Kapitel 38

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Ich lief mit den Entlassungspapieren meiner Tochter über den Krankenhausgang. Gleich konnte ich sie mitnehmen. Das fühlte sich gut an. Ich war zufrieden, wenn ich sie wieder zu Hause hatte und selbst umsorgen konnte. "Da bist du ja endlich.", wurde ich begrüßt, kaum dass ich die Tür zu Leos Krankenzimmer geöffnet hatte. Sie saß schon fertig angezogen auf ihrem Bett und hatte ihre Taschen davor stehen. "Max.", brüllte sie auf einmal los "Mama ist da, wir können los." Ich hörte die Toilettenspülung aus dem angrenzenden Bad und kurze Zeit später kam mein Patenkind auch schon eiligst durch die Tür "Hallo, Jasi.", begrüßte er mich lächelnd. Ich umarmte ihn kurz. "Gut, dass du da bist. Leo ist schon ganz unruhig gewesen." Ich schaute auf meine Uhr. Es war gerade 10 Uhr und wir hatten verabredet, dass ich um 10.30 kam. Also war ich sogar noch vor der Zeit da. Meine Tochter hüpfte von dem Bett herunter und griff sich ihren Wuff, der neben ihr auf dem Bett gelegen hatte. Sie legten ihn auf eine Tasche und griff sie sich. "Also auf geht's." Ich nahm ihr sofort die Tasche ab "Du sollst garantiert dich nicht so anstrengen." Sie schmollte mich an. "Aber die Hand ist doch heil." Ich stellte die Tasche noch einmal ab und zog sie in meine Arme "Das weiß  ich, aber du hast jetzt die meiste Zeit gelegen. Dein Kreislauf muss erst einmal wieder in Fahrt kommen. Und außerdem will ich dich jetzt erst einmal verwöhnen. Du kannst noch früh genug wieder zeigen, was für Power du hast." Sie nickte und griff nach Wuff "Den darf ich aber tragen." Ich nickte grinsend und griff mir wieder die zwei Taschen "Na, dann los." Gerade als wir aus der Tür des Krankenhauses getreten waren, fing Leo wie ein junger Hund an mit ihrer Nase in der Luft zu schnüffeln "Das riecht voll nach Frühling. Endlich wieder frische Luft. Man bin ich froh da endlich rauszukommen",  strahlte sie. Das konnte ich gut verstehen. Kein Mensch war freiwillig länger als nötig dort. Glücklicherweise war heute nicht so viel Verkehr, so dass wir wirklich nur zwanzig Minuten bis nach Hause gebraucht hatten. Ich parkte mein Auto auf der Garagenauffahrt und schaute zu Leo, die die ganze Zeit wie ein Happy Hippo strahlte "Endlich zu Hause." Ja, endlich zu Hause. Hoffentlich hatte Marvin es wirklich geschafft alles vorzubereiten. Ich blickte einmal schnell in den Rückspiegel und sah auf der Einfahrt bei Marco Eriks Auto. Das hieß dann wohl, dass die Kinder alle schon da waren. So langsam wurde ich immer nervöser. Was Leo wohl zu ihrem neuen Zimmer sagen würde? Ehe ich weiter überlegen konnte, öffnete Max die Beifahrertür und half Leo beim Aussteigen. So eine Armschiene samt Fixateur war schon ziemlich hinderlich. Aber glücklicherweise war sie ja in ein paar Wochen Geschichte. Ich stieg auch schnell aus und holte Leos Taschen aus dem Kofferraum. Max und sie liefen händchenhaltend vor mir zur Tür. Sie waren wirklich ein süßes Paar. Ich hätte mir ehrlich gesagt keinen besseren Freund für meine Tochter wünschen können. "Jetzt müsst ihr mich aber mal vorbeilassen, damit ich aufschließen kann.", drängelte ich mich an den beiden vorbei und schloss schnell auf. Vorsichtig linste ich vom Flur ins Wohnzimmer. Dort sah ich zwar den Willkommensgruß aufgehangen, aber sonst sah ich niemanden. Wo waren die denn alle? Es war auch totenstill im Haus. Leo stand immer noch zusammen mit Max im Flur, der gerade seine Schuhe auszog und sich daranmachte auch Leo ihre Schnürsenkel zu öffnen. "Ab sofort müssen hier keine Schuhe mehr ausgezogen werden." Leo schaute mich mit aufgerissenen Augen an "Echt nicht?" Ich schüttelte den Kopf "Echt nicht." "Juhuu, ich habe das immer gehasst.", jubelte sie los. "Ich auch.", stimmte ich ihr zu. Wieso hatte ich mir das überhaupt die ganze Zeit gefallen lassen? Gute Frage. Weil es bequemer war als sich mit Roman darüber auseinanderzusetzen. "Ist Dani bei Omi und Opi?" Leo