Kapitel 128

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„Was ist das?", fragte Kuroo und nahm den Zettel entgegen.

„Du willst wissen, was los ist? Dann solltest du diese Nummer anrufen", fauchte Tobio wütend, riss sich von Kuroo los und stürmte nach oben zu den Zuschauersitzen.

Tetsurou fühlte sich, als hätte ihm gerade jemand mit voller Wucht ein Brett vor den Kopf geschlagen. Was zum Henker war hier gerade passiert? Was hatte dazu geführt, dass der Setter plötzlich wie ein rasender Berserker herumbrüllte. Er sah nach unten auf seine Hände, die noch immer das zusammengeklappte Stück Papier hielten. Benommen faltete er den Zettel auseinander. Er runzelte die Stirn. Matsuri. Noch nie war er jemandem begegnet, der so hieß. Dazu eine Telefonnummer. Was hatte das zu bedeuten? Die Antwort auf diese Frage konnte ihm wohl nur einer geben. Also riss er sich aus seiner Starre und folgte dem Jungen. Oben angekommen landeten seine Augen sofort auf Tobio, der die Ellenbogen auf die stark zitternden Beine abgestützt hatte, um den Kopf auf die zusammengefalteten Hände legen zu können. Er musste ein zweites Mal hinsehen: Biss sich Tobio auf die Fingerknöchel? Dieses aufgewühlte Verhalten des Jungen verlangte endlich nach Antworten.

„Tobio, erklärst du mir jetzt endlich mal, was das hier zu bedeuten hat?", fragte Kuroo mit schneidender Stimme und hielt den Zettel anklagend in die Luft.

Die Augen des Setters weiteten sich, als er bemerkte, dass Tetsurou den Zettel aufgeklappt hatte. „Ich will jetzt nicht darüber reden."

„Uh, gibt es etwa Ärger im Paradies?", fragte Aisu mit einem schiefen Grinsen, verstummte jedoch augenblicklich, als sich zwei böse funkelnde Augenpaare auf ihn legten und mit Todesblicken bedachten. „V-Verstehe", sagte er und richtete seine Aufmerksamkeit auf das unten stattfindende Spiel, welches gerade in den letzten Zügen war.

„Aber ich will jetzt darüber reden", sagte Kuroo wütend, den Faden ihres Gesprächs wieder aufnehmend.

„Es geht aber nicht immer nur danach, was du willst", sagte Tobio, während er aufsprang, sich den Rucksack schnappte und zum Ausgang stürmte. „Wo spielen Akaashi und Bokuto jetzt?"

Kuroos Verstand konnte einfach nicht begreifen, was hier gerade geschah. „Auf dem Feld 2."

„Klasse, das ist da hinten", sagte Tobio und verschwand in dem Treppenaufgang. Er wusste, dass er total irrational reagierte und dass es den Kapitän maximal verwirren musste, doch er wusste sich gerade einfach nicht anders zu helfen. Bilder, wie Kuroo vor Ekstase sabbernd und laut stöhnend von diesem Kerl genommen wurde, fluteten sein Hirn. Eine Vorstellung, gegen die sich sein Verstand so heftig wehrte, dass ihm regelrecht schlecht war. Kuroo war der stolze Kapitän, der immer selbstbewusst und cool auftrat. Der mit seinem Charme und seinem Lächeln andere Leute um den Finger wickelte, als wäre es das einfachste auf der ganzen Welt! Nein! Es war unmöglich, dass dieser erhabene Junge von so einem widerlichen Kerl entehrt wurde!

Kuroo sah Tobio fassungslos hinterher. Der Junge war hinausgerauscht, ohne auch nur ein einziges Wort des Abschieds an den Jungen zu richten, der sie die ganze Zeit zugetextet hatte. Höflichkeitshalber nickte er diesem also kurz zu und folgte dann dem Setter nach unten.

Also Tobio den Kapitän in dem Treppenaufgang entdeckte, ging er weiter. Sie mussten ans andere Ende der Halle, um einen bestmöglichen Blick auf das Spiel der zwei Eulen haben zu können. Ob es ihm überhaupt möglich war, dem Match aufmerksam zu folgen? Momentan bezweifelte er das sehr stark. Unwillkürlich glitt sein Blick nach rechts, wo die Toiletten lagen, in denen er gerade die unliebsame Bekanntschaft mit diesem ekelerregenden Kerl gehabt hatte.

Tetsurou, der hinter Tobio lief und diesen mit Adleraugen beobachtete, blieb nicht unentdeckt, dass sich der Setter anspannte, als sie an dem Herren-WC vorbeiliefen. Kein Zweifel, was auch immer geschehen war, es war dort geschehen. Aber was in Gottes Namen sollte dort passiert sein, dass Tobios Verhalten auf so drastische Weise verändert hatte? Wut stieg in ihm auf und er zerknüllte den Zettel in seiner Jackentasche. Tobio hatte zwar gesagt, er solle die Nummer anrufen, um zu erfahren, was den Jungen so aufwühlte, doch er hatte das Gefühl, als würde es die Sache nicht besser, sondern eher schlimmer machen. Ihm blieb nichts anderes übrig, als zu warten, bis Tobio ihn erleuchtete.

Rivalität mit Folgen [Teil 1]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt