Alola-Kapitel: Eine Sache des Vertrauens

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Laslow kniete sich vor die Vorratskisten, als sie ankamen. "Mh. Das sind doch ganz schön viele. Morbitesse, komm raus." Laslows Morbitesse erschien neben ihm. "Legen wir los." Während eine Kiste nach der anderen geöffnet und die Vorräte sortiert wurden, war Jayden still. Nur kurz brach er das Schweigen. "Sobald ich weg bin, ernähren sich alle hier wirklich nur noch von Wasser und Brot." Er versuchte, scherzhaft zu klingen. "Hah... das klingt so, als sollte das eine Strafe für sie sein." Laslow öffnete eine Kiste und lugte hinein, bevor er die sich darin befindenden Beerenschalen vorsichtig heraus holte. "Hm." Mehr kam nicht als Antwort. Laslow packte die leere Kiste beiseite und zog eine neue zu sich, als würde sie rein gar nichts wiegen. "Die Leute hier sind erwachsen. Sie werden ja wohl in der Lage sein, sich selbst zu versorgen.", "Du bist praktisch auch erwachsen und zerrst dich trotzdem krank hierher.", "Das ist was anderes. Das kann man nicht vergleichen." Wieder war Jayden kurz still und seufzte dann. "Ich weiß, ich weiß... Tut mir leid.", "Du bist so still. So nachdenklich zu sein sieht dir eigentlich gar nicht ähnlich.", "Ist das so?", "Ja." Laslow nickte, während Morbitesse mit seiner Psychokinese Pokémon-Medikamente sortierte. "Weißt du... ich hab keine Ahnung, was an diesem Ort genau passiert ist. Ich kann mir also kein Urteil drüber erlauben, aber... ganz egal, was hier passiert ist, es ist immer noch eine Zukunft sichtbar am Horizont, die du mit jemandem anders teilen kannst. Also gibt es keinen Grund, so schweigsam und nachdenklich zu sein. Was kommt ist besser als das, was fort ist. An der Vergangenheit festzuhalten, sorgt dafür, dass du die Zukunft nicht erreichen kannst. Du wirst keinen Schritt weiterkommen, du wirst für immer auf derselben Stelle stehen bleiben.", "Eine Zukunft..." wiederholte der Rothaarige in sich gekehrt und versuchte, das plötzliche Ziehen in seiner Brust zu ignorieren. "In meinem Brief an Mari hab ich geschrieben, dass meine Gegenwart gerade nur aus der Vergangenheit besteht. Loszulassen war nie meine Stärke. Auch, wenn das Kloster nicht mehr mein Zuhause ist...", "Naja. Jetzt hast du keine andere Wahl mehr, stimmt's?", "..." Jayden blickte zu Laslow, überrascht von seinem Versuch, ihn aufzuheitern. "Ja... Stimmt." Laslow stand auf, um eine schwere Kiste zu öffnen. "Siehst du... man kann nicht positiv durchs Leben laufen, wenn der Kopf nur ans Negative denkt, weißt du?", "Ich denke nicht nur ans..." Jayden stockte verbissen. Laslow griff in die Kiste. "Hmmh... Kartoffeln?", "Wir sollten weitermachen. Sonst verrottet alles, während du mir Predigen hältst." Er brachte ein Schmunzeln auf und sortierte zusammen mit Laslow weiter.

Bald waren alle Kisten leer und ordnungsgemäß gestapelt. "Danke für die Hilfe." Jayden betrachtete die Stapel mit einer Spur Erleichterung in der Stimme. "Die Halle sauber zu machen sollte nicht lange dauern. Du kannst gehen, wenn du willst.", "Hm..." Laslow fuhr sich etwas schwächlich durchs Haar und stand wankend auf. "Huh... Vielleicht...", "...Oder du bleibst hier, bevor du mit dem Gesicht zuerst im Schnee landest.", "Keh... Du hast Humor." Laslow streckte sich. "Wenn ich keine Belastung für dich darstelle, wenn ich hier bleibe...", "Unsinn. Das ist das Mindeste, was ich tun kann. Such dir ein Zimmer aus und ich bring dir Tee vorbei. Hast du Hunger?" Laslow räusperte sich, aber sein grummelnder Bauch beantwortete die Frage schneller als er. Jayden konnte nicht anders als zu lachen und klopfte ihm beim Vorbeigehen kurz an der Schulter. "Ich versteh schon, ich sollte mich beeilen.", "Dabei hab ich nicht mal Ja gesagt." Laslow lächelte peinlich berührt. "Hast du." Amüsiert deutete Jayden auf seinen Bauch, bevor er um die Ecke bog. Laslow schüttelte verkniffenden Kopf, bevor er sich in einem der Gästezimmer einquartierte und sich aufs Bett fallen ließ.

Das Klappern von Geschirr auf Holz kündigte das Essen an. Kurz darauf betrat Jayden mit einem hölzernen Tablett das Zimmer. "Ich hab mehr Gemüse als sonst in die Suppe getan und der Tee kann ein bisschen bitter schmecken.", "Mehr Gemüse als sonst?" Laslow setzte sich auf. "....Du benimmst dich ja, als wär ich schwer krank.", "Krank ist krank." Stur schüttelte Jayden den Kopf und stellte das Essen auf dem Tisch neben dem Bett ab. "Du machst da keinen Unterschied, huh?" Laslow lächelte nur schmal. "Danke. ...Hey, sag mal? Hast du eigentlich Narben von Reapers Angriff zurück behalten?", "Woher der Themenwechsel?" Der Rothaarige setzte sich auf einen der einfach gezimmerten Stühle und lehnte sich zurück. "Ich hab nur gefragt." Laslow zog sein Shirt an seiner Schulter etwas herunter, wo eine Narbe deutlich erkennbar war. "Ich hab nur einen Schnitt davongetragen. Keine Narben." Ausweichend zuckte er mit den Schultern und drehte den Kopf zur Seite. "Hm... Du Glücklicher." Laslow rückte sich das Shirt wieder zurecht. "Ich weiß, dass ich vor dem eigentlichen Überfall gegen ihn gekämpft hatte. Ich bin von Fiaro gefallen und hatte mir den Arm verstaucht.", "Oh. Echt? Das hat mir noch gar keiner erzählt... Wieso wusstest du dann nicht, wer er ist, wenn du ihm schon begegnet bist?", "Er hat meine Erinnerungen versiegelt. Ich wusste nicht mehr, warum ich draußen lag... Erst später hat er sie mir wiedergegeben.", "Ernsthaft? Er hat deine Erinnerungen versiegelt?" Laslow verengt die Augen. "Vermutlich Begrenzter oder Amnesie, huh... Dieses Echnatoll war wohl sehr vorsichtig...", "Eher wahnsinnig", schnaubte Jayden. "Das beschreibt's auch ziemlich gut." Laslow knirschte mit den Zähnen. "Ich hab leider nicht gesehen, was genau passiert ist. Was zählt, ist, dass der Spuk ein Ende hat. Im wahrsten Sinne des Wortes.", "Ich war froh, dass ich Mari davon überzeugen konnte, dass ich mitgehe. Jeder weiß, wie stur sie sein kann.", "Das kann sie allerdings. Daran zweifle ich nicht.", "Was habt ihr eigentlich gemeinsam? Du und Jacky?", "Hm?" Laslow sah an die Decke. "Naja... abgesehen davon, dass wir beide tanzen, tendieren wir beide eigentlich eher nicht dazu, schnell die Beherrschung zu verlieren. Wieso fragst du?", "Nur so." Jayden schlug die Beine übereinander und schloss entspannt die Augen. "Okay." Laslow zuckte mit den Schultern und widmete sich dem Essen, in dem er das Tablett auf seinem Schoß abstellte. "Dann wollen wir mal.", "Du solltest alles essen, sonst wirst du vor der Abfahrt vielleicht nicht rechtzeitig fit.", "Danke für deine Sorge." Laslow lachte leise. Jayden sagte nichts dazu, sondern grinste nur schief. Laslow tauchte den Löffel in die Suppe und pustete, bevor er ihn zum Mund führte. "... Da fällt mir ein... Jacky sagte mal, Mari hatte nie wirklich einen guten Draht zu Jungs. Wieso?", "Sie wurde in der Schule schlecht behandelt." Jayden erinnerte sich an seine eigene Wut, als er an den Moment zurückdachte, an dem Mari ihm alles erklärt hatte. "...Und es blieb nicht nur bei Beleidigungen.", "Warum? Wieso macht man so was? Was hatten die denn für einen Grund?", "Sie war wohl oft alleine und abgegrenzt in der Schulbibliothek. Sowas nehmen sich andere gerne als Zielscheibe." Das Konzept war für Jayden so fremd, dass er ratlos den Kopf schüttelte. "Macht man das wirklich so? Ich kann es einfach nicht verstehen...", "Sie war in der Schulbibliothek? Dann hat sie dort wohl gelernt... hatte sie gute Schulnoten?", "Ziemlich gute, denke ich. Eine Sache, die uns voneinander unterscheidet.", "Tse... Typisches Streber-Prinzip." Laslow schüttelte verächtlich den Kopf. "Wenn jemand ausnahmslos gute Schulnoten hat, wird er gerne zur Zielscheibe gemacht, weil andere eben nicht so gut und neidisch sind. So ein Verhalten ist echt das Allerletzte. Und dann gibt's da noch die Leute, die mitmachen, weil andere es auch tun. Sogenannte Mitläufer. Solche Leute allein zu sehen, treibt mir Erbrochenes in meine Mundhöhle.", "Hmm... War Jacky nicht eine davon? Von den Mitläufern? Ich bin mir nicht sicher. Irgendwann hab ich die beiden miteinander reden gehört und sie hat gesagt, dass sie oft zu viel Angst hatte, um Mari zu helfen und deswegen still war.", "Vielleicht, aber Verhalten kann sich ändern. Arceus sei Dank, weil sonst müsste man den Glauben an die Menschheit verlieren." Jayden lachte. "Stimmt wohl. Fakt ist: Mari hatte es in der Schule offensichtlich nicht leicht und war scheinbar auch noch alleine, bevor sie sich mit Jacky angefreundet hat.", "Mhm... Dann kann man natürlich verstehen, warum sie... so drauf war, wie sie drauf war.", "Sie muss mir vertrauen, sonst hätte sie mir das nie erzählt... Trotz allem, was passiert ist." Jayden seufzte tief. "Wundert dich das?", "Huh...?" Jayden sah ihn an. Er fandet keine Antwort darauf. Zerknirscht verengte er die Augen und suchte nach Worten. "...", "Sag mir, wenn ich falsch liege... Ich meine, so wie ich das mitbekommen hab, war sie am Anfang dir gegenüber nicht die Netteste. Aber... mich würde es an deiner Stelle nicht wundern.", "Ich hoffe, dass sie mir vertraut, aber... Ich weiß, warum sie Jungs so verabscheut hat... Und manchmal habe ich Angst, dass ich mir zu viel einbilde. Dass ich nur träume, dass sie mir so sehr vertraut... und am Ende doch alles in sich behält, um andere nicht damit zu belasten.", "Hm." Laslow sah zu ihm. "Das würde ihr zumindest ähnlich sehen, aber ich glaube nicht so recht daran.", "Meinst du?" Wie sehr es ihm auch gut tun würde, Laslow zu glauben - nur ein weiteres Kopfschütteln folgte als Antwort. "Das musst du wissen. Am Ende erscheint es so, als ob du ihr nicht vertrauen würdest", kommentierte Laslow. "Was...?", "Ich mein ja nur. Wenn du daran zweifelst, dass Mari ehrlich zu dir ist, klingt es so, als würdest du ihr nicht nicht zutrauen, dass sie das Gegenteil davon tun könnte.", "Das ist nicht wahr!", "Ich sag ja nur, wie's sich anhört." Wieder brach dunkles Schweigen über den Rothaarigen herein. Wieder schloss er die Augen - das Gefühl, von innen heraus zerrissen zu werden, quälte ihn. Du kannst mir nicht helfen. Seine eigenen Worte hallten wie ein spöttisches Echo in seinen Gedanken wider. Vor seinem inneren Auge sah er nur noch Maris bestürztes Gesicht. Nicht wirklich. Niemand kann es und ich will es erst gar nicht. "Ich..." Verbittert atmete er aus, als er bemerkte, dass er für einen Moment den Atem angehalten hatte. Sein Kopf hatte sich unbewusst gesenkt. "Was weiß ich schon von Vertrauen..." Laslow sah ihn an und schüttelte dann den Kopf. "Tut mir Leid, ich wollte nicht..." Jayden gab kein Wort von sich. Sein Blick war wie versteinert und finster. Schweigen und Stille breitete sich im Raum aus, bis Jayden mit rauer Stimme eine Frage in den Raum warf: "Vertraust du ihr?", "Jacky?", "Ja.", "Ist das dein Ernst? Natürlich. Ich meine... wenn ich ihr nicht vertrauen würde... dann würde ich zweifeln. Und das hab ich mir selbst verboten. Ich vertraue ihr, dass sie weiß, wie viel sie aushalten kann. Ich vertraue ihr.", "Und wenn sie sich überschätzt?", "Dann lernt sie draus. Ich meine..." Er stellte den inzwischen leeren Teller auf dem Tisch ab und streckte sich auf dem Bett aus, während er an die Decke starrte. "...Vertrauen kann leicht brechen, klar. Aber die Sache ist die... zu glauben, dass man dem anderen besser nicht vertrauen sollte, macht es nur schlimmer.", "Mari weiß alles über mich. ...Jedenfalls glaube ich das." Jayden verschränkte niedergeschlagen die Arme und lehnte den Kopf zurück. "Ich hab ihr einmal gesagt, dass... Dass mir niemand wirklich helfen kann, nicht einmal sie.", "Und?", "Ich hab mir nur selbst etwas vorgemacht", stellte er bitter fest. "Dass ich sie nicht brauche, um mit meinen Problemen fertig zu werden. Ich hab ihr nicht vertraut..." 

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Saviors of Tomorrow 4 (Eine Pokémon-FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt