Kapitel 159

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Ich stellte ein paar Rollmöpse auf den Frühstückstisch. Zwar hatte das keiner wirklich nötig,  denn wir  Erwachsenen hatten alle nur mit eine Glas Sekt angestoßen, aber irgendwie gehörte es einfach zu einem Neujahrsfrühstück dazu.  Mein Blick fiel zu der Kommode und ich lief dorthin. Da lagen die ganzen kleinen Plastikteile und Papierzettel aus den Knallbonbons noch herum. Ich griff mir einen von den Zetteln und las ihn mir durch. 'Wenn der Mond die Sonne berührt entstehen kleine Sterne'. Was sollte mir das sagen? Ich griff den nächsten Zettel 'Altes wird oftmals neu.', 'Jedes Ende ist ein Anfang', 'Unverhofft kommt oft' 'Liebe bedeutet nicht verzagen'. Ich schüttelte meinen Kopf. Was sollten die Sprüche einem sagen? Und wer ließ sich den ganzen Mist einfallen? Wahrscheinlich hatte in China jemand ein altes Buch mit deutschen Sprichwörtern gefunden. Mit meinem Zeigefinger stocherte ich die Plastikteile auseinander. Marvin und ich hatten einen kleinen Ring in unserem Bonbon gehabt. Das passte ja zur Hochzeit. Als Leo eine kleine Babyflasche aus ihrem gezogen hatte, war sie fast am Hyperventilieren und ist erst einmal in ihr Zimmer gerannt, um zu schauen, ob sie auch die Pille nicht vergessen hatte. Ich musste grinsen. Irgendwie war ich auch noch etwas zu jung, um Oma zu werden. Und dann waren da noch so einige Puppen und Fläschchen und Herzen. Eigentlich war es doch eine total blöde Angewohnheit von irgendwelchen willkürlichen Plastikteilen und Sprüchen die Zukunft abzuleiten. Genau wie von verschmolzenen Bleiklumpen. Die Zukunft hatte man selbst in der Hand und nicht ein chinesischer Fließbandarbeiter. Trotzdem machte der Mist Spaß. Das neue Jahr würde viel besser als das alte. Dafür würde ich sorgen. Und Marvin..... mit ihm hatte das neue Jahr schon viel besser gestartet als jedes andere davor.  "Menschenskinder wat jähnst du denn schon wieda, meene Schnute? Wir sind doch alle um einse ins Bett jejangen und haben ausjeschlafen. Du hast aba och überhaupt keene Kondition mehr.", riss mich mein Vater aus den Gedanken. Wenn der wüsste. Ins Bett gehen hieß ja nicht immer gleich schlafen, besonders wenn man neben Marvin im Bett lag. Und wenn man lange morgens im Bett blieb war das auch nicht bedeutend mit ausschlafen. Aber ich wollte mich auf gar keinen Fall beschweren. Trotzdem sollte ich mir langsam mal überlegen wieder die Pille zu nehmen, denn dieses ständige Kondomkaufen war ja echt nervig. Bei Roman war das kein Problem. Die paarmal, da lief ja eher das Verfallsdatum ab, aber jetzt...ich bezweifelte zwar, dass bei mir noch etwas passierte, schließlich schrammte ich ja schon an den Wechseljahren, aber sicher war sicher. "Mensch Chris, bringe unser Schnute doch nicht so in Verlegenheit." Meine Mutter zwinkerte mir zu. Wer brachte mich denn hier in Verlegenheit? Ich spürte wie mir die Wärme ins Gesicht schoss. "Mausi, kein Grund rot zu werden.", flüsterte mir Marvin ins Ohr und drückte mir einen Kuss darunter. Sofort bekam ich eine Gänsehaut. Manno. "Mmm, das sieht richtig lecker aus." Karin, die gerade ins Esszimmer gekommen war, ließ ihren Blick über den Tisch gleiten und setzte sich zu meinen Eltern. "Das war gestern wirklich eine schöne Feier." Da musste ich ihr recht geben. Es war so schön locker und alle hatten ihren Spaß. Die Jungs waren beim Feuerwerk total abgegangen, genau wie Leo. Es war ein Wunder, dass sich niemand verletzt hatte. Max hatte alles mit Argusaugen überwacht. Er hatte sogar einen Eimer Wasser bereit stehen. Ihm war die Erleichterung merklich anzusehen als alle Pyros aufgebraucht waren. "Das war gestern so schön, wie Delphie und Ella sich verstanden haben", stimmte meine Mutter zu. Klar, machte sie sich auch Gedanken um ihre Enkelin. "Delphie war mal so richtig aufgedreht." Karin lächelte versonnen.  "Vielleicht will sie ja dann doch bald zu dir." Sie griff nach meiner Hand und drückte sie "Verstehe mich nicht falsch. Ich habe meine Enkeltochter gerne in meiner Nähe, aber ich finde sie gehört zu ihrer Mutter und ihren Geschwistern." Diese Aussage traf mich mitten im Herz und ich umarmte meine Schwiegermutter spontan. Ja, so sah ich das auch. Und ich hatte mich wirklich richtig gefreut, dass die beiden Mädels scheinbar ihren Frieden miteinander geschlossen hatten. Auslöser war das Delphie Ella ein paar Tanzschritte beigebracht hatte. Vor meinen Augen tauchte wieder das Bild auf, wie die beiden zusammen mit Dani um Mitternacht auf der Terrasse standen und mit den Wunderkerzen wilde Bilder in die Luft zeichneten. Es war so schön, meine Kleine so lachen zu sehen. Plötzlich war da eine ganz normale fröhliche Achtjährige, die Spaß mit einer Gleichaltrigen hatte und nicht mehr das mürrisch dreinschauende Mädel, das an allem etwas auszusetzen hatte und versuchte krampfhaft erwachsen zu wirken. So wollte ich meine Tochter immer sehen. "Morgen." Sascha schaute noch ziemlich verschlafen aus, genau wie Mika, der nur unverständlich vor sich hinbrummte, als die beiden ins Zimmer kamen. Hinter ihnen kam Leo freudestrahlend an Max Hand hereinspaziert. "Guten Morgen." Sie stürzte zum Tisch und fischte sich einen Rollmops herunter "R-O-L-L-M-O-P-S, Rollmops Schubidubi.", sang sie, ehe das Ding in ihrem Mund verschwand. "Meene kleene Schnute, pass uff, der Vogel der morjens singt wird abends vonne Katze jefressen.", warnte mein Vater sie lachend. Leo zuckte nur mit den Schultern "Ich habe aber gute Laune. Was machen wir heute eigentlich?" Sie blickte fragend in die Runde. "Delphie wird doch heute abgeholt.", erinnerte Karin sie. "Mist, wann denn?" "Heute Abend.", Karin war ja die einzige, die mit Roman gesprochen hatte. Mir hatte er nicht einmal Bescheid gesagt. "Supi, dann können wir ja noch etwas schönes mit der Kleinen machen." Leo war auch wild entschlossen ihr Verhältnis mit ihrer kleinen Schwester zu verbessern. Sie zwinkerte mir grinsend zu. "Wir könnten doch alle in das Spaßbad gehen." Die Idee war gar nicht so schlecht, denn draußen schneite es dicke Flocken vom Himmel. Da machte das Skifahren wahrllich nicht so richtig Freude. "Wo sind die Zwerge überhaupt?" Gute Frage. Ich hatte sie nicht geweckt. Sie sollten ausschlafen, schließlich  waren sie ja auch lange wach. Aber um 11 Uhr sollten sie doch langsam wieder fit sein. "Hallihallo, guten Morgen." Verwundert schaute ich zur Tür. War dieses gutgelaunte kleine Mädchen wirklich meine Tochter?

Ein Schuss und Treffer im Freundschaftsspiel ✔Teil 6Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt