Kapitel 100

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Die Sekunden verstrichen und langsam begriff Tobio, in welcher Situation er sich gerade befand. „W-Was machst du hier?", krächzte er, ohne sich von dem Kapitän zu lösen.

„Ich wollte dich sehen."

Das ergab doch keinen Sinn, dachte sich Tobio, sie hatten sich doch erst am Vortag noch gesehen. „W-Wir haben uns doch gestern noch gesehen."

„Tobio...", hauchte Tetsurou und drückte den Jungen fest an sich.

Tobio verstand die ganze Situation nicht, doch von Kuroo trennen wollte er sich auch nicht.

„Es tut mir leid", sagte Kuroo und vergrub seine Nase in den weichen Haaren des Setters.

Eine Welle der Übelkeit schwappte durch Tobios Gefühlswelt. Warum entschuldigte Kuroo sich? Er war derjenige, der sich entschuldigen sollte!

„Ich habe die Situation falsch geschätzt. Du fühlst dich einsam in diesem großen, leeren Haus, das weiß ich. Aber ich habe unterschätzt, wie schlimm es ist, das tut mir leid. Meine Bitte nach dem Foto war unüberlegt, ich habe nur daran gedacht, was ich wollte, nicht wie es dir dabei gehen würde. Das war egoistisch. Bitte verzeih—"

„Sei still!", schrie Tobio und stieß den Kapitän mit aller Kraft von sich. Erschrocken beobachtete er, wie Kuroo nach hinten stolperte und an der Stufe im Flur hängen blieb. Plötzlich saß Kuroo auf dem Boden und blickte überrascht zu ihm auf.

„Tobio..."

Zorn strömte durch die Blutbahnen des Setters, brachte es zum Kochen. „Hör auf, dich zu entschuldigen! Es war ganz allein meine Schuld! Ich war so wütend, dass ich nicht bei dir sein konnte, sondern hier war, in diesem beschissenen Haus! Alles was ich wollte, war bei dir zu sein und die Vorstellung, ein Bild von dir in dem Bett zu sehen... Ich weiß nicht, ich bin einfach ausgerastet und—"

„Tobio."

„Nur weil ich mich hier einsam fühle, heißt das noch lange nicht, dass ich meinen Frust an dir auslassen darf!"

„Tobio—"

„Nein. Ich bin kein kleines Kind mehr, verdammt nochmal. Ich kann nicht jedes Mal wegen solchen Kleinigkeiten ausrasten!" Tobio war fertig. Er atmete heftig, ihm war heiß und sein Herz raste. Seine Augen waren weiterhin fest auf Kuroo gerichtet.

Tetsurou musterte den aufgebrachten Jungen eingehend. Er konnte den Schmerz in Tobios Augen sehen. „Einsamkeit ist keine Kleinigkeit, Tobio. Und Liebeskummer auch nicht."

Die Worte des Kapitäns sickerten nur langsam in Tobios Hirn, doch er spürte, wie er ruhiger wurde, wie sich sein erhitztes Gemüt abkühlte. Wie war es möglich, dass Kuroo immer genau die Worte fand, die er brauchte? Ein unbändiges Verlangen nach Tetsurous Berührungen brach in ihm aus. Er zog sich die dicke Winterjacke aus und ließ sie achtlos auf den Boden fallen. Ohne etwas zu sagen, überbrückte er die kurze Distanz zu dem Kapitän und setzte sich rittlings auf dessen Schoß. Er packte den überraschten Kuroo am Pullover und zog ihn nach oben, legte gierig seine Lippen auf die seinigen.

Tetsurou hätte lieber noch einige Worte zu dem Vorfall in den frühen Morgenstunden gesagt, doch er hatte das Verlangen in Tobios Augen gesehen und schnell verstanden, dass der Setter körperliche Zuwendung momentan mehr brauchte als helfende Worte. Aber davon mal abgesehen: wie hätte er es sich bitte entgehen lassen sollen, wenn Tobio sich so begierig nahm, was er wollte? Er knurrte erregt, als der Setter ihn am Pullover packte, nach oben riss und mit einer Leidenschaft küsste, die jeglichen Verstand ausradierte. Hungrig nach mehr ließ er seine Hände auf Tobios Rücken wandern, um ihn noch fester an sich zu ziehen. Er seufzte erregt, als sich ihre Mitten trafen.

Rivalität mit Folgen [Teil 1]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt