"Wir haben uns eine Ewigkeit nicht mehr gesehen," stellte Mrs Tatum fest und sah Mira über den Tisch hinweg an.
"Seit den letzten Sommerferien", antwortete Mira tonlos. Der Raum war wirklich fast nebenan. Jedoch war er kleiner und hatte nur ein Tisch mit zwei Stühlen darin.
"Hast du Hunger? Möchtest du Tee?" Die Hexe schwang ihren Zauberstab und aus dem Nichts tauchte eine dampfende Tasse Tee und ein Teller mit Keksen auf.
Mira beäugte das Essen argwöhnisch. "Ich hab keinen Hunger", erklärte sie bestimmt.
"Oh, gut. Deine Freunde schienen welchen zu haben." Sie liess den Tee wieder verschwinden.
"Ich habe vor dem Quidditch Spiel noch etwas gegessen, sie nicht", sagte sie und verwies wohl darauf, dass sie, James und Fred beim Quidditch Spiel von Ravenclaw gegen Slytherin heute gesehen wurden.Mrs Tatum musterte die junge Frau vor sich. Ihre grauen Augen sahen aus wie der Himmel kurz vor einem Sturm, das dunkle Haar fiel ihr wild über die Schulter und bildeten einen harten Kontrast zu Miras blassem Gesicht, das sie umrahmten.
"Du hast etwas Farbe bekommen. Warst du oft an der Sonne?", stellte Mrs Tatum unschuldig fest.
"Sonne? In Schottland? Aber ja, man kriegt einen gesündere Farbe wenn man nicht die ganze Zeit in einer kalten, dunklen Zelle eingesperrt ist."
Mrs Tatum blinzelte ein paar Mal wortlos. Von dem Mädchen, das sie vor bald drei Jahren aus Askaban geholt hatte war nicht mehr viel übrig. Mira war besser genährt, ihre Wangen waren nicht mehr so eingefallen, man sah nicht mehr überall einen Knochen rausstehen und mittlerweile könnte man durchaus auch weibliche Kurven an ihr entdecken. Das Haar war gepflegt und hatte einen matten Glanz, und ihre Augen... ihre Augen waren schon damals aufmerksam aber jetzt wirkten sie fast kalkulierend.
Mrs Tatum seufzte, es könnte alles so viel einfacher sein.
"Reden wir nicht um den heissen Brei herum. Hilf mir auf die Sprünge, Mira?" Mira zog skeptisch die Augenbrauen hoch, lauschte aber aufmerksam weiter. "Ich verstehe dich nicht. Du kriegst eine zweite Chance, gehst nach Hogwarts, baust dir ein Leben auf mit Freunden, gute Noten und Träumen. Und dann... zwei Jahre nach der ganzen Geschichte gehst du zurück wo alles angefangen hat, verwickelst gewisse Menschen in einen Kampf und zu allem Überfluss ziehst du auch noch deine Freunde mit rein." Sie stoppte um zu sehen wie ihre Worte wirkten, bevor sie beschloss noch einen drauf zu setzten. "Du hast nicht nur deine Zukunft weg geworfen sondern auch noch die deiner Freunde. Ausgerechnet du solltest es doch besser wissen. Willst du, dass deinen Freunden das Gleiche passiert wie dir?" Sie suchte Miras versteinerte Miene nach einem Zeichen der Unsicherheit ab. Doch da war nichts, Mira lehnte sich etwas vor und faltete die Hände auf dem Tisch. Der graue Wolkenhimmel in ihren Augen hatte sich zu einem Sturm verwandelt.
"Ich hatte noch nicht mal eine erste Chance. Und sie können meine Freunde nicht einfach so unter den Teppich kehren wie mich damals. Ich habe meine Zukunft nicht ruiniert. Ich habe mir eine mühsam aufgebaut und es gab da noch ein paar Sachen die ich dafür... aus dem Weg räumendem musste." Sie lächelte leicht. "Aber das habe ich schon lange gemacht, heute habe ich einfach nur das Quidditch Spiel genossen und habe darauf gewartet am Abend von Lucy zu hören, wie ihr Date mit Alexsander gelaufen ist."
Sie beharrte also auf ihrer Story. "Du hast deine Eltern verloren und du fühlst dich vom Ministerium hintergangen. Ich kann dir nicht vorwerfen, dem Ministerium nicht zu vertrauen aber du kannst mir vertrauen. Ich verstehe dich Mira-", begann Mrs Tatum, wurde aber von Mira unterbrochen.
"Nein das tun Sie nicht!", schrie Mira und Mrs Tatum zuckte leicht zusammen über den Wutausbruch. Ihre Mundwinkel zuckten leicht, sie schien die richtigen Knöpfe gedruckt zu haben."War es ein Racheakt, Mira?", fragte sie mild.
"Oh Sie wissen ganz genau, dass es keiner war!", gab Mira aggressiv zurück. Mrs Tatum warf Mira einen warmen Blick zu. Es war gut wenn sie wütend und emotional wurde. Es ging nur noch darum wer den ersten Fehltritt machte.
"Was hattest du da zu suchen und wieso waren deine Freunde da?"
"Wo? Beim Quidditch Spiel?"
Mira schien weiter auf ihrer Ausrede zu beharren aber doch gab sie immer wieder Kleinigkeiten preis. Es musste nicht mehr viel sein, bis die Wahrheit kam. "Wenn das so weiter geht, landest du wieder in Askaban, für dein Leben lang. Und nicht nur du." Mrs Tatum setzte wieder einen sanftmütigeren Ton an. "Hast du mal an deine Freunde gedacht? Was ist mit dem netten Junge der bei dir war? Liebe macht blind aber soll eine falscher Schritt sein ganzes Leben ruinieren? Du hast es in der Hand, Mira." Sie legte eine Pause zum nachdenken ein, für sich und für Mira.
"Liebe macht zwar blind, darum hat er sich trotz allem in mich verliebt, aber sie macht nicht doof. Ausserdem ist er der Sohn von Harry und Ginny Potter, benannt nach einem Mann der aus Askaban ausgebrochen ist. Und jetzt eine Frage an Sie. Ruiniere ich nicht die Zukunft meiner Freunde mehr, wenn ich etwas sage als wenn ich schweige? Was könnt Ihr uns wirklich nachweisen? Wollt ihr uns einfach etwas anhängen?" Mira hatte für den letzten Satz den gleichen sanftmütigen Ton angeschlagen wie Mrs Tatum. Wollte sie die Karten offen auf den Tisch legen? Es war schwer abzuschätzen wie stark Miras defensive am bröckeln war.
"Wir haben Beweise," presste Mrs Tatum hervor und versuchte selber so sicher wie möglich zu klingen. Wenn Mira ihre Karten offen legen wollte, konnte sie das nur zu gerne tun, aber Mrs Tatum gab nicht mehr preis als sie musste.
"Genau, deshalb reden wir immer noch", gab Mira sarkastisch zurück.
Mrs Tatum schloss kurz die Augen, sie musste sich konzentrieren, sie konnte fast spüren wie Mira ihre Emotionen wieder unter Kontrolle brachte. "Wir wissen, dass ihr dort wart und das Menschen umgekommen sind. Wenn ihr nichts sagt dann müssen wir von Mord ausgehen. Auch wenn uns da das Motiv fehlt."
"Wir wissen beide, dass Ihr nicht von Mord ausgeht und dass Ihr das Motiv kennt. Würdet Ihr mir Eure Beweise nennen?", fragte Mira.
Mrs Tatum musterte sie lange. Mira verhielt sich als wüsste sie etwas über die geringe Stichhaltigkeit der Beweise, auch wie sie immer zum Quidditch Spiel zirkulierte aber sie hatte auch das Motiv angesprochen."Gehen wir mal von einem Kampf aus, okay? Hypothetisch versteht sich... um was wäre es dabei gegangen?" Sie formulierte ihre Frage vorsichtig.
"Hypothetisch? Vermutlich um Leben und Tod. Aber ich garantiere Ihnen, ich habe heute keine Gefechte ausgeführt." Miras Antwort kam schnell.
"Okay, du hast nicht gekämpft aber wieso warst du da?" Langsam tastete sich Mrs Tatum heran. Mira schwieg, blickte aber immer noch Mrs Tatum geradewegs in die Augen.
"Ging es um etwas, das deine Kindheit in diesem Heim betraf?", fragte Mrs Tatum. Immer noch Stille von der anderen Seite.
"Ging es um das, was damals da vorgefallen war?" Stille.
"Ging es um die Seiten?" Jetzt. Miras Brauen zuckten leicht zusammen. Mrs Tatum verkniff sich ein triumphierendes Lächeln.
Mira schien es bemerkt zu haben, denn sie lehnte sich noch etwas weiter vor. "Welche Seiten?", fragte sie unschuldig. Mrs Tatums verfluchte sich innerlich. Sie war so darauf konzentriert gewesen ein Fehler bei Mira zu finden."Okay, du hast mich erwischt," Sie setzte sich eine andere Taktik, "legen wir die Karten offen auf den Tisch." Sie hatte ein anerkennendes Lächeln auf den Lippen. Wer hätte gedacht, dass das Mädchen so verschlagen sein kann. Mit dem Vorfall von heute kam sie nicht weiter aber vielleicht konnte sie über einen anderen Weg an die Informationen herankommen.
"Wir wissen, dass du nach deiner Entlassung das Buch deiner Mutter beschaffen hast und dass du die wichtigsten Seiten entfernt hast. Wo sind die jetzt?", fragte sie mit scharfem Ton.
"Woher wisst Ihr das die Seiten fehlen?" Sie sprach nicht aus, dass das Buch aus ihrem Schlafsaal gestohlen wurde aber die Anklage stand dennoch deutlich ihm Raum.
"Es gehört rechtmässig dem Ministerium!", fauchte Mrs Tatum und zügelte sich sofort wieder.
"Meine Eltern sind dafür gestorben!", gab Mira wütend zurück. Sie hatte etwas furchteinflössend und unberechenbares an sich, auch ganz ohne Zauberstab. Etwas von einem Tier, das zu lange eingesperrt gewesen war.
"Du hast, klug wie du bist, die Seiten und das Buch an verschiedenen Orten versteckt. An das Buch bist du rangekommen aber nicht an die Seiten, oder?"
"Ihr habt recht," gab Mira zu und lehnte sich in ihren Stuhl zurück, "ausser in einem Punkt. Ich habe das Buch nie versteckt, es wurde mir zusammen mit sämtlichen anderen Sachen abgenommen bei der Gefangennahme und für acht Jahre unentdeckt in einer Schachtel im Ministerium aufbewahrt, bis man es mir mit meinen Sachen zurück gab."
Mrs Tatums Blut wich aus ihrem Gesicht. Das muss eine Lüge sein, so etwas wäre nie passiert! Sicher trieb Mira hier ein Spiel... aber sie hatten absolut keine Angaben, wie Mira wieder in den Besitz des Buches gekommen war. Das Buch wurde deine ganze Gefangennahme über im Ministerium verwahrt? Das konnte nicht sein. Sie dachte zurück an die vielen Suchen. Jedes auch nur mögliche Versteck wurde in den acht Jahren abgesucht wo sich die Familie Drakken aufgehalten hatte. Und nie währen sie auf die Idee gekommen, dass das Kind die wichtigsten Seiten auszureissen verstecken würde, während der Rest die ganze Zeit unbemerkt im Ministerium aufbewahrt wurde.
Mrs Tatum fasste sich an die Stirn. Die Monate lange Vorbereitung in Hogwarts einzubrechen mit dieser aggressiven Katze nur um zu sehen, dass die wichtigsten Seiten fehlte, dabei hätte man einfach in eine der vielen Schachteln im Keller des Ministeriums schauen müssen.
Mira verschränkte selbstgefällig die Arme. "Na sieh mal einer an. Ich hab Ihnen wirklich dieses süffisante Lächeln aus dem Gesicht gewischt." Sie erhob sich. "Ich nehme an wir sind jetzt hier fertig und ich kann zurück zu meinen Freunden?"___________________________________
Ich habe mal versucht aus einer anderen Perspektive zu schreiben, wie fandet ihr es?
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Die Insassin von Askaban
FanfictionSeit ihrer Kindheit sitzt Mira Drakken in Askaban, aber jetzt endlich gibt es einen Lichtblick. Das Ministerium erlaubt es ihr nach Hogwarts zu gehen, obwohl sie bereits 15 ist. Endlich bekommt sie eine Chance auf ein neues Leben. So versucht Mira...