Kapitel 127

693 75 16
                                    


"Los, rein mit euch." Ich hielt den Kids die Tür auf, die sich sofort an mir vorbeischoben. "Gibt es jetzt etwas zu essen? Ich habe totalen Kohldampf." Carmen schaute mich bettelnd an. "Du hattest doch im Schwimmbad schon ein Würstchen." Ella schüttelte ungläubig ihren Kopf "So viel seid ihr doch gar nicht geschwommen." "Sind wir wohl. Der Schwimmkurs ist voll anstrengend.", begehrte die kleine Blondine sofort wieder auf. "Ja, Mama. Das war voll anstrengend. Machst du uns noch ein paar Eierkuchen, bitte, bitte." Dani setzte gekonnt seinen Welpenblick ein. Wie konnte ich da nein sagen? Ich schnaufte also einmal tief durch. Eigentlich hatte ich ja gedacht mich einfach auf die Couch zu setzen und mich auf die morgige Scheidung vorzubereiten, denn irgendwie war ich den ganzen Tag nur von rechts nach links gehüpft. Erst im Büro und dann mit den Kindern beim Schwimmkurs. Ja, der Schwimmkurs blieb ja seit zwei Wochen ganz alleine an mir hängen. Das war echt toll, besonders wenn sich die Omas aufregten, dass ich meinen Sohn mit in die Dusche nahm. Als ob er ihnen etwas wegguckte. Wenn bekam er höchstens bei ihrem nackten Anblick einen Schock für sein Leben, der mich eine umfangreiche Psychotherapie kostete, damit er ihn verarbeiten konnte. Wo waren die beiden Männer überhaupt? Das einzige Begrüßungskommitee hatte aus zwei Hunden bestanden, die mich auch gerade bettelnd anschauten. Klar, es war ja Fressenszeit. "Also, ihr zwei setzt euch ins Wohnzimmer und schaut einen Film. Es wäre toll, wenn du ein Auge auf die beiden hättest.", wandte ich mich an Ella, die sofort nickte. "Und ich gehe in die Küche und kümmere mich um das Essen." Wuff und Wau hefteten sich sofort an meine Fersen. Dann würde ich erst einmal die beiden versorgen, ehe ich die Pfanne startete. Als ich zufriedenes Schmatzen hörte, griff ich mir meine Zutaten. Gerade als das erste Ei seinen weg in die Schüssel gefunden hatte, flog die Küchentür auf und Mika stürzte herein. "Oh, du bist das. Ich dachte es wäre Papa.", enttäuscht verzog er das Gesicht. "Ich freue mich auch dich zu sehen.", versuchte ich mir meine Enttäuschung über seine Reaktion nicht zu sehr anmerken zu lassen. "So...sorry, so war das nicht gemeint." Er schaute mich schuldbewusst an. "Aber....aber ich komme mit meinen Mathehausaufgaben überhaupt nicht weiter. Und Sascha hat auch keinen Plan. Mit dem habe ich schon telefoniert. Erik ist auch nicht zu Hause, der uns helfen könnte." Man, war der Junge verzweifelt. "Zeige mal her.", forderte ich ihn auf. Zehnte Klasse Mathe sollte ich ja wohl noch hinbekommen. Unentschlossen streckte er mir seinen Ordner entgegen. "Aber das ist Mathe." Was sollte das denn heißen?  "Ja, und?" Das wollte ich jetzt aber mal wissen. "Naja, meine M.....ähm Ina hat immer gesagt, sie kann kein Mathe, weil das Gehirn der Frauen anders vernetzt ist und es deshalb unmöglich wäre mit Zahlen umzugehen. Das hat sie auch Papa immer gesagt, wenn es Ärger wegen der Kohle gab." Ja, das passte zu Miss Yoga-Teppich, aber nicht zu mir. "Du, das ist totaler Blödsinn. Frauen können das genauso gut wie Männer. Manche wollen es nur nicht. Mathe war sogar immer eines meiner Lieblingsfächer. Da gibt es wenigstens ein klares Ergebnis und nicht so ein Wischiwaschi wie in anderen Fächern, wo du von der Meinung deines Lehrers abhängig bist." Diese Herrschaften waren nämlich in den seltensten Fällen bei einer Interpretation dazu in der Lage von ihrer vorgefassten Meinung abzuweichen oder auch nur die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass es auch andere Sichtweisen geben könnte. "Echt." Mika schaute mich in einer Mischung aus Erstaunen und Begeisterung an. Ich schaute auf sein Aufgabenblatt "Ach, das ist ja Polynomendivision. Das ist eigentlich ganz einfach, wenn man es kapiert hat." Mika schaute mich zweifelnd an. "Komm, setze dich. Das haben ich ganz schnell fertig." Ich schob den Stuhl am Küchentisch zurück und setzte mich. Da mussten die Eierkuchen halt noch etwas warten. "Danke." Mika umarmte mich einige Zeit später. Mein Blick auf die Uhr sagte mir, dass wir doch eine gute halbe Stunde gebraucht hatten. "Jetzt verstehe ich das auch. Das nächste Mal komme ich gleich zu dir." Er strahlte über das ganze Gesicht. "Du bist echt ein Mathegenie. Jetzt rufe ich aber schnell Sascha an und erkläre ihm das auch." Das nächste, was ich hörte, war die Küchentür, die ins Schloss fiel. Na dann konnte ich mich ja wieder den Eierkuchen zuwenden. Ich griff mir das nächste Ei und zerschlug es am Schüsselrand. Ob Roman wohl schon in Dortmund war? Bestimmt, denn der Termin war ja morgen Mittag und er musste genauso antanzen wie ich. Irgendwie graulte ich mich schon vor dem Zusammentreffen, schließlich war bei unserem letzten mein Arm hinterher in Gips. Die Schale des nächsten Ei zersplitterte und fiel teilweise mit in die Schüssel. Mist, da hatte ich wohl ein wenig zuviel Kraft walten lassen. Franzi würde mich auf den Zusammenhang meiner Gedanken und des Ergebnis meines Tuns garantiert lachend auf Sigmund Freud hinweisen. Naja, vielleicht hätte sie damit sogar recht. Als die Küchentür aufflog, wurde ich abrupt aus meinen Gedanken gerissen "Mama, Max ist voll blöd." Leo ließ  sich sauer auf den Stuhl am Küchentisch plumpsen, auf dem vor ein paar Minuten noch Mika gesessen hatte. Okay, wenn meine Tochter so sauer war, musste etwas ganz schön im Argen liegen. Ich ließ also wieder meine Rührschüssel links liegen und gesellte mich zu meiner Tochter. "Was hat er denn angestellt, Maus?" Ihre Augen begannen sauer zu funkeln "Er hat doch echt jetzt diese blöde Kuh von Laura hier mit nach Dortmund geschleppt, weil sie an irgendeinem blöden Projekt arbeiten und dafür die Hilfe von Doktor Harderbrot brauchen.", echaufierte sie sich.  "Das kann doch aber sein.", versuchte ich mein Patenkind in Schutz zu nehmen. "Und wenn. Warum muss es Laura sein? Warum kommt nicht Andrea mit nach Dortmund? Und wieso macht er nichts, wenn diese Tussi sagt, dass sie ihre Ruhe zum Arbeiten brauchen?" Leos Hände ballten sich zu Fäusten. "Die hat mich praktisch aus dem Zimmer meines Freundes gejagt, damit sie konzentriert arbeiten können und er hat nichts weiter gemacht, als mir zu sagen, dass er sich nachher meldet und dann rüberkommt. Das kann er vergessen. Soll er doch bei seiner Laura bleiben." Leo  griff sich ihr Handy aus der Tasche und tippte zornig daran herum. "Schreibst du ihm das gerade?" Wenn ja, rechnete ich nämlich in spätestens drei Minuten mit einem Klingeln an der Tür. Meine Tochter schüttelte zornig ihren Kopf "Nee, ich habe es in Flugmodus versetzt. Ich will nämlich nicht gestört werden. Ich muss mich nämlich total konzentrieren, weil ich.....was machst du da gerade?" Leo spiekte Richtung Schüssel "Mmmm Eierkuchen. Genau, ich muss mich nämlich konzentrieren, weil ich mit dir Eierkuchen mache." Entschlossen sprang sie auf und lief zur Rührschüssel. Sollte ich mich da einmischen? Nee, lieber nicht. Das letzte Mal als ich nach Münster gefahren war, hatte das auch nur peinlich geendet. Das mussten die beiden schon alleine hinbekommen. Schließlich waren sie schon alt genug. Genau wie Roman und ich, schoss es mir durch das Hirn. Und wir hatten noch nicht einmal ein ordentliches klärendes Gespräch hinbekommen, sondern ließen unsere Anwälte alles klären und den Richter entscheiden. Was erwartete ich also von zwei Teenies? "Maus, willst du nicht doch noch einmal mit Max sprechen?" Vermitteln war doch kein Einmischen "Nö, heute nicht. Heute mache ich einen Familientag. Er kann morgen wieder angekrochen kommen." Na immerhin wich ihr entschlossener Blick einem Grinsen beim letzten Satz. Irgendwie musste ich auch schmunzeln.

Ein Schuss und Treffer im Freundschaftsspiel ✔Teil 6Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt