No. 64

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Als ich meine Augen öffne, schaue ich an eine mir bekannte Decke. Ich setze mich langsam auf und schaue neben mir. Neben mir liegt Taiju. Was ist nur passiert? Eben war ich noch auf dem Schlachtfeld und habe die Leiche meines Bruders in den Armen gehabt und jetzt bin ich wieder zuhause? War das nur ein Traum? Als ich aufstehe, fällt mein Blick auf die Uhr und den Kalender. „5 Jahre?", bleibe ich abrupt stehen. Als ich leise aus dem Zimmer gehen will, wird mir direkt schlecht. Schnell renne ich ins Bad und übergebe mich. Kaum das der erste Schwall draußen ist, höre ich auch schon Tai. „Babe? Alles gut bei dir?", kommen seine Schritte näher zum Bad. „Ja alles gut. Mir war nur auf einmal schlecht", putze ich mir die Zähne. Gerade als ich die Tür öffnen will, wandert mein Blick über meinen Körper und bleibt an meinem Bauch stehen. Ich bin schwanger??? Schnell ziehe ich mein Oberteil hoch und tatsächlich. Ich schaue direkt auf meine dicke Kugel. Im nächsten Moment sehe ich auch schon den Ring an meinem Finger und die Erinnerungen an die Hochzeit kommen hoch. Freudig komme ich aus dem Bad und ziehe meinen Mann in einen leidenschaftlichen Kuss. „Daran könnte ich mich gewöhnen", grinse ich. „Wie geht es euch?", legt er behutsam seine große Hand auf meinen Bauch. „Uns geht es gut", lächle ich und lege meine Hand auf seine. „Unserer Bohne geht es vielleicht etwas zu gut", lache ich auf. „Wie meinst du das?", will er wissen. „Ich hab Hunger", schmolle ich nun. Lachend gibt er mir einen Kuss und geht aus dem Schlafzimmer. „Aber nicht nur du. Auch Kenma hat Hunger", entgegnet er noch. Kenma? Haben wir schon ein Kind? Neugierig folge ich ihm. Er geht in den Raum nebenan, den ich noch als Gästezimmer kenne, und macht die Vorhänge auf. Kaum das Licht in den dunklen Raum fällt, sehe ich auch schon einen süßen Jungen in seinem Bettchen stehen. Er sieht aus wie mein Tai. „Guten Morgen mein Spatz", nehme ich ihn aus dem Bett. Quietschend legt er seine Arme um meinen Hals und kuschelt direkt mit mir. „Gib mir meinen Sohn. Du kannst ihm schon einmal seine Flasche machen und ich wechsle seine Windel", nimmt er mir den kleinen ab. Mit aufgeplusterten Wangen schaue ich ihm in die Augen. „Na los", küsst er mich auf den Kopf und wendet sich auch sogleich dem Wickeltisch zu. Ich gehe in die Küche und schnappe mir alles was ich brauche. Während ich darauf warte, dass das Wasser warm wird, überlege ich angestrengt. Ich habe einen Zeitsprung von fünf Jahren gemacht. Kenma ist zwei und ich bin mit unserem zweiten Kind schwanger. Vor drei Jahren haben wir geheiratet. „Heute ist unser dritter Hochzeitstag!", drehe ich mich zu dem Kalender um. „Alles Liebe zu unserem Hochzeitstag", kommt mein Mann mit unserem Sohn auf dem Arm und einen Blumenstrauß in der Hand, auf mich zu. „Ich liebe dich", nehme ich ihm diesen grinsend ab und stelle sie in eine bereits bereitgestellte Vase. „Babe?", kommt Tai auf mich zu. „Ja?", drehe ich mich um. „Der lag für dich im Briefkasten", schiebt er mir einen Brief über den Tisch. „Der ist von ihm, oder?", greife ich danach, während mein Mann unseren Sohn in seinem Stuhl festmacht. „Ja. Hast du mal wieder was von ihm gehört?", fragt er mich. „Nein. Seit der Beerdigung nicht mehr. Nur diese Briefe lassen mich wissen, dass er zumindest noch lebt", mache ich den Umschlag auf. Natürlich ist er von meinem Bruder. Ich habe ihn seit drei Jahren nicht mehr gesehen. Seit der Beerdigung unseres Großvaters. „Wir haben in den letzten Jahren Zuviel verloren. Erst Emma und Izana. Dann ein Jahr drauf, Draken und kurz danach sogar Großvater. Es gibt Tage da gebe ich mir selber die Schuld an seinem verschwinden", lege ich den Brief auf den Tisch. „Mei. Hör auf damit. Es ist nicht deine Schuld. Du hast alle getan was du konntest. Du hast ihn sogar drei Wochen hier bei uns wohnen lassen. Was hättest du mehr machen können? Genau, nichts. Du warst für ihn da, mehr als für mich. Aber das war okay. Er ist dein Bruder. Das einzige was du noch an Familie hast", legt er seine Arme um mich. „Wieder ist keine Adresse drauf", schaue ich mir den Umschlag genauer an. Seit seinem verschwinden suche ich ihn. Jedes Jahr zu meinem Hochzeitstag schickt er Briefe und schreibt über belanglose sachen. Dennoch lese ich sie. Es ist ein Zeichen dafür, dass er noch lebt. Doch heut ist irgendetwas anders. „Irgendetwas stimmt mit diesem Brief nicht", setze ich mich auf den Stuhl und lese ihn erneut. Taiju füttert in der Zeit Kenma. „Was meinst du?", will er wissen. „Hier zum Beispiel, seine Ausdrucksweise verändert sich hier schlagartig. Ihn muss etwas belasten. Es klingt so düster. Schon fast wie ein Abschied. Er wird doch nicht etwas...", schaue ich erschrocken auf. „Nein. Er weiß das er dich damit verletzten würde. Du bist alles was er noch hat, also warum sollte er so etwas machen?", schaut mein Mann sich nun den Brief auch an. „... wir werden uns bald Wiedersehen", murmelt er. „Heißt das, er kommt zurück?", freue ich mich schon. „Keine Ahnung. Aber wenn ich bedenke, was und vor allem wie er davor geschrieben hat, denke ich, dass es nichts gutes heißen könnte", legt er den Zettel bei Seite und wippt unseren Sohn nun hin und her. Als dieser sein Bäuerchen gemacht hat, setzt er ihn in den Laufstall und legt ihm sein Spielzeug hin.

Falling in Love Tokyo Part 2 (a Tokyo Revanger Story)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt