Ein Schuss und Treffer im Freundschaftsspiel ✔Teil 6

Kapitel 163

Ich rollte meine Gymnastikmatte auf dem Boden im Wohnzimmer aus. So langsam musste ich wirklich anfangen etwas für meine Körperform zu tun, wenn ich bis zur Hochzeit eine geformtere Figur haben wollte. Obwohl, so unzufrieden war ich eigentlich gar nicht damit. Na ja, der Spruch von Franzi beim Maßnehmen hatte mich schon etwas geärgert. Trotzdem, eigentlich ging das ganze für mein Alter und dafür, dass ich drei Kinder auf die Welt gebracht hatte, doch noch. Klar, war nicht mehr alles ganz so straff wie mit zwanzig oder wie bei Leo. Aber ich war ja auch keine zwanzig mehr. Total motiviert setzte ich mich auf die Matte. Was sollte ich denn jetzt für eine Übung machen? Was habe ich denn früher immer gemacht? Ich kramte in meinem Gedächtnis. Das war ziemlich lange her, dass ich ein Workout gemacht habe. Damals nannte man das noch Fitness oder Gymnastik und die Fitnessstudios hießen auch bei uns noch nicht Gym. Egal. Was hatte ich denn nun gemacht? Sit ups, fielen mir spontan ein. Na, klar. Die brachten immer etwas. Ich ließ miich also mit dem Rücken auf die Matte gleiten und versuchte wieder hochzukommen und meine Knie zu berühren. Man, warum schaffte ich das denn nicht? Bei Marvin sah das immer so leicht aus. Okay, der war ja auch voll trainiert und ich ein bisschen weniger. Vielleicht sollte ich erst einmal damit anfangen, in dem ich meine Füße irgendwo festklemmte. Das hatte ich so weit ich mich erinnern konnte damals auch gemacht. Ich schaute mich um. Aber wo? Das Klingeln der Tür riss mich aus meiner Suche. Stöhnend rappelte ich mich also auf. "Hallo Max", begrüßte ich mein Patenkind. "Leo hat aber gerade Training." Er nickte "Ich weiß. Ich wollte auch mit dir sprechen." So ernst wie er aussah, war ich mir nicht sicher, ob ich mich auf das Gespräch freuen sollte. Er wollte doch hoffentlich nicht mit meiner Tochter Schluss machen. Er musterte mich von oben bis unten. "Störe ich dich gerade beim Sport?" Konnte man mich dabei überhaupt stören? "Nee, du rettest mich nur davor gerade zu verzweifeln, weil ich keine Sit ups hinbekommen." Max schmunzelte. "Ich kann ja deine Beine fixieren und dann geht es leichter." Ich rieb mein Kinn. Es war zwar total peinlich, wenn ich vor meinem Patenkind versagte, aber wenn ich nichts machte, dann sah ich zur Hochzeit wie ein formloser Kugelfisch aus. Welche Wahl hatte ich also? "Na dann los. Wir können ja auch dabei reden." "Willst du dich nicht lieber ganz auf die Übung konzentrieren, denn wenn man sie nicht richtig ausführt, kommt es zu Schädigungen....." bei den ganzen lateinischen Begriffen stieg ich aus. Da kam echt schon der Mediziner in ihm durch. Für mich blieb aber etwas bedeutendes hängen. Gymnastik ist gefährlich und ein gesundheitliches Risiko. "Dann lasse uns erst einmal reden.", schlug ich also vor und setzte mich auf das Sofa. "Mm, naja, also." Wenn er so stotterte, war es mit Sicherheit nichts angenehmes. "Also Leo ist in letzter Zeit immer so komisch, wenn es um mein Studium geht." Er fuhr sich mit seiner Hand durch die Haare "Letzens ist sie auch sofort wieder beleidigt abgehauen als ich mit Laura an unserem Projekt gearbeitet habe. Ich verstehe das gar nicht." Er sah wirklich ratlos aus. Typisch Mann. Dabei hatte er doch den Grund gerade selbst erwähnt. Sollte ich mich da jetzt einmischen, oder es lieber lassen? Eigentlich lassen, weil Einmischung ging immer schief. Andererseits hatte er mich ja quasi um einen Rat gefragt. Aber wenn Leo das herausbekam, köpfte sie mich garantiert. Mist, was machte ich denn jetzt? "Weißt du, was mit ihr los ist? Ich habe Angst, dass ich ihr nicht mehr ausreiche." Wie, nein. Da konnte ich unmöglich den Mund halten. Das zwang mich ja einzugreifen. "Sie ist eifersüchtig." Max schaute mich mit aufgerissenen Augen an "Aber auf wen denn? Für mich gibt es doch nur sie." Ja, das glaubte ich ihm sofort. "Lisa.", gab ich ihm also kurz den Tipp. "Lisa? Wer soll das sein?" "Na, deine Kommilitonin.", half ich ihm auf die Sprünge. "Ach du meinst Laura." Ich nickte. Warum konnte ich mir den richtigen Namen eigentlich nie merken? Vielleicht, weil ich diese Trude als unwichtig ansah. Max fing an zu lachen. Okay, mit der Reaktion hatte ich nicht gerechnet. "Bei Laura müsste ich eher eifersüchtig sein." Ich schaute ihn verwirrt an. Was meinte er denn damit? Also dieser Teeniekram, war mir langsam echt zu anstrengend. "Na ja, sie steht mehr auf Frauen.", schmunzelte er immer noch. Ich musste auch lachen. Meine Tocchter war also auf eine Lesbe eifersüchtig. "In mir sieht sie nur so etwas wie den kleinen Bruder, den sie nie hatte." Max entschuldigte sich fast dafür. "Dann solltest du Leo in diesen Umstand vielleicht einweihen." Er nickte "Das werde ich bei passender Gelegenheit tun. Danke für den Tipp." "Von mir hast du ihn aber nicht." Das würde sonst trotzdem Stress mit meiner Tochter geben. "Nee, ich bin ganz alleine darauf gekommen.", zwinkerte er mir zu. "Darf ich trotzdem jetzt noch auf Leo hier warten? Ich könnte dir auch bei deinen Übungen helfen. Schau mal." Er zog sein Handy aus der Tasche und tippte herum. Okay, mit der Geschmeidigkeit meiner Finger beim Tippen hatte ich eigentlich kein Problem, wenn das seine Übungsempfehlung war. "Das ist ein echt gutes Video mit wirklich gesunden Übungen.", hielt er mir das Teil auf einmal unter die Nase. Ich schaute darauf und sah eine fröhlich strahlende, super geschminkte, langhaarige Blondine in einem krassen Gymnastik-Outfit, das ihre wunderbar definierten Bauchmuskel zur Schau stellte. Mein Blick glitt an meinem schlapprigen T-Shirt und der ausgeleierten Trainingshose herunter. Wow, wir sahen ja fast wie Zwillinge aus. Ich schaute wieder auf das Display und sah, wie sie sich elegant auf ihre Gymnastikmatte gleiten ließ. Ja, eindeutig Zwillinge. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass sich meine Lust gerade sang und klanglos von mir verabschiedete. Aber bestimmt sah die Sportmaus auch nicht so aus, wie sie aussah, weil sie immer Spaß an dem Mist hatte. Ich hatte ein Ziel, also würde ich mich jetzt durch die Übungen mit meiner Zwillindgsschwester durchbeißen. In dem Versuch mich genauso elegant auf die Matte gleiten zu lassen, plumpste ich auf meinen Hintern. Na das war doch schon ein guter Start. Meine Motivation machte sofort wieder einen Sprung in den Keller, besonders wenn ich in das besorgte Gesicht von Max schaute. Wahrscheinlich grübelte er schon über die möglichen notwendigwerdenden Erste-Hilfe-Mßsnahmen nach. "Mausi, mein letzter Termin ist ausgefallen. Wollen wir....was machst du denn da?" Marvin kam aus dem Büro ins Wohnzimmer gestürmt und schaute mich verwundert an. War das nicht deutlich zu erkennen, was ich da machte? "Ach so, du machst Sport." Warum klang das so verwundert? Na ja, weil ich das wirklich nicht oft oder besser gesagt nie machte, gab ich mir selbst die Erklärung. "Dann gehen wir lieber einen anderen Tag nach dem Motorrad für Leo gucken. Ich hatte nur gedacht, dass...." "Ich bin sowieso gerade fertig geworden. Gib mir fünf Minuten zum Umziehen.", unterbrach ich ihn. Also für den Anfang war ich für meine Auffassung doch fleißig genug. Ich hatte mich zweimal auf die Gymnastikmatte gesetzt, dass hatte bestimmt schon ein paar Kalorien verbrannt. Ich räufelte mich hoch und rollte die Matte zusammen. Max Blick entspannte sich auch. Scheinbar hatte er wirklich mit mindestens einem Hexenschuss, wenn nicht sogar einer Herzdruckmassage gerechnet. Ich griff nach meinem Handtuch auf der Sessellehne, das ich dort vorsichtshalber deponiert hatte und wischte mir einmal meinen imaginären Schweiß ab, ehe ich es mir lässig um meinen Hals schwang. So machten dass doch immer die coolen Sportler. "Ich ziehe mich dann mal schnell um, bin gleich wieder da." "Super, Mausi." Marvin drückte mir einen Kuss auf die Stirn. "Du weißt aber, dass du eigentlich gar keinen Sport brauchst. Du hast auch so die perfekte Figur." Traummann. Ja, absoluter Traummann. Vielleicht sollte ich einfach auf ihn hören. Nicht nur vielleicht, sondern ganz sicher. Zu frieden mit meinem Entschluss, lief ich los. "Kann ich da mitkommen nach dem Motorrad gucken?", hörte ich Max hinter mir. "Da ist jetzt nämlich so eine ganz tolle Ducati herausgekommen. Mit Carbonrahmen. Die wäre dann auch für Leo leichter zu handlen." Ich drehte mich auf der Treppe noch einmal kurz um. "Natürlich kommst du mit. Wir brauchen doch einen Fachmann für die Beratung." Das strahlende Gesicht meines Patenkindes war goldwert. Sofort begann er wieder in seinem Handy herumzutippen und dann Marvin damit zu belagern. Schmunzelnd lief ich weiter ins Schlafzimmer. Schnell umziehen. Dank meiner hervorragenden Kondition benötigte ich ja keine Dusche.