Alola-Kapitel: Ein völlig normaler Morgen

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"Mal ganz ehrlich...", Laslow schloss die Augen, "...Würdest du jemals denken, dass Mari aufhören würde, zu versuchen, dir zu helfen?", "Nein... Ich glaube, sie würde es immer wieder versuchen", antwortete Jayden bitter. "Na bitte, da hast du's. Sie würde nicht aufgeben... sie würde dich nicht aufgeben.", "Ich hoffe es", gab er zu und hob leicht den Mundwinkel an. "Weil ich nicht vorhabe, sie aufzugeben.", " Richtige Einstellung.", "Heh..." Er konnte wieder grinsen. Laslow nippte an seinem Tee und zuckte zurück. "Der Tee hat einen wirklich bitteren Nachgeschmack... ist da Vitalkraut drin?", "Auch. Ich hab mich bei den Kräutern etwas ausgetobt, damit du bald wieder sicher auf beiden Beinen stehen kannst.", "Nicht schon wieder..." Laslow seufzte. "Hauptsache, du hast nicht allzu sehr übertrieben. Wenn meine Geschmackssinneszellen wegen der Bitterkeit absterben, bist du Schuld. Aber... danke.", "Nicht der Rede wert." Jayden grinste nur breit. Laslow zog Grimassen, um den angeekelten Ausdruck auf seinem Gesicht zu vertreiben. "Was war da noch alles drin?", "Ziemlich viel Kraftwurzel und Heilpuder, das ich noch übrig hatte.", "Also nur bitteres Zeug. Ein Pokemon hätte dich dafür gehasst.", "Ich weiß." Jayden musste lachen. "Ich spreche aus Erfahrung.", "Hat dich schon mal eins dafür gebissen oder gekratzt deswegen?", "Wenn das passiert ist, hab ich noch Glück gehabt.", "Wieso? Was ist denn passiert?", "Vor ein paar Jahren hab ich mich manchmal tagelang nicht mehr an ein Pokémon getraut, weil es mich aus nächster Nähe angegriffen hat", erzählte er, hielt seinen unverbundenen Arm nach vorne und zog den Ärmel hoch. Nur wenn man ganz genau hinsah, konnte man haardünne, helle Linien auf seiner Haut erkennen. "Ich kann froh sein, dass kaum noch Narben zu sehen sind. Kratzer und Bisse sind noch das Mindeste. Wenn du mal wegen eines Donnerschocks für mehrere Stunden gelähmt warst, bist du froh, wenn deine Hand am Ende nur ein bisschen wehtut." Laslow musste das Lachen zurück halten. "Alles nur wegen bitteren Kräutern? Was für ein Pokemon hat dich denn attackiert?", "Ein Elezeba. Ich wollte nach der Verletzung an seinem Bein sehen. Pokémon können viele Ausreden finden, um dir weh zu tun.", "Das stimmt allerdings. Ich bin mal dem Felilou meiner Mutter auf den Schwanz getreten. Aus Versehen. Ich erinnere mich zwar nicht mehr dran, aber....", er musste lächeln, "...Mein Vater hat gesagt, ich sah danach aus, als wäre ich kopfüber in ein Dornengestrüpp gefallen.", "Meine Familie hatte noch nie wirklich mit Pokémon zu tun. Sie hat nicht mal zuhause eins. Wie gut, dass wenigstens denen das erspart blieb.", "Und trotzdem sind beide Kinder Trainer. Was für eine Ironie.", "Hätten mich meine Eltern nicht gefunden, wäre meine Schwester vielleicht nie Trainerin geworden. Erst, als sie mich mit meinen Pokémon gesehen hat, wollte sie selbst eins. Um besser zu werden als ich...", "Das nennt man wohl 'Familien-interne Rivalität'.", "Eher Heimzahlung", schmunzelte Jayden. "Heimzahlung? Wieso denn das?", "Nachdem ich „verschwunden" bin... sind meine Eltern nie wirklich darüber hinweggekommen. Selbst nachdem meine Schwester geboren wurde, dachten sie immer an damals. „Der verlorene Bruder" hatte mehr Aufmerksamkeit bekommen als Jade selbst... Das wollte sie mir heimzahlen.", "..... Wow. Darum hat sie dich gehasst?", "Hm... von Geschwister-Beziehungen hab ich keine Ahnung. Ich dachte jahrelang, meine Familie hätte mich verlassen. Wenn ich nur früher gewusst hätte, wie falsch ich lag...", "Hey... Du musst mir das nicht erzählen, wenn du nicht willst.", "...Du hast recht." Seufzend stand er auf und dehnte ächzend seinen Rücken. "Ich muss dich echt langweilen.", "Du langweilst mich nicht, aber das alles klingt mir... sehr persönlich.", "Mir wurde immer gesagt, dass man persönliche Dinge mit denen teilen sollte, denen man vertraut." Laslow sah ihn verdutzt an. "Heißt das... du... vertraust mir?", "Überrascht dich das?" Jayden konnte nicht anders, als neckisch zu grinsen. "..... Ziemlich....", murmelte Laslow. "...ich meine... so wie ich das verstanden hab, wurde dein Vertrauen gebrochen. Du... hast keinerlei Grund, anderen schnell zu vertrauen. Du hattest bisher kaum mit mir zu tun.", "Ich werde nicht jeden Tag weiterleben und mir von mir selbst oder anderen sagen lassen, wie zerbrochen ich bin", sagte Jayden und schüttelte den Kopf. "Und wenn es heißt, dass ich noch oft enttäuscht werde, ist es eben so. Ich muss anderen vertrauen." Laslow nickte langsam. "Okay... Verstehe. Ich habe nicht ansatzweise so was Ähnliches erlebt. Um ehrlich zu sein... ist das, was ich erlebt hab, ein Witz dagegen.", "Das stimmt nicht und das weißt du auch.", "... Meinst du?" Jayden nickte als Antwort. "Niemand mit so einer Vergangenheit hätte es so weit geschafft wie du. Du hast deinen stärksten Feind besiegt." Laslow musste lächeln. "Heh... Weißt du, es gibt Leute, die Depressionen nicht ernst nehmen. Sie denken, dass solche Leute nur Aufmerksamkeit wollen. Manchmal frage ich mich, wie Leute darauf kommen, so was zu denken... Mal ganz im Ernst. Manche Gedankengänge und Verknüpfung erscheinen so absurd, dass ich einfach keine Ahnung hab, wie man sie überhaupt miteinander in Verbindung bringen kann.", "Ich glaube, die Leute die das denken, suchen nur eine Ausrede, weil sie nicht wissen, wie sie mit solchen Menschen umgehen sollen. Wenn man etwas nicht versteht, frustriert das einen. Auch, wenn sich das wie eine bescheuerte und billige Ausrede anhört...", "Tch... Leute sind seltsam. Gut, dass mich niemand so gesehen hat... Na los, du solltest weiter schuften. Der Flur fegt sich nicht von allein. Ich würde dir ja helfen, aber ich schätze mal, du wirst ablehnen und mich zur Not ans Bett fesseln, liege ich da richtig?", "Wir verstehen uns mit jedem Tag besser", lachte Jayden und wandte sich ab. "Ja ja." Laslow grinste nur. 


In Alola graut unterdessen der Morgen und Mari schlief noch tief und fest. Das leise Klappern von Geschirr kündiget zusammen mit den ersten Sonnenstrahlen den Morgen an. Der Geruch von warmen Brötchen und frischem Tee hat sich im gesamten Zimmer ausgebreitet, doch sie wachte trotz des Lärms nicht auf. "Immer noch nicht wach..." murmelte Jacky und lugte zum Bett ihrer Freundin, die sich kein bisschen bewegte. Vorsichtig setzte sie sich zu ihr. "Hey. Zeit zum Aufstehen!", "Mh?" Mari öffnete langsam ein Auge. "Schon? Wie spät ist es denn?", "Wir haben noch etwas Zeit, bevor die Schule losgeht. Konntest du gut schlafen?" Mari setzte sich auf. "Öhm... ja, sehr gut sogar. Du?", "Ich auch, aber ich bin schon eine Weile wach.", "Ah." Mari stand auf und streckte sich. "Heute haben wir Kampf-Praxis, Itemkunde und noch mehr Fähigkeiten-Lehre.... Wie viele Punkte hattest du eigentlich gestern im Test, den Kalani uns zurückgegeben hat? Vor lauter Aktendiebstahl haben wir ganz vergessen, das Ganze zu vergleichen.", "18 von 20 Punkten. Du?", "Rate mal." Mari zwinkerte ihr zu. "Ich wusste es." Jacky lächelte stolz und kein bisschen überrascht. "Volle Punktzahl?" Mari zog den Test auf ihrem Beutel und knallte ihn vor ihr auf den Tisch- 20/20 Punkten stand in rot drunter geschrieben. "Bingo. Ich bin also nicht eingerostet! Was hattest du falsch?", "Ich muss wohl noch mehr lernen, sonst kann ich irgendwann gar nicht mehr aufholen", kicherte Jacky und holte dann ihren eigenen Test hervor.  "Frage 6 und Frage 13. Die Frage, bei der ich mir nicht sicher war und eine ähnliche. Manchmal weiß ich einfach nicht, was normal effektiv und was nicht effektiv ist.", "Och, das ist nicht so schlimm, oder?" Mari legte ihr kichernd einen Arm um die Schulter. "Und danke für's Kompliment.", "Kein Problem." Verlegen grinste Jacky sie an und nickte. "Ich freue mich schon auf die Kampf-Praxis. Bestimmt wissen wir in dem Fach auch noch nicht alles, was es zu wissen gibt.", "Vielleicht ist Kukui da und lässt uns einen Z-Angriff anwenden." Mari fing an zu lachen und Jacky stieg ein. "Ja, na klar. Guter Witz, Mari!", "Ich weiß! Blendend, nicht?" Die Schwarzhaarige winkte ab. "Na dann. Ich hab Hunger. Wollen wir frühstücken?", "Es ist schon alles fertig, ich muss es nur noch an den Tisch bringen..." Müde rieb sich Jacky über ein Auge und lief los, nachdem sie ihren Test wieder weg gesteckt hatte. "Ich freue mich echt auf die Wanderschaft. Nicht nur, weil wir wieder ganz am Anfang stehen... Wir machen die Wanderschaft zusammen!" sagte sie, als sie wieder mit dem Frühstückstablett zurück kam. "Genau! Als Partner! Bisher war unsere Reise eine Art Wettbewerb zwischen uns. Damit ist jetzt Schluss, nicht wahr? Wir müssen zusammenarbeiten, wenn wir eine Partnerwanderschaft antreten wollen.", "Ich gebe mein Bestes, um nicht im Weg zu stehen.", "Und ich gebe mein Bestes, um nicht mit dem Kopf durch die Wand zu rennen.", "Die Wanderschaft kann nur gut gehen", lachte Jacky und zeigte ihr den erhobenen Daumen. "Ich weiß es einfach.", "Wo kommt denn so viel Zuversicht auf einmal her?" fragte Mari und holte die Brötchen aus dem Ofen. "Ich darf mich nicht mehr von meinen eigenen Zweifeln aufhalten lassen... Ich hab zwar erst eine ganze Reise gebraucht, um das einzusehen, aber jetzt hält mich keiner auf.", "Wow, du hast endlich dazugelernt!" Mari stellte den Brotkorb ab und klopfte ihr begeistert- und leider eine Spur zu kräftig- auf die Schulter. "Au!!" Jacky zuckte erschrocken zurück und verzog das Gesicht. "Oh, entschuldige." Mari zog die Hand zurück. "Ich hab wohl vor Euphorie etwas übertrieben... Geht's? Ich hoffe, ich habe dir die Schulter nicht gebrochen?", "N-nein, alles gut." Rot vor Verlegenheit rieb Jacky sich die Schulter. "Ich wollte nicht so schreien...", "Schon okay. Komm, die Brötchen werden schon kalt." Mari setzte sich an den Frühstückstisch. "Du kannst ziemlich hart austeilen..." Noch immer pochte Jackys Schulter, aber sue zwinkerte ihr zu. "Na dann weiß ich ja, was ich mache, wenn mich jemand nervt", scherzte Mari. "Hoffentlich bleibt sein Arm am Ende noch am Körper.", "Wessen Arm?", "Der Arm von dem, der es wagen würde, dich zu nerven." Jacky seufzte gespielt theatralisch. Mari kicherte nur. "Geh-Mir-Nicht-Auf-Den-Zeiger-Blicke funktionieren leider nicht immer.", "Wer dich nerven will, muss mit mir rechnen!" verkündete Jacky, während sie sich ebenfalls setzte. Mari lachte. "Hah... derjenige würde es sich dann zweimal überlegen!" 


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Saviors of Tomorrow 4 (Eine Pokémon-FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt