Ich saß auf der Rückbank unserer Familienkutsche und streichelte das krause, weiche Fell von Wuff, der sich an mich gekuschelt hatte. "Da werden die Kinder ganzschön gucken, wenn wir mit den beiden nach Hause kommen." Marvin schaute in den Rückspiegel und unsere Blicke trafen sich. Auch wenn ich nur seine Augen sah, wusste ich, dass er lächelte. Ich war genauso erleichtert wie er, dass das mit Wuffs Übergabe so gut am Flughafen geklappt hatte. Kathrin hatte uns alle nötigen Papiere überreicht, während unser Hund glücklich um uns herumgehüpft war. Naja, das war ja auch kein Wunder, immerhin hatte er ja einige Stunden in so einer blöden Transportbox verbracht. Scheinbar war der Kleine von der ganzen Aufregung so geschafft, dass er im Auto sofort eingeschlafen war, nachdem wir ihn angeschnallt hatten. Ein Glück hatte Kathrin das Autofahren mit ihm schon in den letzten Tagen geübt. Gestern hatte ich mir dazu nämlich ein paar Berichte im Internet als Vorbereitung durchgelesen. Deshalb waren Marvin und ich jetzt auch gemeinsam unterwegs. Wer hätte sich denn sonst um den kotzenden, verängstigten, aufgeregten, jaulenden, fiependen Hund kümmern sollen, der friedlich zusammengerollt neben mir schlief. Also eins war sicher, diesen Internetforen traute ich kein bisschen mehr. "Ja, die werden ganz schön gucken, wenn Wuff plötzlich da ist, wenn sie nach Hause kommen. Hoffentlich sind sie nicht sauer, dass wir sie so gefoppt haben." Ja, ich hatte den Wuffkalender extra einen Tag länger gemacht als nötig, denn mir war klar, dass keiner von den vieren sonst heute zur Schule oder in die Kita gegangen wäre. Und manchmal musste man sich unnötige Diskussionen und Revolten auch gleich ersparen, wenn man es konnte. "Ach, das ist doch sofort vergessen, wenn sie Wuff und den anderen Kleinen sehen." Da musste ich ihm recht geben. Ich schaute zu dem gediegenen Einfamilienhaus, vor dem wir gerade einparkten. "So, Mausi. Und bist du bereit unser zweites neues Familienmitglied abzuholen?" Marvin drehte sich zu mir um und zwinkerte mir zu. Man, jetzt war ich ja noch aufgeregt als bei Wuff, denn den kleinen Kerl hatte ich ja nur auf einem Foto gesehen. "Und was machen wir solange mit Wuff?" Ich schaute zu dem Hund, der sich gerade neben mir streckte. "Mm. Da haben wir gar nicht daran gedacht." Mein bester Freund schaute auch nachdenklich als sich die Haustür öffnete und eine ältere Dame herausmarschiert kam. Ihr folgten zwei ausgewachsene Golden Retriever auf dem Fusse. "Ja, hallo Herr Plattenhardt. Trauen Sie sich nicht herein?" Fröhlich grinsend reichte sie Marvin ihre Hand als auch schon eine Hundeschnauze an meiner Tür ins Auto schnuffelte. Das rief Wuff natürlich sofort auf den Plan und er sprang hoch wurde aber von seinem Gurt ausgebremst. Ehe Marvin der Züchterin unser Problem schildern konnte, steckte sie genau wie ihr Hund ihren Kopf zur Autotür herein. "Ja hallo, Frau Plattenhardt." Sie reichte mir ihre Hand "Und wer bist denn du?" Wuff wurde sofort mit Streicheleinheiten begrüßt. "Sie haben mir ja gar nicht erzählt, dass Sie schon so einen süßen Kerl haben. Da wird sich Alabaster ja gleich viel besser bei Ihnen einleben und gar kein Heimweh haben. So, na dann kommen Sie drei mal mit, der Kleine wartet schon auf seine neue Familie." Sie hatte drei gesagt, das hieß dann doch eigentlich, Wuff konnte mit. Ich schnallte ihn los und nahm ihn aber erst einmal auf den Arm als ich ausstieg. "Lassen Sie ihn doch ruhig laufen." Die Züchterin schaute mich verständbislos an. "Ähm wir haben ihn gerade erst seit heute.", versuchte ich ihr zu erklären. Ich musste an Dani denken. "Er kann noch kein deutsch. Er ist Spanier." Wenn Wuff hier ausbüxen würde, würden meine Kinder mich wahrscheinlich zur Adoption freigeben. Die Züchterin schaute mich mit krausgezogener Stirn an und fing dann herzhaft zu lachen an. "Glücklicherweise haben die Hunde da nicht solche Probleme und brauchen einen Dolmetscher. Sie brauchen nur Liebe und Zuwendung. Aber dann verstehe ich auch, warum Sie mir bei Ihrem letzten Besuch nichts von dem Hübschen erzählt haben." Sie zeigte mit erhobenem Finger auf Marvin, dem der eine Goldie gerade die Hand abschleckte. "Ich finde es ja immer toll, wenn die Leute sich den Straßenhunden annehmen. Und jetzt lassen Sie den Kerl runter. Der Garten ist so abgezäunt, da kann er nicht raus." Ich sah, wie sie sogar das Gartentor verriegelte. Naja, vielleicht sollte ich..... Wuff nahm mir mit seinem Gezappel die Entscheidung ab und ich setzte ihn schnell auf die Erde, wo er auch gleich von mehreren Pelznasen begrüßt wurde. Wo kamen die denn auf einmal alle her? Um meine Beine herum waren auf einmal mindestens fünf kleine Goldies und beschnuffelten Wuff und mich. Mein kleiner Spanier schien sich jedenfalls wohlzufühlen, so aufgeregt wie er mit seinem kleinen Schwänzchen wedelte und auch schnuffelte. "Er ist aber auch wirklich ein lieber. Da haben Sie einen echten Glücksgriff gelandet." Die Züchterin beobachtete ihn ganz begeistert und ich spürte eine Art Stolz in mir aufsteigen, so als wenn jemand meine Kinder lobte. Ach du großer Kauknochen. Das nannte man Mutterstolz, was ich gerade für den Hund empfand. Der hatte mich doch echt in Nullkommanichts um seine kleine Pfote gewickelt. "Naja, er hat sich mehr uns ausgesucht.", antwortete ich dann aber doch noch "Dann bist du ja nicht nur ein hübscher und lieber, sondern auch noch ein Kluger." Sie tätschelte Wuff das Köpfchen. "Und wir gehen jetzt rein und ich gebe Ihnen die Unterlagen für Alabaster und auch noch etwas von dem Futter, das er gewöhnt ist. Bezahlt hatte Ihr Mann ja schon." Ich schaute mich um, wo war Marvin überhaupt? Man sah das süß aus, wie er da zwischen den ganzen Hunden hockte und belagert und beschnuppert wurde. Leider wurde ich abrupt von diesem Anblick losgerissen und von der Züchterin ins Haus geschleppt. "Schauen Sie mal. Ihr Spanier folgt Ihnen schon von ganz alleine und lässt Sie nicht aus den Augen." Ich drehte mich um. Und wirklich Wuff stand einen Meter hinter mir und beobachtete mich. "Hier, geben Sie ihm mal gleich eine Belohnung." Mensch daran hätte ich ja auch mal denken können. Dafür hatten wir doch extra so einen kleinen Beutel gekauft, den man überall festmachen konnte. So ein bisschen musste ich mich doch erst noch daran gewöhnen. Das war fast wie beim ersten Baby. Damals bei Leo hatte ich auch erst ein paar Tage gebraucht bis ich eine Routine entwickelt hatte. "So, dann hätten wir alles. Jetzt brauchen wir nur noch Alabaster." Die Züchterin schob mich mit Futter und einem dicken Umschlag in dem die Ahnentafel, der Impfpass und was weiß ich noch war, beladen wieder in den Garten. Sie redete immer von Alabaster. War das ein Fachbegriff für die Welpen? Ich hatte echt keinen Plan. Der Name konnte es ja wohl nicht sein. Kein Mensch würde einen Hund so nennen. Wuff ja, aber Alabaster nee. "Ja, komm Alabaster. Jetzt geht es zu deiner neuen Familie." Ups, da hatte ich mich wohl geirrt. Ehe ich mich versah, saß ich wieder im Auto auf dem Rücksitz. Wuff war wieder neben mir angeschnallt und das andere zitternde und fiepende Fellbündel hatte ich auf meinem Arm. "Für dich brauchen wir auf alle Fälle erst einmal einen neuen Namen.", versprach ich ihm und drückte einen kleinen Kuss auf seinen Kopf als ich sanft beiseite gestupst wurde und Wuff begann den Welpen zu lecken. Sofort hörte das Fiepen auf. Ja, die beiden würden sich gut verstehen. Das hatte ich im Gefühl. "Und Mausi, jetzt geht es mit unseren beiden neuen nach Hause." Marvin drehte sich noch einmal zu mir um und lächelte liebevoll bei dem Anblick der beiden auf meinem Schoß. Irgendwie war das fast so wie damals als ich nach der Geburt aus der Klinik kam. Ich fühlte wieder diese Mischung aus Glück, Nervosität etwas falsch zu machen, riesigem Stolz und Vorfreude auf die Dinge, die auf uns warteten. Und genau diese Gefühle spiegelten sich auch in Marvins Augen wider. Bei dem Gedanken wurde mir gleich noch etwas wärmer um mein Herz. "Ja, los nach Hause zu unseren anderen Kindern." Ich war mal gespannt wie sie die zusätzliche Überraschung aufnahmen. Alabaster, der nicht mehr lange so heißen würde, egal ob er ein von war oder nicht. Jetzt war er ein Plattenhardt-Bürki und da hatte man nicht so alberne Namen.
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Ein Schuss und Treffer im Freundschaftsspiel ✔Teil 6
RomanceJasmin ist seit über 15 Jahren eigentlich glücklich verheiratet. Aber eben nur eigentlich. Und auch mit den drei Kindern läuft nicht alles wie es sollte. Dazu kommt noch jede Menge Arbeit in ihrer Agentur. Trotzdem ist ja doch alles ziemlich bequem...