorhang von Tränen Sams Cousine an.
"Er schien der Welt verziehen zu haben dass sie ihn als Werwolf verstossen hatte und er schien bemerkt zu haben wie falsch seine Entscheidung waren und die Ideologie der Todesser. Er war ein guter Freund für mich und brachte mir viel bei über die Welt und Gut und Schlecht. Es war nicht fair dass er in Askaban sitzen musste bis zu seinem Tod, an dem ich schuld bin!" Miras Stimme zitterte als sie sprach und Tränen flossen unaufhörlich über Wangen. Melanie sah sie nicht verstehend an.

"Vielleicht ist es besser zu sterben als in einem kalten, dunklen Loch mehr tot als lebend bis zum Erlös zu sitzen", meinte Melodie sanft und rieb Mira über den Oberarm, die sich bitterlich an ihrer Schulter ausheulte.
"Ich hoffe nur er wurde nicht all zu sehr gefoltert." Ein weiterer Heulkrampf schüttelte Mira und ein stechender Schmerz der Schuld borte sich in ihr Herz.
"Ich würde dir gerne sagen das es nicht deine Schuld ist oder das er es für dich gerne getan hat aber er starb unnötig für eine Sache von der er nichts wusste und mit der er nichts zu tun hatte. Ich würde dir gerne etwas aufmunterndes sagen, etwas was dir die Last von den Schultern nimmt aber mir fällt schlicht nichts ein daher mein Rat, nutze diesen Zorn, diesen Schmerz und als dies und sorge dafür das niemand mehr dafür sterben muss, es gab schon genug Opfer dafür die es nicht verdient haben." Melodie strich ihr noch einmal übers Haar als der Glatzkopf kam und ihnen gelangweilt und völlig ohne Mitgefühl mitteilte, dass es Zeit für Mira sei zu gehen. Melodie erdolchte ihn mit einem Blick als Mira sich aus ihren Armen löste und sich nochmal über das Gesicht strich.

"Hier." Melodie hielt ihr ein kleines Päckchen Kekse hin. "Es waren Sammy Lieblingskekse, ich habe eins davon auf sein Grab gelegt. Ich konnte leider nie Nichten oder Neffen verwöhnen und werde nie Enkeln Kekse und Kuchen backen können und du hast vermutlich nie die Fürsorge einer Grossmutter gespürt, daher hier nimm es als eine Art Willkommensgeschenk als Familienmitglied. Dir werden weitere harte Zeiten bevorstehen, das spüre ich und in dieser Zeit würde ich gerne Sams Position übernehmen und dich mental  unterstützen."


"Oh Gott, Mira, alles klar bei dir deine Augen sind total verheult?!" Amy nahm sie auf dem Bahnsteig in Empfang.
"Weisst du, ich würde heute das Nachtessen lieber ausfallen lassen", meinte Mira und drückte die Kekse krampfhaft an die Brust.
"Ja, gut, komm ich bringe dich in den Schlafsaal." Behutsam legte Amy einen Arm um ihre Freundin und ging mit ihr zurück in Richtung Schloss.


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So, hat ein wenig länger gedauert. ich hoffe es gefällt euch trotz des traurigen Inhalts.

Die Insassin von AskabanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt