Ein Schuss und Treffer im Freundschaftsspiel ✔Teil 6

Kapitel 1

Erschöpft legte ich mein Handy auf den Schreibtisch und schaute auf die Uhr. Na super. Es war 5.30 Uhr. Toll, jetzt lohnte es sich auch nicht mehr ins Bett zu gehen. Mist. Ich gähnte und war hundemüde. Diese blöden Verhandlungen mit dem Verein in Japan kosteten mich in den letzten Tagen sooft den Schlaf. Dämliche Zeitverschiebung. Aber wenigstens hatten wir heute endlich alle Probleme klären können und dem Wechsel meines Schützlings stand nichts mehr im Wege. Nettes Beiwerk war meine sechsstellige Provision. Ein Grinsen schlich sich in mein Gesicht. Als ich vor jetzt fast 16 Jahren mit meiner Agentur als Berater für Profisportler gleich nach meinem Studium begonnen hatte, hätte ich nie damit gerechnet, dass ich einmal so international tätig wäre. Ich erinnerte mich daran, wie Roman mich mit der Agentur und dem Heiratsantrag überrascht hatte. Er hatte seine ganzen Mannschaftskameraden dazu überredet sich von mir beraten und managen zu lassen. Wer hätte damals gedacht, dass das einmal so gut laufen würde. Ich ehrlich gesagt nicht. Aber nachdem Kathie und dann später auch noch Erik mit eingestiegen waren, hatte es irgendwie kein Halten mehr gegeben. Es war unglaublich. Mittlerweile waren wir die zweitgrößte Agentur in Deutschland. Klar war ich stolz darauf. Aber im Moment war ich nur müde. Mein Blick fiel auf den Kalender. Nein, das konnte doch nicht wahr sein. Heute war der 21. Februar. Das bedeutete, dass heute meine Maus Geburtstag hatte. Leokardia wurde 15 und ich hatte überhaupt nicht daran gedacht. Ich hatte nicht einmal ein Geschenk besorgt. Und noch viel schlimmer ich hatte es völlig verpeilt eine Geburtstagstorte zu backen. Jedes Jahr hatte meine kleine Fussballmaus eine BVB-Torte von mir bekommen. Mist, was machte ich denn jetzt? Ich ließ meinen Kopf auf die Tischplatte sinken. Was war ich eigentlich für eine Scheißmutter? Ich spürte einen Kloß in meinem Hals. Auch für meinen kleinen Spatz Daniel hatte ich kaum Zeit. Mit seinen vier Jahren musste er meine Mom mehr für seine Mutter halten als mich. Schließlich sah er sie ja auch öfter. Ja, und Delphine wurde von Roman total verzogen. Sie verhielt sich für eine Achtjährige völlig unangemessen. Es war ja nicht so, dass ich nicht sah, was alles schief lief. Aber was sollte ich dagegen unternehmen? Ich konnte ja nicht einfach in der Agentur alles liegen lassen. Außerdem war Roman auch noch da. Seit er vor sieben Jahren seine Karriere als
Torwart beendet hatte, war er sozusagen beschäftigungslos. Okay, seit einem halben Jahr hatte er jetzt den Trainerschein und trainierte Leos Mädchenmannschaft, aber das war ja mehr Hobby. Und ich sorgte für das Geld in der Haushaltskasse. Da war es doch nicht zuviel verlangt, wenn er sich um das bisschen Haushalt und die Kinder kümmerte. Das war eben eine moderne Rollenverteilung. Eine, mit der ich am heutigen Tag alles andere als glücklich war. Irgendwie fühlte ich mich gerade wie eine Rabenmutter. Ich schaute wieder zur Uhr, 5.40 Uhr. Mein nächster Blick fiel zu dem kleinen Sofa in meinem Büro, das mir äußerst verführerisch in diesem Moment erschien. Es war zwar nicht riesig, aber das war ich ja auch nicht. Es hatte mir schon in mancher Nacht gute Dienste erwiesen, wenn ich Roman nicht aufwecken wollte,  weil es so spät geworden war. So wie heute. Ich würde mich einfach noch bis 7.30 Uhr hinlegen, damit ich den Tag heute wenigstens halbwegs fit überstehen würde. Das waren fast 2 Stunden oder auch 110 Minuten oder 6660 Sekunden. Das war zwar nicht viel, aber besser als gar nichts. Und dann würde ich in die Küche gehen und wenigstens noch einen einfachen Geburtstagskuchen backen. Eine Torte würde ich zwar auf die Schnelle nicht hinbekommen, aber eigentlich sollte doch der Gedanke zählen. Ich atmete erleichtert durch, das war doch eine ertragbare Lösung. Zufrieden zog ich die kuschelige Decke über mich und knuddelte das Kissen unter meinen Kopf, ehe mir meine Augen zufielen. Total erschöpft driffteten meine Gedanken ab und ich verschwand im Traumland.