Kapitel 194

311 19 0
                                    

Sobald der erste Ton des schrillen Weckalarms durch den Raum schallte, riss Tobio die Augen auf und erhob sich, um hastig seine Hand auf Kuroos Stirn zu legen.

„Was machst du da?", fragte Tetsurou, während er den Wecker ausstellte.

„Gucken, ob du noch Fieber hast...", antwortete Tobio und konzentrierte sich auf die Wärme, die Kuroos Stirn ausstrahlte.

„Tobio, mir geht es gut."

„Das sagst du jetzt nur so", wehrte Tobio ab, ohne seine Hand von Kuroos Kopf zu nehmen.

Tetsurou rollte mit den Augen. Er packte Tobios Hand und rollte den Setter auf den Rücken.

„Hey!", empörte sich Tobio.

„Ich habe dir gesagt, dass es mir gut geht. Ich schätze, dein kleiner süßer Mund kann wahre Wunder bewirken", schnurrte Kuroo, während er mit dem Daumen über Tobios Lippen strich und an ihren gestrigen ausgiebigen Austausch an Küssen zurückdachte.

Die Wangen des Setters färbten sich rot. Mal wieder hatte er seinen Widerstand viel zu schnell fallen lassen. Offenbar war es ihm unmöglich, sich Kuroo zu widersetzen. Seine Willensstärke fiel einfach in sich zusammen, als wäre sie niemals existent gewesen. „Du solltest heute zuhause bleiben."

Die Augen des Kapitäns verengten sich zu schmalen Schlitzen. „Vergiss es", sagte er mit dunkler Stimme und stand auf.

„Tetsu! Komm schon!", rief Tobio, der sich auf die Seite gelegt hatte und mit abgestütztem Ellenbogen seinen Freund dabei beobachtete, wie er sich anzog. „Du hattest gestern furchtbares Fieber. Du solltest dich ausruhen!"

„Das Fieber ist weg, Tobio. Und—"

„Das wissen wir nicht! Nur, weil es dir besser geht, heißt es nicht, dass du schon wieder völlig kuriert bist!"

„'Kuriert', hm?", fragte Tetsurou schmunzelnd. Woher schnappte Tobio neuerdings bloß all diese hochtrabenden Wörter auf?

„Tetsu!"

Die Nerven des Drittklässlers spannten sich gefährlich. „Gibst du Ruhe, wenn wir meine Temperatur messen?"

Tobio dachte nach. Er wollte, dass Tetsurou heute zuhause blieb und sich noch einen Tag ausruhte, egal was das Fieberthermometer anzeigte. „Tetsu..."

„Tobio. Nein. Ich werde dich ganz sicher nicht allein zur Schule gehen lassen. Also hör auf zu diskutieren und steh endlich auf", befahl Kuroo mit gereizter Stimme.

Die ganze Sache ging Tobio ja sowas von gewaltig gegen den Strich.

„Tobio!"

„Ja, ja...", maulte Tobio genervt und robbte an die Bettkante, über welche er seine Beine recht lustlos schwang.

„Hier."

„Danke", murrte Tobio und nahm die Schuluniform entgegen, die sein Freund ihm hinhielt. Nur wenig schwungvoll erhob er sich von der Matratze. Auch beim Anziehen der Kleidung waren seine Handbewegungen eher matt. Doch sein Widerstand war noch nicht ganz erloschen. „Ich könnte mit dem Taxi zur Schule fahren."

„Verdammt nochmal! Was ist an dem Wort ‚nein' so schwer zu verstehen?", schimpfte Tetsurou, während er sich die Krawatte band.

„Was ist so schwer daran zu verstehen, dass ich mir Sorgen um dich mache und will, dass du dich noch einen Tag länger ausruhst?", fragte Tobio vorwurfsvoll.

Die zwei Schwarzhaarigen sahen sich einander an, während sich die Stille um sie herum ausbreitete und allmählich verdichtete. Erst das Klopfen an der Tür unterbrach ihr intensives Blickduell.

Rivalität mit Folgen [Teil 1]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt