Kapitel 107

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Nervös lief ich im Wohnzimmer auf und ab. Man, ich konnte Marvin schon den ganzen Tag nicht erreichen. Wo war der denn auf Außentermin? In Kein-Empfangistan, oder was? "Menschenskinder, nun setz' dich doch mal hin." Franzi schaute mich sauer an "So kopflos wie du rumrennst, muss man ja Angst haben, dass du Mariska auf die Finger trittst." Ich schaute zu der Kleinen, die gerade glucksend ein Spielzeug durch die Gegend schob. In meiner Panik als ich Marvin nicht erreichen konnte, hatte ich Franzi angerufen. "Du brauchst gar keine Panik schieben. Glaube mir. Alles wird gut. Ich weiß  das." Sie grinste versonnen. Ja, klar. Sie betraf es ja auch nicht. Ich schaute auf die Uhr. Um 14 Uhr war die Versteigerung und jetzt war es nach 16 Uhr. Wie lange würde der neue Besitzer wohl brauchen, um hier aufzuschlagen? Ich konnte nur hoffen, dass ich ihn überreden konnte uns noch eine angemessene Zeit zu gewähren. "Vielleicht will der neue Eigentümer ja auch nur sein Geld in Immobilien investieren und nicht selbst einziehen. Dann kann ich ihn ja vielleicht zu einem Mietvertrag überreden", sinnierte ich, während ich mich neben Franzi auf das Sofa plumpsen ließ. Mein Blick glitt über das neu renovierte Wohnzimmer und die neue Einrichtung. Die hübschen Dekokerzen auf dem Sideboard und die Kuscheldecke neben mir auf der Lehne. Ich musste daran denken, wie ich sie mir gleich in Marvins alter Wohnung in Berlin unter den Nagel gerissen hatte. Mist, Mika und Ella konten doch nicht schon wieder umziehen. Sie hatten sich hier doch gerade erst eingelebt. Und Dani und Leo gehörten auch hier her. Und ich, ich wollte hier auch nicht weg. "Bestimmt verkauft er es dir auch, wenn du ihn nett darum bittest." Ich schaute meine Freundin an, die schmunzelte. Wollte sie mich veralbern, oder was? "Genau, deshalb hat er es auch ersteigert, oder wie?" Roman hatte das Haus nur zur Versteigerung angeboten damit, der Verkauf schnell über die Bühne ging. So hatte es mir jedenfalls der Markler heute am Telefon mitgeteilt oder mit seinen Worten "Immobilien dieser Preisklasse benötigen einen gewissen Zeitraum, um auf  dem üblichen Verkaufsweg ihren Besitzer zu wechseln. Eine Versteigerung ist hierbei zeitsparender, auch wenn sie meist unter dem Verkehrswert abgeschlossen wird. Aber Herrn Bürki drängte wohl die Zeit." Roman war also bereit einen Geldverlust in Kauf zu nehmen, nur um uns schnell aus dem Haus zu verdrängen, denn er hatte die Namen von mir, Marvin, Franzi und Marco auf eine Sperrliste setzen lassen, so dass wir gar nicht mitbieten durften. Juhu, das war nämlich noch mein letzter Rettungsplan gewesen. Tja, Pustekuchen. "Naja, manchmal gibt es doch auch nette Menschen, die es gut mit euch meinen." Ich schaute Franzi kopfschüttelnd an, während ich mir die Haare raufte. "Ja, ich weiß und die Hoffnung stirbt zuletzt.", blaffte ich sie an "In welchem La-La-Land lebst du eigentlich? Ich bin in ein paar Stunden sehr wahrscheinlich mit meinen Kindern obdachlos." Wieder grinste meine Freundin nur und strich mir über meinen Rücken "Ach Quatsch." Erneut griff ich nach meinem Handy, um Marvin zu erreichen. Gerade als ich am Wählen war, klingelte es an der Haustür. Erschrocken ließ ich das Handy auf das Sofa fallen und sprang auf "Der neue Eigentümer.", stöhnte ich. Wer sollte sonst um diese Zeit hier antanzen? Auf dem Weg zur Tür wurden mir meine Knie ganz weich. "Mensch nun schleiche doch nicht wie so ein Geist. Alles wird gut."  Ich schaute zu Franzi, die mich fröhluch angrinste und mir zuzwinkerte. Heute nervte sie mich irgendwie richtig. An der Tür straffte ich noch einmal meine Schultern und setzte mein Pokerface auf. In meiner Agentur hatte ich gelernt, dass dein Verhandlungspartner nicht deine Angst sehen durfte, sonst hattest du schon verloren. Ein erneutes ungeduldiges Klingeln ertönte und ich öffnete schnell die Tür "Hallo Jasi." Marco drückte mir erst einen Kuss auf die Wange und sich dann an mir vorbei. Ich atmete erleichtert auf. Noch nicht der neue Eigentümer. Aber irgendwie war es nur ein Aufschub und nicht mehr. Jede Minute konnte es wieder klingeln. Trotzdem schloss ich erst einmal erleichtert die Tür und folgte Marco ins Wohnzimmer, wo er sich gerade neben Franzi auf das Sofa plumpsen ließ  "Und alles geklappt?" Franzi grinste ihren Mann genauso an wie mich vorher. "Dada," Mariska kam im Turbotempo zu ihrem Papa gekrabbelt "Mari-Maus." Anstatt Franzi zu antworten, griff er seine Tochter und begann sie zu knuddeln. "Man, jetzt lenk hier nicht ab. Ich habe dich was gefragt. Hat unser Plan funktioniert?" Der ungeduldige Blick meiner Freundin lag auf ihrem Mann. Was für ein Plan bitte? Marco zuckte mit den Schultern und schüttelte den Kopf. Franzi begann laut zu fluchen  "So eine verfickte Scheiße aber auch..."MIt betretenem Gesicht schaute mich Marco entschuldigend an. Dieser Gefühlsausbruch seiner Frau musste ihm doch nicht peinlich sein. Ich kannte meine Freundin lange genug, um auch ihr Temprament und ihre explosiven Ausbrüche eben dieses zu kennen. "Was ist schief gelaufen?" Franzis Augen funkelten in Marcos Richtung ."Der Plan war perfekt." "Welcher Plan?" Jetzt wollte ich das aber mal wissen und hier nicht dumm sterben. "Na der dein Haus zu ersteigern.", warf sie mir nur kurz zu, ohne ihren wütenden Blick von ihrem Mann abzuwenden. Ich musste schlucken. Meine Freunde wollten mir mit dem Haus helfen. Deshalb war sie so zuversichtlich gewesen. "Roman hat euch auf die Sperrliste beim Markler setzen lassen.", rutschte es mir heraus.  Franzi winkte mit der Hand ab "Das wussten wir, deshalb haben wir ja auch meinen Schwager im Namen der Hausverwaltung von Marcos Mutter da hingeschickt. Wir sind ja auch nicht auf den Kopf gefallen." Zur Abwechselung wurde ich angefunkelt, ehe wieder Marco an der Reihe war "Also, was ist schief gelaufen?" Franzi begann mit ihrem Fuß zu tippsen. "Man, es gab da noch einen Bieter, der das Haus scheinbar unbedingt haben wollte." Er zuckte wieder entschuldigend mit den Schultern "Ja und." Der Blick meiner Freundin war verständnislos "Wir haben ihm doch kein Limit gesetzt. Wo lag also das Problem?" "Er hat mich kurz angerufen, um sich abzusichern als der Betrag den Verkehrswert überschritten hatte." "Ist der blöd, oder was? Du kannst doch während einer Versteigerung nicht erst telefonieren." Franzi war ordentlich in Rage und marschierte mittlerweile durch das Wohnzimmer wie ich vor einiger Zeit. "Ja, das hat er jetzt auch gelernt.", kam es ernüchtert von Marco, der mich schon wieder schuldbewusst anschaute. "Jedenfalls hat der andere Bieter die Zeit genutzt und den Zuschlag bekommen." Man, der sollte doch nicht so gucken. Das ganze war doch nicht seine, sondern Romans Schuld, der mein Kaufangebot abgelehnt hatte und unbedingt uns aus dem Haus vertreiben wollte.  Ich lief erst zu Marco und umarmte ihn und dann zu Franzi, die abrupt stehen geblieben war  "Womit habe ich nur so gute Freunde verdient." Ich musste schlucken, denn es rührte mich schon mächtig wie die beiden versucht hatten mir zu helfen.  "Du hättest bessere verdient und nicht welche, die mit so Dilettanten zusammenarbeiten. ", brummte sie grummelig und befreite sich aus meiner Umarmung "Mensch, was machen wir denn jetzt?" Franzi schaute verzweifelt zwischen Marco und mir hin und her als es an der Tür schloss. Das musste Marvin sein. Ich spürte Erleichterung, die sich in mir ausbreitete. Dann musste ich dem neuen Eigentümer wenigstens nicht alleine gegenübertreten.

Ein Schuss und Treffer im Freundschaftsspiel ✔Teil 6Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt