Kapitel 7

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Als Leo hinter der Toilettentür verschwunden war, wandte ich mich wieder Franzi zu. "Und das hat Leo wirklich ganz alleine entworfen?" Ich konnte immer noch nicht glauben, dass mir dieses Talent total entgangen war.  "Ja, sie hat da echt ein Händchen für." Franzi schaute mich ernst an. "Hattest du denn wenigstens ein Geschenk für sie?" Na toll, meine beste Freundin hielt mich also auch für eine total unfähige Mutter. "Ich weiß ja, du hast jede Menge Streß, aber...",versuchte sie mich sofort wieder zu beschwichtigen. Ich hob meine Hand, um sie zu unterbrechen. "Nichts aber. Du hast ja recht." "Okay?" Sie schaute mich fragend an. Verdenken konnte konnte ich ihr das nicht. In letzter Zeit hatte sie ein paarmal das Gespräch mit mir gesucht und ich hatte sie immer aus Zeitmangel abgeblockt. Auch das musste sich ändern. "Sag mal gibt es nicht noch irgendetwas zu erledigen hier, wo ich auch helfen kann? Ich habe ein ganz schlechtes Gewissen, dass ich euch nicht geholfen habe. Na wenigstens war ja Roman bei der Planung mit an Bord." Franzi fing lauthals an zu lachen. "Du meinst er hat Sonderwünsche wie Marshmallow-Wurfmaschinen geäußert. Das war aber schon alles. Er sollte Marco heute nicht irgendwie quer kommen. Sonst kann ich echt für nichts garantieren." Was sollte das denn heißen? "Aber er sollte doch bei der Planung mithelfen." Ich hatte ihn extra darum gebeten, weil ich mitten in den ganzen Verhandlungen gesteckt hatte. Er hatte doch auch ständig an seinem Laptop gesessen. Natürlich hatte ich vermutet, dass das mit der Organisation des Geburtstags zu tun hatte. Um so überraschter war ich jetzt von meiner Freundin zu hören, dass er überhaupt nicht geholfen hatte. "Hat er euch denn wenigstens schon unseren Anteil an der Feier überwiesen?" Leokardia war ja nur eins der Geburtstagskinder. Fünf von Franzis acht Kindern hatten ja heute auch Geburtstag. "Marco will nichts haben. Er meint, wir zahlen alles." Nicht auch noch das. Es wurde ja immer peinlicher. Klar waren unsere Freunde vermögend genug, dass das keine Rolle spielte, aber in Ordnung war es trotzdem nicht. Egal, damit waren wir wenigstens auf dem Hügel der Katastrophen angekommen. Es konnte also nur noch besser werden. "Hallo Frau Bürki. Ich freue mich, dass ich heute eingeladen wurde." Ein älterer Herr unterbrach mein Gespräch mit Franzi. Wer war das bitte? "Wie unhöflich ich doch bin. Ich sollte mich erst einmal vorstellen." Er verbeugte sich vor mir, ehe er mir seine Hand reichte. "Mein Name ist Reto Fäuler." Ich schüttelte seine Hand und hatte nicht den geringsten Plan, wer er war. So höflich wie er sich aber einen abbrach, konnte es auch mit diesem Vornamen nur ein Schweizer sein. Vielleicht ein alter Kumpel von Roman. "Ich freue mich ja so  bei diesem aufregenden Ereignis zugegen zu sein." Franzi schaute mich so irritiert an, wie ich mich fühlte. Ein Teeniegeburtstag in dem Alter, ich schätzte ihn auf knapp 60, als aufregendes Ereignis zu titulieren, war schon eigenartig. Außer man war pädophil. Das konnte ich mir aber eigentlich nicht vorstellen. "Das ist nett, dass sie mit uns feiern. Holen sie sich doch erst einmal etwas zu trinken." Ich deutete zur Bar, als er sich auch schon in Bewegung setzte. "Das war ja ein komischer Kauz. Kennst du den?" Franzi schaute ihm hinterher . "Nicht die Bohne." Ich zuckte mit den Schultern, als ich Marcos Stimme laut vernahm. "Sag' mal gehts noch?!" Er stand Roman gegenüber, der auch ziemlich sauer aussah. "Oh, oh." Franzi zog mich an meiner Hand mit zu den beiden Männern. "Ich hatte dir extra gesagt, ich will eine Marshmallow-Wurfmaschine.", empörte sich gerade mein Mann wütend, während Delphie neben ihm mit dem Fuss aufstampfte. "Ja, die hast du mir versprochen." Marco funkelte ihn an. "Ja, dann hättest du dich wohl mal selbst um etwas kümmern müssen." "Ich habe dir den Auftrag gegeben. Außerdem bezahlen wir ja auch dafür." Vorwurfsvoller als Roman konnte man nicht schauen. Was sollte das denn, konnte er nicht einfach zufrieden sein, dass die beiden alles organisiert hatten. Delphies Marshmallow Tick ging mir sowieso auf die Nerven. Das war der nächste Punkt auf meinem gedanklichen Merkzettel. Da musste auch mal etwas passieren. "Ich bin doch nicht dein Angestellter und dein Geld kannst du dir in den Arsch schieben." Marco war knallrot im Gesicht angelaufen. Franzi legte ihm ihren Arm auf die Brust und schob ihn beiseite, während sie ihm etwas zu zischelte. Ich ging auch zu Romanund wollte ihn gerade mit mir ziehen, als er mich sauer anfunkelte. "Das ist alles deine Schuld, weil du dich nicht darum gekümmert hast." Wie bitte? Ich war nicht der, der den ganzen Tag zu Hause saß. Gerade als mir so ziemlich viel durch den Kopf schoss, was ich ihm gleich um die Ohren hauen wollte, fiel mir wieder mein Schlachtspruch für heute ein. -Es ist Leos Geburtstag, kein Streit-. Also schluckte ich alles einfach runter. "Du bist doof. Ich hasse dich.", funkelte mich meine Tochter an und stampfte wieder mit ihrem Fuss auf. "Ich will Marshmallows." "Prinzessin, wir gehen mal am Süßigkeitenbuffet schauen. Da gibt es bestimmt welche." Roman bückte sich zu Delphie, die die ersten Tränen kullern ließ und hob sie auf seinen Arm, ehe er mit ihr losmarschierte. Aber nicht, ohne mir noch einmal einen finsteren Blick zu zuwerfen. Ich atmete einmal tief durch und zählte bis 10. Das war Leos Geburtstag und ich würde dafür sorgen, dass er nicht durch einen Zoff versaut wurde. Das war ich meiner Tochter schuldig.

Ein Schuss und Treffer im Freundschaftsspiel ✔Teil 6Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt