Auf jedem Schritt erklärte Jacky ihm alles und ließ kein Detail unausgesprochen. Soleils, Kaorus und Melodys Unsterblichkeit, ihre Vergangenheit, ihre Motive, was Mari und sie mit allem zu tun hatten und was es brauchte, um den Fluch aufzuheben. "Hm... Verstehe..." Laslow nickte, wirkte aber, zu ihrem Unverständnis, kein bisschen überrascht. "Das erklärt einiges..." Er schloss die Augen und schien nachzudenken. "Sie existieren also wirklich..." murmelte er vor sich hin. "Was?" fragte Jacky. Er winkte ab. "Nicht wichtig. Armer Kaoru... Das muss ein ziemliches Dilemma sein, was er da hat. Entweder er entsagt der Unsterblichkeit und lässt Soleil allein, oder er bleibt bei ihr und quält sich weiter da durch. Sie kennen sich schon seit Jahrhunderten und müssen einander viel bedeuten. Kaoru muss sich wohl ziemlich viele Vorwürfe machen...", "Und jetzt ist Soleil verschwunden", seufzte Jacky. "Niemand kann fühlen, wie er sich fühlt... Er muss sich so unglaublich mies fühlen. Warum würde Soleil ihn alleine lassen? Genau jetzt?", "Vielleicht fühlt sie sich verraten.", "Vielleicht...", "Kaoru ist unsterblich, hast du gesagt..." Laslows Augen verengten sich. "Das heißt theoretisch, dass er sich antun kann, was er will, ohne, dass sein Körper Konsequenzen davon trägt.", "Das war meine Vermutung..." seufzte sie niedergeschlagen. "Ich weiß nicht, was in Kaoru vor sich geht... Ich dachte erst, ich könnte ihn davon überzeugen, seine Meinung zu ändern, aber ich war naiv.", "Ganz egal, für was er sich entscheidet... Er würde entweder seinen Lebenswillen verlieren... oder auf ewig ein schlechtes Gewissen haben." Jacky schwieg betreten und hatte die Arme um sich gelegt. Ihr Blick war dabei auf ihre Füße gerichtet. Auch Laslow schwieg, aber es war eine andere Art von schweigen. Ein nachdenkliches Schweigen. Ein Schweigen, dass verriet, dass er sich innerlich damit auseinander setzte. Ja, Jacky wusste, dass ihm diese Art von Gefühle bekannt vorkommen mussten. Aber anders als Kaoru trug er keine Narben... "Egal, wo sie ist, Soleil kommt zurück..." Jacky legte eine Hand auf seinen Arm. Ihr Blick war fest auf ihn gerichtet, als würde sie bei ihm nach Hoffnung suchen. "Sie wird wiederkommen", sagte er. "Was anderes wäre wohl kaum ihre Art. Sie kommt wieder zurück. Irgendwann."
Sie erreichten Eventura. "Willkommen in meiner Heimat..." Jacky breitete die Arme aus und blieb vor ihm stehen. "Hier ist es ziemlich ruhig, aber genau das ist es, was ich an Eventura liebe.", "Damit hast du es aber auch schon recht gut zusammengefasst", bemerkte er. "Nicht wahr?" Sie kicherte leise und wandte sich ihm zu. "Hier ist der perfekte Ort für mich, um zur Ruhe zu kommen. Es ist nicht viel los, Eventura ist etwas abgeschieden von den anderen Städten und überall ist Wald...", "Hier lässt es sich leben", meinte er und nickte. "Na dann. Gehen wir zu dir nach Hause?", "Ich stelle dich meiner Mutter vor!" Jacky nickte etwas fröhlicher gestimmt als vorher und lief eilig voraus. "Komm mit!", "Ich bin direkt hinter dir." Er folgte ihr. An ihrer Tür angekommen wollte Jacky gerade klopfen, als ihre Mutter vor Begeisterung lachend die Treppen hinab sprang und Laslow in die Arme nahm. "Na endlich bringt sie ihn mit! Wie lange habe ich darauf gewartet!", "Wah...?!" Vor Überraschung war Laslow nicht in der Lage, etwas zu sagen. "M-Mama! Lass ihn bitte los, du zerdrückst ihn noch!" Ebenso überrascht und bis zum Ende verlegen schrie Jacky auf. Laut kichernd löste sich ihre Mutter wieder von dem Silberhaarigen und betrachtete ihn von oben bis unten. "Schon gut, schon gut. Es ist das erste Mal, dass du einen Jungen mit nachhause nimmst! Darf ich mich nicht freuen?", "..." Laslow starrte ihre Mutter immer noch etwas überrascht an, bis er sich in den Griff bekam und die Hand hob. "Äh... Hallo. Ich bin Laslow Steward.", "Evelyn Heavens. Ach, bin ich froh!" trällerte sie und führte die beiden in das Haus. "Sie hat mir schon so viel über dich erzählt!", "Hat sie das?" Er rieb sich peinlich berührt den Nacken. "Ich hab ihr nicht viel erzählt!" Am liebsten würde Jacky im Boden versinken. Laslow wusste nicht so recht, was genau er sagen sollte, sondern warf einen etwas... hilfesuchenden Blick zu Jacky, die allerdings knallrot ihm Gesicht war und auf den Boden starrte, als würde sie hoffen, er würde sich tatsächlich auftun. Stattdessen sammelte Laslow sich wieder und sagte dann höflich: "... Freut mich ebenfalls, Sie kennen zu lernen, Mrs. Heavens.", "Bitte, fühl dich wie Zuhause." Jackys Mutter deutete auf die Couch und bereitete Tee vor. "Hach, ich bin ja so aufgeregt!" Ohne ein weiteres Wort fasste Jacky sich an die Stirn und warf Laslow einen entschuldigenden Blick zu. "Deine Mutter ist... speziell", raunte er ihr zu. "Diesmal fällt der Apfel wirklich weit vom Stamm, hm?" Sie zwang sich zu einem leisen Lachen. "Kannst du laut sagen." Er rückte seine Jacke zurecht, die durch die überraschende Umarmung verrutscht war. "Bedient euch!" Sorgfältig platzierte Evelyn das Teegeschirr und legte ein paar Kekse fein säuberlich auf die Teller, bevor sie sich dazusetzte. "Warum so leise?", "Ach... n-nichts! Nichts!" Jacky winkte schnell ab. "Es ist gemütlich hier", rettete Laslow sie galant mit seiner Aussage. "Vielen Dank", kicherte Mrs. Heavens und griff nach ihrer Teetasse. "Ich bin auf meinen Reisen viel herumgekommen und alles, was ich von den Orten mitgenommen habe, ist hier gelandet.", "Tatsächlich? Das ist dann aber sehr viel." Er sah sich aufmerksam um, bevor er sich ebenfalls auf der Couch niederließ und einen Keks in die Hand nahm. "Mm." Sie nippte an ihrem Tee. "Nun, erzähl mir von dir, mein Lieber!", "... Da gibt es echt nicht viel zu wissen. Also... nichts wirklich Interessantes.", "Wie habt ihr beiden euch kennengelernt?", "Durch das PWT. Junior-Cup. Ich bin in der selben Runde wie Jacky ausgeschieden. Ich habe sie danach herausgefordert, um zu wissen, woran ich noch arbeiten muss und meine damalige Stärke einzuschätzen.", "Soviel ich weiß, giltst du heute als einer der stärksten Nachwuchstrainer Einalls", bemerkte sie. "Du warst im Finale der Liga. Das heißt schon was.", "Hm." Er musterte den Keks in seiner Hand. "Naja... Wenn man das sagt. Solche Meinungen sind subjektiv, ich denke, in der Allgemeinheit schwanken sie relativ. Menschen denken unterschiedlich über etwas... Man sollte einer Meinung oder der Meinung vieler keine Allgemeingültigkeit verleihen.", "Keine falsche Bescheidenheit." Evelyn lachte ausgelassen, während Jacky krampfhaft nach einem anderen Thema suchte. Schließlich unternahm sie einen Versuch, sich in das Gespräch einzuklinken und wenigstens zu versuchen, die Führung zu übernehmen. " Laslow ist wirklich stark. Aber ich glaube, der, der ihn am Meisten unterschätzt, ist er selbst. Ich hatte in unserem Kampf immer wieder Angst, die Kontrolle zu verlieren. Naja... das hab ich auch, letztendlich. Egal, was ich erlebt habe... Das ist nichts zu dem, was er durchmachen musste.", "Jacky, bitte. Das stimmt nicht und das weißt du a-", "Natürlich stimmt das. Hör auf, es zu leugnen.", "..." Er seufzte nur. "Ja, okay...", "Vielleicht war sie nicht so stark davon belastet wie du, aber meine Tochter hat auch viel durchmachen müssen", begann Mrs. Heavens und sorgte dafür, dass Jacky aufblickte und sie fragend anstarrte, dennoch festigte sich ihr Griff um ihre Teetasse. "Ihr Vater... richtig?" vermutete Laslow. Sie nickte. "Sogar als sie noch in die Schule ging, lag sie oft nachts im Bett und hat geweint, weil er nicht auf ihre Briefe geantwortet hat", erzählte sie mit belegter Stimme. "Sie hat ihm jeden Tag einen geschrieben und ihn nach draußen gelegt, damit er ihn abholen kann...", "Verstehe." Laslow richtete seinen Blick versunken in seinen Tee. "...Meine Mutter ist tot. Ich hatte mich für ein Turnier in der Schule qualifiziert, aber an dem Tag war es stürmisch. Ich wollte trotzdem unbedingt hin, weil es mein erstes Turnier war..." Er bemerkte, das Mrs. Heavens ihn interessiert ansah und es war ihm unangenehm. Dennoch ließ er sich nichts anmerken und redete weiter. "Mom wollte mich nicht traurig machen. Sie fuhr mich hin... aber... es ist ein Baum auf unser Auto gefallen. Ich hatte nur überlebt, weil mein Mollimorba mich raus teleportiert hat. Ich dachte damals, dass es meine Schuld war. Ich habe mich so schuldig gefühlt, so mies... Ich habe es mir jeden Tag aufs Neue eingeredet. 'Es war deine Schuld. Wegen dir ist sie tot. Hättest du nur auf sie gehört, wäre es nicht passiert. Dummes Kind.' Das ging so weit, dass ich letztendlich Depressionen bekommen habe. Das war nicht schön... Die Beziehung zu meinem Vater hat ziemlich gelitten, als ich auf die Reise gegangen bin. Und in den letzten Wochen hatte ich alle Gründe, um sauer auf meinen Vater zu sein. Naja... ich habe jetzt eine Stiefmutter. Anscheinend.", "Nichts davon ist deine Schuld..." Jacky sah zögernd zu ihm. "Ich weiß... ich weiß." Er schüttelte den Kopf. "Ich lag vor nicht allzu langer Zeit im Pokémon-Center, weil ich mich verletzt hatte", fuhr er fort, machte aber eine große Biege um die ganze Reaper-Geschichte. "Drei Tage lang. Ich hatte meinem Vater gesagt, ich würde eine Weile in Orion bleiben, aber er war kaum zuhause. Naja... ich hatte gehofft, dass er mich wenigstens besuchen kommt, aber er ist nicht aufgetaucht. Als ich dann wieder auf den Beinen war, habe ich ihn gesehen. Mit dieser Frau, die mittlerweile meine... Stiefmutter ist. Ich war stinksauer.", "Das kann ich nur verstehen, mein Lieber." Evelyn faltete betrübt die Hände auf ihrem Schoß. "Aber du musst wissen, dass dein Vater dich immer lieb hat, egal, was er macht oder wo er ist. Keinem Vater ist das eigene Kind egal und er kann froh sein, dass er so einen Sohn hat wie dich.", "Er hat sich ja auch entschuldigt... Aber ich war wütend auf ihn. Naja... ich muss mich jetzt erstmal an die neuen Umstände gewöhnen... Aber ich meine... er hat mir nicht ein Wort erzählt... Nicht eines.", "Manchmal machen Menschen Dinge, die nur für einen selbst logisch erscheinen. So sind wir, Laslow... Und egal, wie oft man es zu verstehen versucht, man kann es nicht immer. Ich will deinen Vater nicht in Schutz nehmen, nur... Wenn du bereit bist, wieder mit ihm zu reden, solltest du ihn alles erklären lassen. Was du damit anfängst, kannst nur du entscheiden.", "Ja, ich weiß... ich kann ihm nicht ewig böse sein." Er seufzte erneut. Jackys Mutter nickte einverstanden und klatschte dann in die Hände. "Genug Trübsal geblasen! Warum zeigst du ihm nicht die Gegend? Noch ist Zeit." Erwartungsvoll sah sie zu Jacky. "Ah... Ja, gute Idee." Sie stand auf. "Bis später! Passt auf euch auf!" Evelyn winkte ihnen nach, als sie das Haus verließen.
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Saviors of Tomorrow 4 (Eine Pokémon-FF)
Fanfiction"Wenn Kalani etwas weiß, was auch immer es ist... Ich frage mich, was es sein könnte. Als Lehrer muss er doch auch als Hilfsperson für die Schüler herhalten, wenn sie persönliche Probleme haben. Das hat Cheren bei uns in der Schule doch auch immer g...