schaute mich enttäuscht an. Klar sie hatte ihren kleinen Bruder jetzt ein paar Tage nicht gesehen. "Eigentlich nicht." Ich folgte ihr ins Wohnzimmer "Wow." Ihr Blick fiel auf das bemalte Laken, das dort hing, als sich plötzlich die Esszimmertür öffnete und ein vielstimmiges "Überraschung." erklang. "Leo, Leo. Toll. Du ist wieder da." Dani kam freudig angehüpft "Sau mal, habe ich mit Marvin malt." Er zeigte ganz aufgeregt auf das Laken. "Das habt ihr super gemacht.", freute sich Leo, und nach und nach kam einer nach dem anderen aus dem Esszimmer. "Schön, dass du wieder zu Hause bist." Franzi umarmte meine Tochter herzlich, genau wie Marco, Erik und Kathie. "Und jetzt Party.", gackerte Tessa und ließ sich auf unser Sofa plumpsen. "Erst müssen wir noch zusammen mit Leo ihre Sachen in ihr Zimmer bringen." Marvin zwinkerte mir zu. Klar wusste er, wie aufgeregt ich war. Hoffentlich gefiel ihr das Zimmer überhaupt. "Muss das sein.", murrte Tessa sofort. "Ja, muss es. Schließlich will nicht jeder so eine Räuberhöhle haben wie du sie hast." Phil verzog angewidert sein Gesicht und wurde dafür von seiner Schwester mit zusammengekniffenen Augen angestarrt. "Ja, ich möchte mir auch schnell etwas Bequemeres anziehen und dann können wir von mir aus Party machen." Meine Tochter lief schon die ersten Stufen der Treppe hoch. Schnell schloss ich mich ihr an. Mein Herz fing immer schneller zu schlagen an und meine Knie waren ziemlich weich als wir uns der Tür näherten. Keine zehn Sekunden später drückte Leo die Türklinke hinunter und lief ins Zimmer. Ich verharrte kurz auf der Türschwelle und wartete auf eine Reaktion. Als keine kam, folgte ich ihr. Ich schaute sie unsicher an "Wow, das ist der Hammer. Mama, wann hast du das machen lassen? Das sieht supidupi aus." Leo lief zu ihrem Schrank und dann zur Kommode "Das sind ja Duftkerzen." Ja, an denen war ich bei IKEA nicht vorbeigekommen. "Die Bettwäsche ist auch neu. Das ganze Zimmer sieht aus als ob hier die Sonne scheint." Genau das war auch meine Intention gewesen. Ich wusste wie sehr Leo Sonnenschein liebte. Und das Zimmer sollte einfach hell und freundlich sein. "Und das ist ja ein Doppelbett", strahlte sie mich an. Ich musste daran denken wie ich heute morgen darauf in Marvins Armen wach geworden war. Wir waren da gestern total fertig nach der ganzen Möbelmontage eingeschlafen. "Darf dann Max auch mal hier übernachten?" Leo schaute mich unsicher an "Das war der Sinn der Übung." Als nächstes hörte ich ein glückliches Quietschen "Mama, das ist mega. Du bist die beste." Meine Tochter kam auf mich zugehüpft und schlang ihren gesunden Arm um meinen Hals, ehe sie mir ein paar Schmatzer ins Gesicht drückte. Das war ein umwerfendes Gefühl. Ich hatte gehofft, dass es ihr gefiel. Aber mit so einer überwältigenden Reaktion hatte ich nicht gerechnet. "Wo hast du so schnell einen Maler und die Möbel herbekommen?" Sie schaute mich wissbegierig an "Das haben Marvin, Dani, Ella und ich gestrichen und die Möbel haben wir bei IKEA geholt und gestern zusammen aufgebaut." Leo schaut ungläubig "Aber das muss doch ganz lange gedauert haben. Und deine Arbeit...." Ich unterbrach sie sofort "Nichts ist so wichtig wie ihr." "Mama, ich habe dich ganz doll lieb.", schniefte Leo plötzlich "Ich dich auch, meine Maus.", schluchzte ich auch und zog sie wieder so fest es mit ihrem verletzten Arm möglich war in eine Umarmung, ehe ich ihr einen Kuss auf ihr Haar drückte. Ich spürte wie mir Tränen über die Wangen liefen. Ich war dankbar, dass meine Tochter es mir nicht übelnahm, dass ich mich in der Vergangenheit viel zu wenig um sie bemüht hatte. "Ich habe dich so unglaublich lieb, meine Maus.", flüsterte ich ihn ihr Haar. 'Und dich auch, Delphie', fügte ich in Gedanken hinzu. Vielleicht bekam ich ja bald eine Chance, es auch meiner anderen Tochter zu beweisen.

Ein Schuss und Treffer im Freundschaftsspiel ✔Teil 6Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt